Wie angekündigt darf ich Ihnen heuer an dieser Stelle einen Adventkalender (Adventskalender sagen nur Piefke) mit skandinavischem Flair präsentieren. Gespannt dürfen Sie einerseits auf die Inhalte, andererseits auf meine Disziplin sein, tatsächlich täglich einen Beitrag zu leisten. Mit ein bischen Glück können Sie also bis zum Heiligen Abend jeden Tag ein Fenster öffnen, wobei die Fenster eigentlich schon offen sein werden. Meiner umfassenden Bemühungen zum Trotz, ließ sich kein HTML-Code für auf- und zuklappbare Spoiler finden, der mit meiner Technikresistenz kompatibel gewesen wäre. So werde ich ältere Beiträge einfach nach unten reihen, damit Sie nicht täglich dorthin scrollen müssen. Viel Vergnügen also und eine besinnliche Adventzeit!
Frohen Advent! | ||||||||||||
1. Dezember - Dänischer Humor
Wulffmorgenthaler sind ein dänisches Comic-Zeichner-Duo, die nicht mit Mohammedkarikaturen berühmt wurden, sondern mit ihrem - nennen wir ihn mal bekifften - Humor. Manche Zeichnungen scheinen wirklich nur möglich, wenn man einiges von dem intus hat, was auch in Dänemark illegal ist. Trotzdem sind sie kongenial (Vergleichen Sie die Top 10 Strips ). Insgesamt ein empfehlenswerter Ausgleich für fade Stunden vor dem Computer.
| ||||||||||||
2. Dezember - Norwegens Küste
Norwegen ist ein Land mit extrem langer Küste. Die Küstenlinie des Festlandes beträgt 25.148 km, die der Inseln machen zusätzliche 58.133 km aus. Insgesamt können sie also 83.281 km norwegisches Meeresufer ablaufen. Das ist mehr als doppelt so lang als die Erde im Umfang (Luftlinie) misst. Wenn sie dabei eine Schritt- geschwindigkeit von 6 Kmh einhalten - Berg rauf, Berg runter - und nie schlafen, sind sie in ca. 580 Tagen durch. Dabei müssen Sie natürlich auch die ganzen Fjorde ins Landesinnere und wieder hinaus verfolgen. Der ausgedehnteste ist dabei 204 Km lang. Insgesamt gibt es fast 1.190 Fjorde im Königreich des Nordens. Sie sind vom Meer überschwemmte Trogtäler, die von Gletschern ausgeschliffen wurden.
| ||||||||||||
3. Dezember - Karl XIV. Johann
Jean-Baptiste Bernadotte war das Kind eines Anwaltsgehilfen aus Pau im französischen Aquitanien. Er machte nach dem Sturz Ludwig XVI. im Revolutionsheer karriere und brachte es zum Offizier. Unter Napoleon stieg er bis zum General und schließlich zum Marschall Frankreichs auf. Als Karl XIII. von Schweden als letzter des Geschlechts der Wasa kinderlos blieb, adoptierte er Bernadotte. Dieser wurde aus der französischen Staatsbürgerschaft entlassen. Napoleon verzichtete nur nach dem Protest Bernadottes auf einen Passus, der es diesem verboten hätte gegen Frankreich Kieg zu führen. Nach dem Tod des Königs folgte ihm Jean-Baptiste als Karl XIV. Johann auf den schwedischen Thron und nahm schließlich auch an der Völkerschlacht in Leipzig gegen Napoleon teil. Als Karl III. war er auch König von Norwegen, das bis 1905 mit Schweden in Union stand. Um die Herrschaft antreten zu können war er zum Protestantismus konvertiert. Karl Johann lernte nie wirklich Schwedisch, er erwartete von den Mitgliedern seines Hofes mit ihm Französisch zu sprechen. Die von ihm begründete Dynastie Bernadotte regiert heute noch in Schweden und spricht angeblich fließend Schwedisch - trotz der schweren Legasthenie Karls XVI. Gustav. Angeblich ließ sich dessen französischer Ahnherr nie von seinen Kammerdienern beim Ankleiden helfen. Den Grund hierfür fand man - so heißt es - nach seinem Tod: Auf seinem Rücken hatte der ehemalige Revolutionär Jean-Baptiste den Spruch "Tod den Königen" tätowiert.
| ||||||||||||
4. Dezember - Das schwedische Exil
unter bis heute ungeklärten Umständen ermordeten schwedischen Ministerpräsidenten. Palme, Brandt und Kreisky standen in den Siebzigerjahren für das sozialdemokratische Europa und waren darüber hinaus federführend in der europäischen Friedenspolitik.
| ||||||||||||
5. Dezember - 2. Adventsonntag - Das Kreuz des Nordens
Die Skandinavischen Flaggen mit ihren markanten - zum Flaggenmast gewandten - Kreuzen gehen auf das gemeinsame dänische Vorbild, den sogenannten Dannebrog zurück. Dessen Geschichte reicht vermutlich bis ins 10. Jahrhundert zurück. Dänemarks Flagge gilt daher, neben der österreichischen, als älteste noch in Verwendung befindliche Nationalflagge der Welt.
Neben Finnland (blaues Kreuz auf weißem Grund) und Island (rotes Kreuz mit weißer Kontur auf blauem Grund), ist das skandinavische Flaggenmuster auch in etlichen Teilstaaten und Provinzen, auch außerhalb des skandinavischen Kulturraumes selbst, vertreten. Das Flaggenmuster des dänischen Vorbildes hat übrigens zwar einen christlichen Ursprung, stammt aber nicht - wie etwa die Flagge Englands - aus der Zeit der Kreuzzüge, sondern ist wie gesagt wesentlich älter. Aus der Farbkombination von Kreuz, Kontur und Hintergrund, lässt sich mitunter - wie im Fall Norwegens - eine historische
Flaggen sind in Skandinavien mehr als nur ein Stück Tuch, das an zwei Feiertagen im Jahr an öffentlichen Gebäuden gehisst wird. Allein in Finnland gibt es acht offizielle und zwölf eingebürgerte Flaggentage, an denen auch von privaten Haushalten die Nationalfarben gehisst werden. In Schweden gibt es 16 offizielle Anlässe pro Jahr, an denen beflaggt werden soll. In Jahren, in denen ein neuer Reichstag gewählt wird, sind es 17. Der Flaggenmast gehört zu einem skandinavischen Durschnittshaus wie die Türen und die Fenster. Wenn nicht gerade die Nationalflagge gehisst ist, verbleibt auf dem Masten für gewöhnlich ein spitz zulaufender Wimpel (ein sogenannter Stander) mit deren Farben, jedoch ohne Kreuz. Privathaushalte
| ||||||||||||
6. Dezember - Norwegen und der Walfang
Wie Island, Grönland und die Färöer gehröt auch Norwegen zu den nordischen Nationen, die noch immer Walfang betreiben. Auf der Abschussliste stehen dabei ausschließlich Zwergwale, deren Population ausreichend gesichert ist. Die Fangquote für das Jahr 2010 beläuft sich auf 1286 Tiere, wobei diese in den vergangenen Jahren meist nicht ausgeschöpft wurde. Aus der Quote des Vorhjahres (885 Tiere) wurden nur 484 Individuen erlegt. Norwegen stützt seinen Primärsektor (Landwirtschaft, Fischerei,
| ||||||||||||
7. Dezember - Norwegen und das Öl
Norwegen hat drei große Vorteile. Erstens: Norwegen hat Öl, sehr viel Öl. Vielleicht nicht mehr soviel wie früher, aber immer noch genug. Zweitens: Selbiges gilt für Gas. Drittens: Norwegen ist nicht Österreich. Norwegische Politiker verwenden die Petrodollars nicht um eine unleistbares Pensionssystem zu verewigen oder um in Jeder Schule eine goldene Statue des Landeshauptmannes aufzustellen, wie das vielleicht hierzulande geschehen würde. Die Norweger gelten als besonnenes Volk, wozu gehört, dass man nachdenkt, bevor man handelt. Als man also vor Norwegens Küste viel viel Öl und später auch Gas fand, hatte die königlich Norwegische Regierung keine Onkel-Dagobert-Dollarzeichen-Augen und handelte auch nicht als erstes einen Belugakaviar-Liefervertrag für die Staatsratskantine aus. Sie dachte nach und kam zu dem Ergebnis, dass es wohl das beste sei zu sparen. Also wurde 1967 der Folketrygdfondet, was soviel wie Volksversicherung heißt, aufgelegt, denn Norwegen hatte den Eindruck, dass es an der Zeit sei so lästige Dinge wie Sozialabgaben auf ein Mindestmaß zu senken. Man zahlt also 7,8% des Gehalts in die Sozialversicherung, die Arbeitslosen-, Kranken und Pensionsversicherung in einem ist. Familienförderungen sind In Norwegen grundsätzlich nicht über Beiträge sondern steuer-, also ölfinanziert. Doch dann kamen die Probleme.
Nachdem man für alle zukünftigen Geschlechter die Frage der Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung gelöst hatte, war noch viel Geld übrig. Und wieder gab es sehr viel davon. Weil Norwegen aber ein relativ kleines Land mit nicht einmal fünf Millionen Einwohnern ist, schafft man das Geld lieber ins Ausland. Man kann - das mag schwer zu fassen sein - nämlich auch zu viel Geld in einem Land haben. Norwegen hat nämlich soviel auf der hohen Kante, dass es wahrscheinlich jedes Unternehmen im Inland verstaatlichen könnte. Weil sich das aber für eine freie Marktwirtschaft nicht gehört, wurde 1990 ein zweiter Fond aufgelegt, der Statens pensjionsfond. Dem wurde dann der Folketrygdfondet als Statens pensjonsfond Norge unterstellt und ein Statens Pensjonsfond Utland hinzugefügt. Und wenn man einmal zwei Fonds hat und in dem kleineren 113 Milliarden Kronen (ca. 19 Milliarden Dollar) und im größeren 2,8 Billionen Kronen (ca. 466 Milliarden Dollar) stecken, muss man eben auch etwas damit anfangen. Weil man die Fonds aber nicht sukzessive plündern wollte - der Staat führt in sein Budget nur 2 bis 4% Zinsen ab - hat sich Norwegen förmlich aus der Not heraus ,so viel Geld zu haben, zum investieren entschlossen. Und weil es wie gesagt sehr viel Geld ist, besitzen die etwa 4,8 Millionen Norweger nun ca. 1% aller Aktien Weltweit. Das mag wenig klingen, dividiert man aber die schätzungsweise 6,9 Milliarden Menschen, die derzeit unseren Planeten bewohnen durch 100, kommt man auf 69 Millionen. Sovielen Menschen würde vom Standpunkt der Verteilungsgerechtigkeit aus 1% des Weltaktienkapitals zustehen. Die Norweger sind also etwas überbegütert. Und dabei ist ihr Privatbesitz und der sonstige Staatsbeszitz noch gar nicht mitgerechnet. Und weil viel Geld auch mächtig macht, sind manche Länder etwas beunruhigt. Daher muss ein Beauftragter des Staatsfonds auch hin und wieder vor dem US-Kongress über die norwegischen Investitionen in den Vereinigten Staaten aussagen. Weil Norwegen aber nicht Österreich ist, hat es für seine Investitionen ethische Richtlinien erlassen. Das sind nun aber nicht solche Richtlinien, wie sie auch die CIA oder BP haben, sondern solche an die man sich auch hält. Norwegen kauft keine Aktien von Tabakfirmen und keine von EADS, weil die Atomraketen für das mächtige Frankreich herstellen. Und auch Wal-Mart findet sich auf der Liste der Verbannten, weil es Arbeitnehmerrechte bricht. Um sich für den eigegen Reichtum nicht so schämen zu müssen, ist das Land auch, auf das BIP gerechnet, einer der größten Entwicklungshilfezahler der Welt, an dritter Stelle der besten Klimaschützer und betreibt in Spitzbergen eine internationale Samenbank, zur Erhaltung der Biodiversität bei Pflanzen natürlich. Norwegen gehöret also eher zu den sympathischen Reichen. Man könnte es den Bono unter den Staaten nennen, es ist aber nicht so mediengeil und macht kein großes Getöse um sein Engagement. Da stört es auch nicht so sehr, wenn man hört, dass das Pensionsfondvermögen bis 2014 auf die Summe von 750.000.000.000 US-Dollar steigen soll.
| ||||||||||||
8. Dezember - Der Krieg der Hüte
Schweden hatte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg als europäische Großmacht etabliert, diese Stellung aber - zusammen mit weiten Gebieten seines Territoriums wie Estland und Pommern - im so genannten Nordischen Krieg (1700-1721) wieder eingebüßt. Da das Königtum zu dieser Zeit äußerst schwach war, lag die Macht beim schwedischen Reichstag, der jedoch kein demokratisch gewähltes Parlament sondern eine Adelsversammlung darstellte. Dort bekämpften sich die Partei der Hüte und die der Mützen. Erstere hatte ihren Namen vom so genannten Dreispitz, einem Hut, der zu dieser Zeit bei Militär und Oberschicht in Mode war.
| ||||||||||||
9. Dezember - Die Wikinger
Wer waren die Wikinger? Ein Volk, das sich kollektiv die Nase rieb um nachzudenken oder bei Luftsprüngen die Hacken zusammenschlug, wenn es entzückt war? Abseits der Zeichentrickidylle ging es bei den Piraten aus dem Norden - das Phänomen ist im letzten Jahrtausend südwärts gewandert - etwas raubeiniger zu, als bei Wicki und den starken Männern. Wikinger ist ohnehin weniger eine Volks- als vielmehr eine Berufsbezeichnung. Die Wikinger waren heidnische Germanen mit einem etwas diffusen Eigentumsbegriff. Da Sie in ihrer Heimat - oftmals Norwegen - von Mutter Natur nicht gerade mit überbordenden materiellen Gaben eingedeckt wurden, beschafften sie sich Notwendiges und Wünschenswertes anderswo. Weil Amazon damals noch in der Aufbauphase steckte und man die Offshoretechnologie zur Ölförderung erst noch ausfeilen musste, verlegten sich die Wikinger aufs Rauben. Und weil die Nordmänner damals noch richtige Partytiger waren, diese Neigung ist leider über die Jahrhunderte in den Hintergrund geraten und tritt heute nur mehr in Verbindung mit massivem Alkoholismus auf, kombinierten sie das Nützliche mit dem Angenehmen und fügten dem Raub noch das Morden und Brandschatzen hinzu.
Weil die Wikinger keine Christen waren, die Religion kam erst im 12. und 13. Jahrhundert in den hohen Norden, hatten sie auch kein Fegefeuer für ihre Taten zu fürchten, sondern freuten sich für den Fall des raubzugsbedingten Ablebens auf Odins Tafel in Walhall. Dieser Einstellung fielen etliche Dörfer, Städte und Klöster von Frankreich über die britischen Inseln, bis nach Norddeutschland zum Opfer. Weil die Wikinger aber nicht nur brutal, sondern auch geschäftstüchtig waren, konnten potentiell zu Überfallende bei ihnen eine Antiwikingerversicherung erwerben. Das Schutzgeld war geboren. Die Wikinger gingen in fest zusammengesetzten Trupps, die aus Männern zwischen 18 und 50 Jahren bestanden, auf Beutezug.
Ihre Expeditionen waren begleitet von mehreren Auswanderungswellen, in denen sich die Nordmänner - die ungegenderte zivile Version der Wikinger - in mehreren europäischen Ländern, allen voran das östliche Großbritannien und die Normandie, ansiedelten. Dass für sie vor allem der wirtschaftliche Aspekt ihrer Handlungsreisen im Vordergrund stand, beweist unter anderem die Tatsache, dass sie nach ihrer Niederlassung in Britannien begannen von dort aus Norwegen zu überfallen. Dieses Vorgehen seyß-inquartschen Ausmaßes wurde schließlich von König Harald Hårfagre beendet. Nachdem sich die zentrale königliche Staatsgewalt in ihrem Hauptherkunftsland Norwegen also immer mehr festigte, die Neurekrutierung von Raubgefährten schwieriger wurde und sich die atlantischen Küstenstädte und Siedlungen mehr und mehr gegen die Angriffe zur Wehr setzten, neigte sich das Zeitalter der Wikinger um das 11. Jahrhundert dem Ende zu. Die meisten ließen sich in der Folge als Bauern oder Handwerker nieder. Was sie uns hinterließen, sind ihr Genmaterial in ganz Nordeuropa und eine geschichtsklitternde aber liebenswerte Kinderserie.
| ||||||||||||
10. Dezember - Der hohe Norden und das liebe Geld
Geld regiert die Welt heißt es so trefflich und weil Skandinavien sich auch auf diesem Globus findet, kommt man auch dort dem monetären Zahlungsverkehr nicht aus. Aber natürlich ist auch beim Zaster so manches anders: Zunächst sollten Sie reichlich davon mitbringen. Dänemark und Finnland sind teuer, Schweden sehr Teuer, Norwegen privatkonkursgefährdend. Dort dürfen Sie als Österreicher die Erfahrung machen, wie sich ein Osteuropäer fühlt, wenn er in Wien in der Kärntnerstraße einkaufen geht. Am teuersten ist in Skandinavien der Alkohol. 6€ darf ein kleines Bier schon kosten. Die meisten Alkoholika kann man sowieso nur im Staatsmonopol kaufen. Norwegen, Island und die Färöer haben eine Prohibitionsvergangenheit. In Island wurde Leichtbier erst 1989 legalisiert. Da so mancher Nordmann geneigt sein dürfte in langen Winternächten die Sonne innerlich aufgehen zu lassen, kann man der restriktiven Alkoholpolitik zumindest ein Quäntchen Verständnis entgegenbringen. Aber auch sonst ist der hohe Norden nichts für Schnäppchenjäger, mit Ausnahme von Rentierfellkäufern. Weil man in Skandinavien aber nicht nur geschäfts-, sondern auch selbstbewusst ist, haben die EU-Mitglieder Schweden und Dänemark auf die Einführung der Gemeinschaftswährung Euro verzichtet und ihre Kronen behalten. Einzig Finnland hat seine Mark gegen die europäische Leitwährung getauscht.
Weniger von der Wirtschaftskrise gerüttelt wurden die anderen Kronen-Staaten Dänemark, Norwegen und Schweden. Eine Skandinavische Münzspezialität bildet die sogenannte Lochmünze. Sie ist vor allem in Dänemark verbreitet und findet sich heute noch auf den norwegischen ein und fünf Kronen Münzen sowie auf den dänischen Münzen von einer bis fünf Kronen. Der Grund für die Schaffung solcher Münzen war dabei nicht die Möglichkeit zur praktischen Auffädelung derselben auf Münzketten, sondern schlicht und einfach die Metalleinsparung, die sich durch ein Loch in der Münzmitte ergab.Bei Kurantmünzen, die ihren Wert durch das Münzmetall (meist Silber oder Gold) selbst decken, konnte damit das Staatsbudget auf Kosten der umlaufenden Geldmenge in Edelmetall aufgebessert werden.
Schweden ist es auch, in dem überhaupt die Abschaffung des Bargeldes diskutiert wird. Dieses sei das Schmiergeld der Kriminalität meinte die oberste Polizistin des Landes. Natürlich lässt sich die Herkunft eines Geldscheins nicht wie jene einer Bankanweisung nachvollziehen. Trotzdem wär's doch ein bisschen schade, wenn Carl Gustav nicht mehr konsterniert von den Kronemünzen blicken würde. Der Arme darf im parlamentarischen Schweden ja sonst nirgends seine Nase hineinstecken. Das Bildnis des ungekrönten und politisch ohnmächtigen Königs hat sich seit einer kürzlichen Buchveröffentlichung aber nicht nur in den Geldbörsen der Schweden massiv abgenutzt. Seit bekannt ist, dass Carl, der Einfachgestrickte, Gustav in Bordellen verkehrte - Prostitution ist in Schweden illegal - hat sich die Liste seiner Anhänger weiter reduziert.
| ||||||||||||
11. Dezember - Der König in Nybergsund
Haakon VII. von Norwegen war ein seltsamer König. Schon allein aufgrund der Tatsache, dass er eigentlich nie für einen Thron vorgesehen war. Er war der zweitälteste Sohn des Thronfolgers von Dänemark. Sein Großvater war Christian IX., sein Vater würde Friedrich VIII. und sein Bruder Christian X. werden. Das stand schon fest als Opa Christian noch lebte. Der kleine Carl - so hieß Haakon damals noch - hatte in diesem Planspiel der agnatischen Primogenitur lediglich die Rolle des Erben in Reserve, so für den Fall der Fälle. Der Fall trat nie ein. Wie wurde Carl also trotzdem König? Da kommt die zweite Seltsamkeit ins Spiel: Durch Wahl. Die Norweger hatten sich 1905 nach langem Klinsch aus der Personalunion mit Schweden gelöst. Ein Krieg hatte nur knapp abgewendet werden können. Oskar II. von Schweden verzichtete schließlich auf den norwegischen Thron. Um die Beziehung mit dem größeren Nachbarn wenigstens etwas zu kitten wollten die Norweger zunächst den zweitältesten Schwedenprinzen auf den Norwegischen Thron rufen. Doch Oskar war bockig und verweigerte seinem Sohn die notwendige Zustimmung.
Der von Hitler eingesetzte Reichskommissar Terboven setzte das in Norwegen verbliebene Parlament unter Druck den König für abgesetzt zu erklären. Das Stortig weigerte sich zunächst dem Folge zu leisten, woraufhin die Deutschen die Internierung aller männlichen Norweger im wehrfähigen Alter in Konzentrationslagern androhten, sollte das Storting nicht handeln. Daraufhin schickte das Parlament einen Brief zum König ins Exil, mit der Bitte abzudanken. Dieser schrieb zurück, dass er annehme, das Storting habe unter äußerem Druck gehandelt und er sich daher nicht an die Aufforderung gebunden fühle. Als die Deutschen es nicht schafften den König loszuwerden, begannen sie ihn anzubatzen, indem Sie ihn für die Kriegsaktionen der Alliierten direkt verantwortlich machten. Die Norweger selbst taten es anderen europäischen Völkern gleich: Manche schlossen sich den Deutschen und der von ihnen eingesetzten Marionettenregierung unter Vidkun Quisling - sein Name wurde zum Synonym für Verrat, er wurde nach dem Krieg hingerichtet - an, andere gingen in die innere Emigration, manche leisteten Widerstand.
Der Krieg nahm ein Ende und der König kehrte am 7. Juni 1945 nach Oslo zurück. Er wurde von einer jubelnden Menge empfangen und übergab dem Storting wieder die Staatsgewalt. Am 21. September 1957 starb Haakon VII. schließlich im Alter von 85 Jahren, nachdem er beinahe 52 Jahre regiert hatte. Von dem seltsam demokratischen Monarchen mit Pflichtbewusstsein ist ein Zitat überliefert, das seine Einstellung verdeutlicht. Als man ihm die Gefahren des Kommunismus für Norwegen vorhielt soll er geantwortet haben: „Jeg er også kommunistenes konge“ -„Ich bin auch der König der Kommunisten.“ | ||||||||||||
12. Dezember - 3. Adventsonntag - Gott schütze die royale Lunge
Die Familie von Königin Margrete II. regiert Dänemark schon seit über 1000 Jahren. Ihr Ahnherr Gorm der Alte (Gorm den Gamle) gilt als erster König. Seine Nachfahrin ist aber ungemein weltoffener als der gammlige Wikinger. Sie fährt gerne Fahrrad und ist eine bekannte Kettenraucherin. Ihre Lieblingsmarke, die griechischen Billigtschik „Karelia“, sind in Dänemark angeblich nicht zum Verkauf freigegeben und müssen daher eigens für sie importiert werden. Margrethe wird hin und wieder von den Extravaganzen ihres – beim Volke extrem unbeliebten, dafür aber beleibten – französischen Importgatten Henri, dänisch Henrik, gebeutelt, was hin und wieder zum Abkühlen der Ehe führen soll. Dass der gute Henrik mit allen Wassern gewaschen ist, weiß man spätestens seit der Hochzeitsansprache seines Sohnes Frederik. Dieser meinte sinngemäß, dass es ja hieße, Menschen die ihre Kinder liebten, schlügen diese auch, und dass Henrik seine Söhne nie an seiner Liebe habe zweifeln lassen. Bei den liberalen Dänen ist der knorrige Prügelprinz – der auch dem Wein nicht abgeneigt sein soll – endgültig unten durch, seit er mit frauenfeindlichen Aussagen Furore machte. Sein Interesse für Dänemark hält sich dabei in recht engen Grenzen. Er spricht Dänisch nur mit schwerem Akzent, dafür aber Chinesisch sowie Vietnamesisch fließend, und verwechselt auch mal die Justizministerin des eigenen Landes mit der Frau des deutschen Botschafters.
| ||||||||||||
13. Dezember - St. Lucia
Sollten Sie sich einmal an einem 13. Dezember in Schweden aufhalten und Ihnen begegnen Menschen in langen weißen Kleidern, dann fürchten Sie sich nicht. Es handelt sich hiebei nicht um die skandinavische Filiale des Kukluxklan, sondern vielmehr um ein vorweihnachtliches Brauchtum. Dabei tritt die älteste Tochter der Familie als Heilige Lucia - eine Märtyrerin aus Syrakus - auf. Sie trägt ein langes weißes Kleid und als Hüftbund eine rote Kordel. Auf dem Kopf hat sie einen mit Kerzen geschmückten Kranz. Die Heilige hatte sich aus ihrem christlichen Glauben heraus zur Jungfräulichkeit entschieden und ihrem Verlobten daher einen Korb gegeben. Weil Männer auch zu dieser Zeit schon empfindlich waren und außerdem wieder einmal eine der - damals sehr populären - Christenverfolgungen anstand, wurde Lucia angeklagt. Der Richter ordnete die Zwangseinweisung in ein Bordell ein, eine damals übliche Form der Sicherungsverwahrung. Das mag die Sympathie der Schweden für sie erklären. Im Königreich ist Prostitution illegal, was den König in der Vergangenheit nicht gestört hat, und Geschlechtsverkehr ohne Verhütung gilt als Vergewaltigung, wenn der Partner nicht ausdrücklich eingewilligt hat, was einem früh ergrauten Freigeist des Internetzeitalters demnächst zur Verhängnis werden könnte. Die Heilige Lucia jedenfalls wollte, ganz schwedisch-emanzipatorisch, sich nicht verpuffen lassen und soll der Sage nach auch mit einem Ochsengespann und 1.000 Männern nicht ins Freudenhaus zu bringen gewesen sein. Daraufhin wurde sie an Ort und Stelle ermordet, was ihr das Martyrium und die daraus folgende Heiligsprechung einbrachte. Das Luciafest selbst geht vermutlich auf das Mittelalter zurück, wurde in ganz Schweden aber erst während des 19. und 20. Jahrhunderts populär. Man wählt lokale Lucias, wobei es dem Autor nicht bekannt ist, ob äußerliche Reize bei der Wahl eine Rolle spielen. In Schweden dürfte es aber ohnehin kein Problem sein eine schöne Frau zu finden. Aus feuerpolizeilichen Gründen - und weil kleine Mädchen mit brennenden Haaren eine schlechte Publicity geben - wird heute meist ein Kranz mit Elektrokerzen getragen. Um der Genderthematik auch einmal in die andere Richtung gerecht zu werden, gibt es mittlerweile auch Sternenbuben, was immer das auch heißen soll. Die Heilige Lucia selbst dürfte das wenig jucken. Sie hat im Himmel ihren Fixplatz als Heilige der Anwälte und der reuigen Prostituierten.
Wie passend...
| ||||||||||||
14. Dezember - Die Dänen sind schuld
Die Geschichte kennt viele Verstrickungen und so auch diese: Dänemark ist für den Untergang der österreichischen Monarchie verantwortlich. Glauben Sie mir, das ist nicht völlig an den Haaren herbeigezogen! Höchstens ein bisschen... Der dänische König war nicht nur König von Dänemark, sondern auch Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg. Nachdem Kaiser Franz II./I. das Heilige Römische Reich (der Zusatz „deutscher Nation“ ist ein historisch unkorrekter und später angefügter Nationalisierungspartikel) aufgelöst hatte und das Kaisertum Österreich gegründet hatte - eigentlich geschah letzteres zwei Jahre vorher, aber ich schreib den Satz jetzt nicht mehr um - wurde, nach Ende der napoleonischen Kriege, der Deutsche Bund gegründet. Da Schleswig, Hollstein und das andere Kaff schon zum HRH (=Heiliges Römisches Reich) gehört hatten, waren die nun auch beim Deutschen Bund dabei. Das war eine äußerst undemokratische Gesellschaft äußerst autokratischer Herrscher. Es gab einen Bundespräsidenten - den Kaiser von Österreich - und eine Bundesversammlung in der sich die Fürsten, Landgrafen, Herzöge, Kurfürsten, Großherzöge, Könige und der Kaiser gegenseitig lähmten. Besonders das aufstrebende Preußen trachtete seine Position gegenüber Österreich zu stärken. Man war sich selten einig, außer wenn es um die Teilung der eigenen Macht mit dem Volk - hiezu nein danke - ging, oder jemand von außen Ärger machen wollte. Das war der Fall, als der Dänische König 1863 Schleswig in den dänischen Gesamtstaat eingliederte. Das verstieß gegen einige Verträge und wurde nicht gerne gesehen. Die Preußen wollten Krieg und Otto von Bismarck brachte auch die Österreicher mit ins Boot. Gegen Holstein und damit indirekt gegen Dänemark wurde die Bundesexekution verhängt. Die Bundesexekution ist eine feine Sache: Macht in einem Bundesstaat - in diesem Fall in einem Staatenbund - ein Land Probleme, marschieren die anderen ein und ersticken den Aufstand im Keim. Das hatte man im Deutschen Bund bis dato nur dann praktiziert, wenn sich irgendwo die Demokratie auszubreiten erdreistete, jetzt ging es gegen Dänemark. Man stellte den Dänen ein 48-Stundenulitimatum zur Aufhebung ihrer Verfassung und der militärischen Räumung Schleswigs, was Dänemark ignorrierte. Preußen und Österreich wurden mit der Führung der Exekution beauftragt. Sie stellten aus ihren Armeen zwei Kontingente für das Bundesheer und marschierten am 1. Feber 1864 in Schleswig und Holstein und in das dritte Herzogtum auch noch ein. Die Geschichte endete für Dänemark in einem militärischen Debakel. Etwa 5.600 Dänen fielen, auf der Gegenseite betrugen die Verluste lediglich 2.200 Mann. Nach der Niederlage an den Düppeler Schanzen hatten die Dänen einen in London unterbreiteten Frieden - Teilung Schleswigs an der Sprachgrenze - abgelehnt, woraufhin der Krieg weiterging. Als eine Invasion der dänischen Inseln drohte, musste der Friede von Wien akzeptiert werden. Dänemark ging darin der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Dingsbums gänzlich verlustig. Ende Oktober 1864 war der Krieg damit vorbei. Preußen und Österreich verwalteten die Gebiete zunächst als Kondominium, das ist nichts unanständiges, sondern ein Gebiet, das von zwei Herrschern oder Staaten gemeinsam regiert wird. Natürlich stritten sich die beiden Sieger auch bald und so wurde die Beute aufgeteilt Schleswig und das andere Teil gingen an Preußen, Holstein an Österreich. Natürlich konnten die Preußen nicht genug bekommen. 1866 besetzten sie Holstein, was Auslöser für den Preußisch-Österreichischen Krieg und K...Kö... - verzeihen Sie mir, das Wort kommt mir nur schwer über die Finger - Königgrätz war. Das war der Anfang vom Ende der österreichischen Monarchie. Durch die Niederlage auch innerlich geschwächt, musste 1867 der Ausgleich mit Ungarn geschlossen werden. Im Ersten Weltkrieg war Österreich-Ungarn dann nur noch der Sidekick des Deutschen Reiches und musste dessen militärischen Oberbefehl akzeptieren. Joseph Roth nannte es zurecht einen „historischen Irrtum“, dass wir mit den Deutschen im Feld zu stehen hatten. Und wer ist an all dem Schuld? Richtig: Die Dänen.
Die Geschichte gönnt uns zumindest diese späte Genugtuung: Wenn Sie auf eine Europäische Landkarte blicken, werden sie dort ein seither geschrupftes, aber immerhin noch ein Österreich finden. Von Preußen liest man nichts mehr. Den Dänen sei verziehen.
Austria Erit In Orbe Ultima.
| ||||||||||||
15. Dezember - ABBA
10 Jahre lang, von '72 bis '82 schäffelten Björn Ulvaeus, Agnetha Fältskog, Anni-Fried Lyngstad und Benny Andersson ein Millionenvermögen indem Sie fehlerfreies Englisch sangen, was Skandinaviern ungemein leichter fällt als Deutschen oder gar Österreichern (oder wie Günther Oettinger es ausdrücken würde: „Se winner teiks it ohl“). ABBA steckten ihre Einnahmen in alleilei Firmen und besaßen unter anderem einen eigenen Ölkonzern. Das auch deshalb, weil sie für Auftritte im Ostblock mit Rohstoffen bezahlt wurden. Berühmt war die Band vor allem durch ihren Sieg beim Song Contest 1974 geworden, wo sie mit „Waterloo“ antraten. ABBA stiftete den Song „Chiquitita“ an UNICEF, die heute noch alle Rechte an dem Lied besitzt und die Tantiemen dafür erhält. Zur Hochzeit des schwedischen Königspaares sangen sie für Königin Silvia das Lied „Dancing Queen“. Die Songs der Band wurden beinahe ausschließlich von Björn Ulvaeus komponiert und getextet. Auf die Frage nach dem Erfolg so vieler seiner Lieder meinte er später einmal, er habe so viele Lieder weggeschmissen, dass er damit zwei mittelmäßige Bands über Wasser hätte halten können. An ABBA zerbrachen schließlich zwei Ehen. Ulvaeus und Fältskog waren, ebenso wie Lyngstad und Andersson verheiratete, trennten sich aber noch vor dem aus der Band. Letztendlich geriet auch das ABBA.Imperium durch diverse unseriöse Finanzgeschäfte ins schlingern, was den Mitgliedern Millionenverluste brachte. Finanziell profitierte das geschiedene Schwedenquartett dann vor allem vom ABBA-Revival in den 90ern und dem Hype rund um das Musikal „Mamma Mia“. Aus Anlass der Präsentation des dazugehörigen Films - sehr frauenlastig, aber doch irgendwie sehenswert - traten die Mitglieder nach über 20 Jahren wieder gemeinsam vor die Kameras. Ihr Verhältnis gilt aber immer noch als angespannt.Was blieb, sind viele Hits, die Kinder von ABBA-affinen Eltern bei langen Autofahrten ungefragt vorgesungen bekommen und ein Film, in dem Pierce Brosnan wieder der Natur seiner Stimmbänder aber tapfer zu singen versucht.
Thank You for the Music
| ||||||||||||
16. Dezember - Skandinavien und die Sprache
| ||||||||||||
17. Dezember - Das hymnische Skandinavien
Natürlich haben auch die Skandinavier Hymnen. Die Monarchien sogar zwei, Norwegen gar drei. Warum? Nunja, eigentlich ist „Sønner av Norge“ (Söhne von Norwegen) immer noch die offizielle norwegische Nationalhymne. Im laufe der Zeit hat sich aber „Ja vi elsker dette landet“ (Ja wir lieben dieses Land) durchgesetzt und wird auch bei allen offiziellen Anlässen und Länderspielen „Sønner av Norge“ vorgezogen. Wo bleibt die dritte Hymne? Nun ja, als Königreich braucht natürlich der König eine eigene Hymne. In Ländern wie Großbritannien ist die Königshymne auch gleichzeitig Nationalhymne. Wenn das nicht der Fall ist, sind Herrscherlieder sehr beliebt. Die norwegische Königshymne heißt „Kongesangen“, wird zur Melodie der britischen Hymne gesungen und fängt auch ähnlich an: „Gud sign vår konge god!“ (Gott segne unseren König gut!). In der Folge beschwört der Text die Einheit von Volk in dem er an Gott appelliert: „knytt med din sterke hånd hellige troskapsbånd om folk og drott“ (knüpf mit deiner starken Hand ein heiliges Treueband um Volk und König). König Auch Schweden und Dänemark verfügen über royale Hymnen. Während die schwedische Hymne im Titel der norwegischen ähnelt, sie heißt „Kungssången“, heißt die dänische „Kong Christian stod ved højen mast“ (König Christian stand auf dem hohen Mast) und ist auch etwas blutrünstiger, was folgender Ausschnitt zu verdeutlichen vermag: „hans værge hamrede så fast, at gotens hjelm og hjerne brast.“ (Sein Schwer hämmerte so heftig, dass der Helm und das Hirn des Goten barst). Dahingegen klingt die dänische Nationalhymne geradezu unschuldig „Der er et yndigt land“ (Es gibt ein liebliches Land). Der Titel der schwedischen Hymne wiederum lässt im Deutschen mitunter Missverständnisse aufkommen: „Du gamla, du fria“ will das Land nicht als gammlig, sondern als alt bezeichnen. Man sieht, dass das Wort im Skandinavischen und im Deutschen eine andere Entwicklung gemacht hat. Die Finnische Hymne (Das Rechtschreibprogramm hat im letzten Augenblick verhindert, dass ich hier die letzten beiden Buchstaben vertausche) heißt „Maamme“ (Heimat) und teilt sich ihre Melodie im Übrigen mit jener Estlands. In Island singt man den „Lofsöngur“ (Lobgesang). Melodisch findet der Autor die isländische Hymne am gelungensten, gefolgt von jener Schwedens und Norwegens.
„Ja, jag vill leva jag vill dö i Norden.“
-
„Ja ich will leben, ich will sterben im Norden“
(Refrain der schwedischen Nationalhymne)
| ||||||||||||
18. Dezember - Skandinavisches „Essen“
Die Skandinavier mögen kulturell hochstehende sozialstaatschaffende weltgewandte Menschen sein, aber man kann nicht alles können. Was sie nicht können ist kochen. Wer schon einmal in einem IKEA-Restaurant gegessen hat, weiß, dass dafür vor allem eines Spricht: Der Preis. Kein Volk würde auf die Idee kommen, so etwas ördinär-simples wie faschierte Fleischkugeln als „Köttbulla“ zum Nationalessen zu erheben. Wenn man sich durch die übrige skandinavische Küche kostet, bringt man aber langsam Verständnis dafür auf. „Köttbulla“ sind das schmackhafteste endemisch-skandinavische Gericht. Sollten Sie als finanziell normal situierter Mitteleuropäer einmal nach Norwegen kommen und sich Essen daher nicht leisten können, seien sie gewarnt: Finger weg von den ekelhaften 30 Kronen-Hotdogs, die in jedem 7-Eleven verkauft werden. Wenn Sie erst einmal fünf Tage davon gelebt haben, können Sie sie nicht mehr sehen. Ganz zu schweigen davon, dass diese Würstchen - deren Geschmack nach Analogschübling (für Ostösterreicher Knacker) erinnert - überhaupt nicht wie Würste aussehen, sondern wie etwas, das der Gedankenwelt des Romans 1984 entsprungen ist. Sie weisen keinerlei Krümmungen auf, sondern sind einfach lang, rund und mit ihrem armseligen Äußeren irgendwie pervers futuristisch. Das Brot schmeckt wie bei Mc Donald's: Weizenbasierte Watte. Natürlich werden Sie in keinem normalen skandinavischen Geschäft eine zivilisatorische Errungenschaft wie Schwarzbrot finden. Sie können schon von Glück reden, wenn Ihr Brot nicht gesüßt ist, was dort öfter vorkommt. Der Autor hat sich die Freiheit genommen Walfleisch von seiner Speisekarte zu streichen, weshalb er nur vom Hörensagen berichten kann, dass es äußerst tranig schmecken soll und daher stimmig in den nordischen Speiseplan passt. Natürlich finden Sie auch in keinem Laden eine Wursttheke, weshalb Sie nur abgepackte Produkte kaufen können. Auch wenn die Wurst zum Beispiel „Jubelsalami“ heißt, ist das doch stark übertrieben. Es schmeckt jedenfalls wie das was es vermutlich einmal war: Ein mit Tiermehl gemästetes ukrainisches Rind, das in einem polnischen Schlachthof durch die Hände eines drallen und kettenrauchenden Metzgers namens František sein wenig rühmliches Ende gefunden hat. Kein Grund zum jubeln. Norwegisches Nationalgetränk ist, neben völlig überteuertem Alkohol - vorzugsweise das angeblich blind machende „Akvavit“ - und sündteurem Gletscherwasser, das sich die frisch geliftete Hausfrau von Welt von ihrer Zugehfrau aus dem Meinl vom Graben holen lassen kann, das Limonadegetränk „Solo“, das wie verdünntes Fanta schmeckt und wahrscheinlich auch so hergestellt wird. Die Finnen kennen zur totalen geschmacklichen Abtötung den so genannten „Terva Snapsi“, der nach verflüssigtem Speck mit Fichtenborkenextrakt schmeckt.
Die Liste skandinavischer Nationalgerichte ist wie jene der Getränke eine einzige kulinarische Todeszone. Die Norweger mögen „Fårikål“, bestehend aus Hammel mit Kohl und Mehl. Die Schweden wiederum essen gerne „Surströmming“, den durch Säuerung konservierten und nach Fäulnis riechenden Ostseehering aus der Dose. Zumindest im Bereich der Süßwaren kann ich zwei Empfehlungen aussprechen: „Ahlgrens Bilar“, nach Eigenaussage die meistverkauften Autos der Welt, sind kleine Gummisüßigkeiten in Vehikelform. Besonders die saure Ausgabe lege ich jedem ans Herz. Außerdem sind die allerorten verkauften Zimtschnecken nicht allzu schlecht. Man sollte aber auf die Frische achten. Da Brot und Süßgebäck meist in Selbstbedienung angeboten werden, kann einem eine vertrocknete Zimtschnecke schon einmal den Tag verderben.
Sollten Sie jetzt schon vom Festlandskandinavischen Essen nicht allzu begeistert sein, begeben Sie sich nie nach Island. Dort wird grundsätzlich nur verzehrt, was halb verwest und abgestanden ist, mit Ausnahme von Jopi Heesters natürlich. Der unangefochtene Gipfel kulinarischer Verfehlungen ist das isländische Gericht „Hákarl“. Es wird aus dem Fleisch des Eishais gewonnen, das eigentlich giftig ist. Der Eishai verfügt nämlich über keine Nieren und was fast alle anderen Spezies über ihren Harn ausscheiden, bleibt beim Eishai im Körper. Dementsprechend stinkt sein Fleisch wie die WC-Anlage beim Karlsplatz in Wien. Die Isländer hängen seine Überreste in den Seewind und lassen sie dort vor sich hin gammeln, bis das Ganze eine gummiartige Konsistenz erreicht hat. Sollten Sie sich einmal durchringen, halbverwestes Fischfleisch, das nach Urin schmeckt zu essen, haben Sie meinen Respekt. Sollte es Ihnen zusagen, sind Sie ein Fall für den Therapeuten.
| ||||||||||||
19. Dezember - Ein neu-norwegisches Weihnachtslied
Das Lied „Es ist ein Ros entsprungen“ ist etwas Besonderes. Während zum Beispiel „Stille Nacht“ wesentlich bekannter ist, aber dafür textlich offenbart, dass es für Bauern geschrieben wurde, vereint besagtes Lied eine einfache Melodie mit einem eingängigen Text, der tiefsinnige theologische Anspielungen in sich birgt. Das Lied stammt aus dem 16. Jahrhundert. Während weitere Dichtungen später hinzu kamen, sind die beiden ersten Strophen original:
Es ist ein Ros entsprungen
aus einer Wurzel zart, wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art und hat ein Blümlein bracht mitten im kalten Winter, wohl zu der halben Nacht.
Das Röslein, das ich meine,
davon Jesaia sagt, ist Maria die reine, die uns das Blümlein bracht. Aus Gottes ewgem Rat hat sie ein Kind geboren und blieb ein reine Magd.
Die Rose ist Maria. Jesse war der Vater Davids. Maria war - wie ihr Mann Josef - aus dem Haus und dem Geschlecht Davids und dem Stamm Juda, mit „aus Jesse kam die Art“ wird auf die familiäre Herkunft der Rose, also Marias, verwiesen. Mit Rose ist hierbei aber noch nicht die Blüte gemeint, sondern vielmehr der Rosenstock. Dieser wiederum bringt „ein Blümlein“, hervor: Jesus. Damit wird über das Bildnis der Rosenpflanze, der Stammbaum Christi erklärt: Jesse (die Wurzel/die Rosenart) - Maria (der Rosenstock/der Trieb) - Jesus (die Rosenblüte, als Sinnbild der Vollendung der biblischen Heilsgeschichte). Diese Aussage wird in der zweiten Strophe nochmals präzisiert.
Im Übrigen existiert auch eine protestantische Textversion, die später entstand und Maria einen weniger prominenten Platz einräumt. Hier ist Jesus selbst die Rose. Der Grund liegt in der protestantischen Grundskepsis gegenüber der ausufernden Marienverehrung. Schon Luther hatte über diese gesagt: „Darum, man ehre die Mutter Mariam, wie man wolle; allein man ehre sie nur nicht mit der Ehre, da man Christum mit ehren soll.“ Die katholische Version hingegen bleibt bei ihrer Grundaussage: Maria ist der Schoß, Jesus der Spross. Zusätzlich wird noch auf die jungfräuliche Geburt verwiesen: „und blieb ein reine Magd“.
Ein wichtiges Element der christlichen Bibelauslegung ist die Verknüpfung von alttestamentarischen Aussagen mit neutestamentarischen Ereignissen. Damit soll die Erfüllung der Schrift durch die Geburt und das Wirken des christlichen Messias Jesus verdeutlicht werden. Es ist eine Form der Legitimitätserzeugung. So geht auch unser Lied vor, indem es auf einen Spruch des Propheten Jesaia aus dem alten Testament verweist. In Jes 11,1 heißt es nämlich: „Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, / ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.“ Mit der Darstellung Mariens als Rose („Reis“) und Jesu als deren Abkömmling („Frucht“) stellt das Lied also die Geburt Jesu als von Jesajia vorausgesagtes Ereignis dar.
Von unserem Lied existieren mehrere Formen in verschiedenen Sprachen. Durch den Prozess des „Zersingens“, gibt es auch etliche deutschsprachige Versionen in denen es etwa „Maria ist die reine“ oder „aus Jesse kam die Art“ heißt. Es gibt auch eine norwegische Textfassung, die in der Schriftspache Nynorsk gehalten ist, wobei die Sprache des Liedtextes auch hier veraltend ist:
Det hev ei rosa sprunge
ut av ei rot so grann.
Som fedrane hev sunge:
Av Jesse rot ho rann,
og var ein blome blid
midt i den kalde vinter
ved myrke midnattstid.
Anstatt „rosa“ wird heute meist „rose“ [Rose], an Stelle von „fedrane“, „fedrene“ [Väter] gesungen. „Myrke“ hat mehrheitlich für „mørke“ [dunkel, düster] Platz gemacht. So wie heute keiner mehr „sungen“ sagen würde, hat sich eben auch das Norwegische modernisiert. Hinzu kommt, dass Nynorsk, eine der beiden Varietäten des Norwegischen, der zweiten, nämlich Bokmål, immer mehr angepasst wurde. (Siehe hiezu den Eintrag vom 16. Dezember) Die norwegische Übersetzung des deutschen Originals ist überraschend präzise. Ins Deutsche zurückübertragen lautet der Text in etwa:
Es ist eine Rose entsprungen
heraus aus einer Wurzel so klein.
Wie die Väter sangen,
aus Jesse entfloss die Wurzel,
und es war eine Blume erblüht,
mitten in dem kalten Winter,
zur dunklen Mitternachtszeit.
Da die Norweger mehrheitlich Protestanten sind, geht auch die zweite Strophe, die ich Ihnen nun aber erspare, davon aus, dass Jesus selbst die Rose und nicht nur deren Blüte sei. Wenn sie nun gespannt sind, wie das Lied auf Norwegisch klingt, empfehle ich ihnen die Version der Sängerin Sissel - die heißt wirklich so - auf Youtube. Aber Vorsicht: Sissel kann Glas zum bersten bringen! | ||||||||||||
20. Dezember - Christian X. und die Deutschen
Christian X. Von Dänemark war mit 1,99 m der wohl größte König seiner Zeit und regierte sein Land von 1912 bis 1947. In seine Amtszeit fiel also die Eingliederung Nordschleswigs in Dänemark und die Besetzung durch die Deutschen Truppen im Zuge der Operation Weserübung, der auch Norwegen zum Opfer fiel. Im Gegensatz zu den Norwegern hielten die Dänen es aber nicht für möglich oder auch nötig sich gegen die deutsche Besetzung zu wehren. Nach kurzen Gefechten wurde ein Besatzungsvertrag ausgearbeitet, während deutsche Bomber über den Unterzeichnungsort flogen. Weil Dänemark sich kooperativ gezeigt hatte, durfte es seine Regierung behalten und der König, der ältere Bruder Haakons VII. von Norwegen, musste, anders als dieser, nicht exiliren. Er zeigte sich jedoch immer wieder von seiner widerspenstigen Seite. So behielt er seine Gewohnheit bei, täglich mit dem Pferd auszureiten, wobei er von vielen Dänen als stummer Protest gegen die Besatzung begleitet wurde. Sogar ein populäres Lied mit dem Titel „Der rider en Konge“ - „Da reitet ein König“ wurde komponiert.
| ||||||||||||
21. Dezember - Die Schwedenhilfe
Kriege bringen so allerlei Unangenehmes mit sich. Weltkriege sollen da ja zu den schlimmsten gehören. Weil Österreich bei einem voll und ganz und beim anderen so ein bisschen dabei war, haben wir natürlich die geballte Ladung Kriegsfolgen abbekommen: Zerstörungen, Tote, Kriegsgefangene, Lebensmittelengpässe, Rationierungen, Hunger. Und weil Krieg meistens eine umfassende, oder wie ein bekannter Klumpfuß es ausgedrückt hätte, total ist, leiden da nicht nur die Schuldigen drunter, sondern auch alle anderen, zum Beispiel die Kinder. Nun sind Kinder wohl die Zielgruppe, die sich von der übrigen Menschheit noch am meisten Mitleid erwarten kann und deshalb stauben die in Krisenzeiten so richtig ab. Ob man jetzt plötzlich ein Herz für sie haben soll oder sie retten, irgend eine Masche zieht immer. Darauf sind sogar die geizigen Schweizer - nichts für ungut - hereingefallen und haben nach den Kriegen fleißig gespendet bzw. Kinder aufgenommen. Und auch die skandinavischen Länder ließen sich nicht lumpen. Wer einmal Hugo Portischs Buch „Österreich II.“ aufschlägt, kann dort eine Abbildung eines Plakates der sogeannten Schwedenhilfe finden. Die Überschrift lautet - soweit ich mich erinnere - „Hjälp Österrikes barn“ („Helft Österreichs Kindern“). Hungernde Kinder vor einer zerfetzten rot-weiß-roten Fahne machen sich immer gut als Spendenaufruf und die Schweden haben gespendet. Auch die Norweger haben ihre Herzen und - was noch wichtiger war - ihre Geldbörsen und Vorratskammern geöffnet. Unter dem Schlagwort „Redda Barnen“ („Rettet die Kinder“) lief die Hilfe nach dem Ersten Weltkrieg an und wurde auch nach dem Zweiten wiederaufgenommen. Der Schwede Arne Carlsson etwa verteilte Essensrationen an zehntausende Hungernde Wiener und wurde schließlich von einem sowjetischen Soldaten erschossen. Seine Landsfrau Elsa Brändström kümmerte sich im Ersten Weltkrieg in russischen Kriegsgefangenenlagern um die Soldaten und erhielt darob den Beinamen „Engel von Sibirien“. Aus Dank für die Hilfeleistungen, die sicher einigen das Leben gerettet haben, gibt es heute in Wien einen Schwedenplatz, einen Stockholmer Platz, eine Trondheimgasse und einen Osloplatz. Arne Carlsson hat einen Park bekommen, dort steht auch eine Statue Brändstöms.
Tusen tack för reddningen av Österrikes barn.
| ||||||||||||
22. Dezember - Der Posterkönig von Schweden
Heute werden Sie das letzte Mal mit politischen Details gelangweilt - versprochen. Also lesen Sie im Gegenzug weiter und überspringen Sie den heutigen Eintrag nicht einfacht, wie Sie das früher schon gemacht haben (ich weiß alles): Nachdem 1973 Gustav VI. Adolf gestorben war, trat trat 1974 eine lange vorbereitete Verfassungsreform endgültig in Kraft, die Schweden von der konstitutionellen zur parlamentarischen Monarchie machte. De facto sind heute fast alle europäischen Monarchien - der Vatikanstaat, Liechtenstein und Monaco bilden da gewisse Ausnahmen - parlamentarische Monarchien, Schweden ist es aber als einzige ex lege. Das heißt, während in den anderen Königreichen, wie auch Norwegen und Dänemark, der Monarch formal umfassende, aber nicht absolute, Rechte besitzt (konstitutionelle Monarchie), und diese bloß nicht ausübt (de facto parlamentarische Monarchie), hat der Schwedische Monarch diese Rechte nicht einmal formal. Das sieht man schon, wenn man sich die Präambeln zu diversen EU-Verträgen durchliest. Dort werden die hohen Vertragsparteien aufgezählt: Der König der Belgier, der österreichische Bundespräsident, die Königin von Dänemark etc. und die Regierung des Königreiches Schweden. Der König hat also nicht einmal zum Schein mehr eine staatsrechtliche Bedeutung. Die schwedische Verfassung ist sowieso möchtegern-republikanisch. Das Wort König selbst kommt nur sehr selten vor, stattdessen heißt der Monarch meist „Staatschef“. § 1 des fünften Kapitels der Verfassung legt das einzige Recht fest, das der König von Schweden noch besitzt: „Der Staatschef wird vom Ministerpräsidenten über die Angelegenheiten des Reiches auf dem laufenden gehalten. Falls erforderlich, tritt die Regierung unter dem Vorsitz des Staatschefs zum Staatsrat zusammen.“Solche Staatsratssitzungen sind lediglich symbolischer Natur. Der König ernennt weder die Regierung, noch schlägt er sie dem Parlament, dem Reichstag, auch nur zur Wahl vor. Er unterschreibt keine Gesetze und entsendet keine Botschafter. Er darf zwar noch Uniform tragen, ist aber nicht einmal mehr formell Oberkommandierender der Streitkräfte. Laut Verfassung muss er sich vor Auslandsreisen mit dem Ministerpräsidenten beraten. Als König Carl XVI. Gustav im Sultanat Brunei zu Gast war und den dortigen Potentaten lobte, tobte die schwedische Öffentlichkeit, ob des vermeintlichen Fauxpas des Staatschefs. Die Regierung zog es vor zu verschweigen, dass der Monarch sich nur an die Empfehlungen - also Anweisungen - des Außenministeriums gehalten hatte. So ein König kann also auch gut als politischer Fußabstreifer dienen, weil er sicher keine Pressekonferenz gibt und die Umstände aufklärt. Die schwedische Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Verfassung hat zumindest etwas Gutes: Sie hat den Politikwissenschaftern weltweit ein schönes Beispiel für eine parlamentarische Monarchie geliefert. Warum hat man die Monarchie aber nicht gleich abgeschafft? Ganz einfach: Die schwedischen Monarchen haben nicht viel falsch gemacht. Niemand wollte der ... sein, der die brave Königsfamilie, die bisher immer nur ihre Pflicht erfüllt hat, aus dem Schloss delogiert. Also hat man Schweden de facto in eine parlamentarische Republik verwandelt und statt eines Zierpräsidenten einen Posterkönig behalten. Der darf am Nationalfeiertag vom Balkon winken und den schwedischen Tourismus befördern. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass der Monarch keine Probleme machen kann. Als Nachteil könnte sich in Krisenzeiten die fehlende „power in reserve“ erweisen. Ein schwedischer König könnte nicht wie der Norweger Haakon VII. handeln, wenn die Deutschen sein Land überfallen, was diesen ja immer noch zuzutrauen wäre. Und während Karl Theodor zu Guttenberg in Stockholm einmarschierte, stünde Carl Gustav von Schweden am Balkon und würde ihm zuwinken. | ||||||||||||
23. Dezember - Die spinnen die Finnen
Die Finnen [fin.: suomalaiset] sind ein Volk mit einer Sprache, die 15 Fälle hat und dessen Mythologie besagt, die Erde sei aus sieben Enteneiern entstanden. Finnisch kennt so schmucke Casi, wie den Allativ (Auf/Zu wem oder was?), den Inessiv (Worinnen?) und den Abessiv (Ohne wen/was?), aber keinen Dativ. Es gibt sechs Verbkonjugationen, aber kein Futur. Das längste Palindrom (ein Wort, das von vorne und hinten gleich gelesen werden kann, wie Otto oder Lagerregal) der Welt, soll das finnische Wort für Seifensteinverkäufer sein: „saippuakivikauppias“. Die Finnen leben angeblich schon 2.000 Jahre im hohen Norden und sind damit alteingesessener, als die germanischstämmigen skandinavischen Völker. Schon Tacitus sprach von einem nordischen Volk, das er „Fenni“ nannte. Auch wenn die Urfinnen glaubten, dass die Sonne ein Entendotter sei, so haben sie sich doch als recht zäh erwiesen. Immerhin haben sie ihre Sprache und Kultur nicht verloren, obwohl sie erst seit 1917 einen eigenen Staat besitzen und zuvor von Schweden und Russen regiert wurden. Weil besonders die Schweden bekanntlich sehr penetrant sind, gibt es heute noch eine signifikante Minderheit derselben in Finnland. Die Finnen selbst haben zu ihnen aber keinerlei karantanische Allüren und sehen sie eher als Bereicherung denn als Bedrohung.
Die Finnen gelten auch unter den Skandinaviern als äußerst trinkfest. Mag sein, dass ihre alkoholische Schwäche dazu beigetragen hat, dass sie versehentlich auf der schwedischen Seite der geteilten Insel Märket einen Leuchtturm errichteten, was zu einer kuriosen Grenzbereinigung geführt hat. Ein beliebter Volkssport soll das „eukonkanto“ oder „akankanto“ sein, was übersetzt soviel wie „Frauentragen“ heißt und dergestalt aussieht, dass dabei ein Mann eine Teamkollegin durch einen Hindernisparcours trägt. Ob dafür das Machotum der Finnen oder die Lauffaulheit der Finninen verantwortlich ist, bleibt im Unklaren. Der Parcours besteht zum Teil aus einer Wasserroute, was aufgrund des finnischen Gewässerreichtums nicht gerade verwunderlich ist. Obwohl nur als See gilt, was über 500m² Wasseroberfläche hat, verfügt das Land immer noch über offiziell gezählte 187.888 Seen mit 98.050 Inseln, Meeresinseln nicht mitgezählt. Die Finnen haben's also gerne feucht: In der Kehle, im Landesinneren, in der Sauna und am Meer, über das eines Tages der sagenumwobene Väinämöinen mit einem Boot aus Kupfer zurückkehren soll. Bis dahin prost [fin.: kippis]! | ||||||||||||
24. Dezember - Heiligabend - Skandinavische Weihnachten
In den skandinavischen Ländern feiert man Weihnachten grundsätzlich sehr ähnlich wie bei uns: Menschen vergrößern ihren Leibesumfang mit diversem Süßgebäck und verlieren ihren Führerschein nach dem Genuss erwärmter Alkoholika. Weihnachten heißt auf Dänisch, Schwedisch und Norwegisch „Jul“, auf Isländisch und Färöisch „Jól“ und auf Finnisch „Joulu“. Die Bezeichnung stammt noch aus vorchristlicher Zeit und meinte ursprünglich das germanische Fest zur Wintersonnenwende. Nichtzuletzt deswegen versuchten die Nazis Weihnachten in ein „Julfest“ umzuwandeln. Beim „Aufruhrversand“ - kein Scherz - kann man dazu passend „Julkarten“ kaufen auf denen „Vater Odin“ mit seinen Raben als Gabenbringer inszeniert wird. Das skandinavische Weihnachten ist dementgegen eher eine Antifaveranstaltung. Eine gewisse symbolische Rolle spielt höchstens noch der heidnische Julbock, den man aus Stroh bastelt und als Weihnachtsschmuck verwendet. In den meisten skandinavischen Ländern bringt der Weihnachtsmann - auf finnisch „Joulupukki“ genannt - die Geschenke, in Island erledigen das aber Weihnachtszwerge und zwar 13 Stück, vielleicht auch, damit man an Walt Disney keine Tantiemen zahlen muss. In Norwegen und Dänemark amtiert als Weihnachtsmannassistenz der sogenannte Julenissen, eine Art Weihnachtsheinzelmann. Weihnachtsbäume erfreuen sich auch in Skandinavien ausgesprochener Beliebtheit, wobei in Island - aus Gründen der enormen Baumknappheit - grün gestrichene Holzgerüste als Baumersatz herhalten müssen. Mittlerweile importiert man aber auch schon Weihnachtstannen vom Festland. In Dänemark sind in der Vorweihnachtszeit Kalenderkerzen beliebt, deren Abbrennen Tag für Tag die verbliebene Zeit bis zum 24. Dezember anzeigen soll. In Norwegen gehen die Kinder nach Weihnachten als Weihnachtsziegenbock verkleidet bei den Nachbarn Süßkram schnorren. Die Schweden schauen angeblich am Heiligabend kollektiv eine bestimmten Donald-Duck-Film im Fernsehen an. Gegessen wird insgesamt alles was schmeckt und fett macht. Man sieht, die Skandinavier sind uns nicht so unähnlich, wie man vielleicht manchmal meinen möchte. Sie trinken gern und viel und mögen Weihnachten. Vielleicht sind sie uns bildungstechnisch etwas überlegen. Sollten Sie also zu den 600.000 faktischen Analphabeten in Österreich gehören - und diesen Blogeintrag folgerichtig vorgelesen bekommen - genießen sie in Folge die Weihnachtsgeschichte die ich für Sie in einer faden Stunde in Windows Wingdings und Webdings zusammengestellt habe.
God jul! - Frohe Weihnachten!
|