Der Gründer von Magna International hat den Inbegriff des amerikanischen Traums erlebt, in Kanada. Mit gerade einmal 200 Dollar wanderte er als Franz Strohsack ein, mit Milliarden auf dem Konto kam er als Frank Stronach in den 80ern nach Österreich zurück. Seitdem hat er zweifelsohne etliche Arbeitsplätze in seiner alten Heimat geschaffen, aber auch einen Haufen Staub aufgewirbelt. Neuerdings will er sogar seine eigene Partei gründen.
Die Rückkehr Stronachs nach Österreich ist wohl zu vergleichen mit der eines Bauernsohnes, der als gemachter Mann in sein Heimatdorf kommt und dort fortan den großen Zampano gibt. Frank Stronach hat von vornherein klar gemacht: Er braucht Österreich nicht, Österreich braucht ihn. Nachdem er einen der weltgrößten Autozulieferer aus dem Nichts gestampft hat, will er nun sein Herkunftsland mit den Erfahrungen beglücken, die er in Übersee machen konnte, sprich: Freie Marktwirtschaft. Dabei waren seine Versuche, auf heimatlichem Boden erneut Fuß zu fassen zunächst eher von wechselndem Erfolg gekrönt. Die Übernahme der Voest scheiterte ebenso wie die von Opel, dafür schluckte er die Steyr-Werke. Sein Engagement als Fußballsponsor zeigte bei der Austria Wien ebenso wenig durchschlagende Ergebnisse, wie beim SC Wiener Neustadt. Stronachs Vision, Österreich im WM-Finale zu sehen, blieb gleichfalls heiße Luft. Eine kolportierte Bewerbung um die österreichischen Casino-Lizenzen kam auch nicht zustande. Der Vergnügungspark, den er in Ebreichsdorf errichten wollte, wurde ebenso nie gebaut, wie die Sportarena in Rothneusiedl, mit der auch die U1-Verlängerung dorthin starb. Vom geplanten Red-Bull-Konkurrenten mit dem bescheidenen Namen „Frank’s Energy Drink“ und der geplanten „Stronach-Klinik“ am AKH hat man auch nichts mehr gehört. Selbst der Erfolg von umgesetzten Projekten ist beschränkt. Das Interesse an der, vom Industriellen gebauten Pferderennbahn (Magna Racino) etwa, hält sich in recht engen Grenzen.
Auch in die österreichische Politik mischte sich Stronach beizeiten ein. Nach dem Motto „divide et impera“ beschäftigte er sowohl den ehemaligen Erfolgsfinanzminister Grasser, als auch den EX-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Andreas Rudas, Onkel der aktuellen Geschäftsführerin. Altkanzler Vranitzky sitzt im Aufsichtsrat. EX-Verkehrsminister Reichhold wurde trotz schwachem Herzen als Berater engagiert. Und auch Peter Westenthaler fand milde Aufnahme in Stronachs Umfeld. Er war für dessen Fußball-Interessen zuständig und soll später, in die Politik zurückgekehrt, eine „Sonderförderung“ für den heimischen Ballsport organisiert haben, was später auch die Staatsanwaltschaft interessierte, Hausdurchsuchung inklusive. In Kanada kandidierte Stronach einst selbst für die Liberalen, unterhielt aber auch Kontakte zu den Konservativen, für die seine Tochter im Parlament saß, bis sie selbst zu den Liberalen wechselte. Wankelmütigkeit scheint ein stronachsches Manko zu sein.
Nun möchte der Strohsack Franz seine eigene Partei gründen, auch wenn er das lange halbherzig dementiert hat. Die finale Ankündigung machte er schließlich - besonders feinfühlig - in einem deutschen Magazin. Mag auch sein, dass er den heimischen Medien nicht mehr traut, seit Lou Lorenz-Dittlbacher sich erdreistet hat, seinen Monolog in der ZIB 2 mit Fragen zu unterbrechen. Überhaupt kann Stronach recht ungehalten werden, wenn die Leute nicht sofort begreifen wollen, dass er sie nicht braucht, sie aber ihn. Die generöse Masche des amerikanischen Milliardärs, der der Gesellschaft etwas „zurückgeben“ möchte, lebt er mit Leib und Seele. Die Leute sollen sich außerdem eine Scheibe von seinem Erfolgskuchen abschneiden. Während die Österreicher von der sozialen Marktwirtschaft verhätschelt und vom Obrigkeitsstaat gewindelt wurden, hat er im rauen Kanada sein Glück gemacht.
Stronach will nun das Rezept des schlanken Staates auf Österreich umlegen. Seiner Meinung nach gibt es viel zu viele Beamte und Regeln, die Steuern sind ihm auch zu hoch. Das mag auch der Grund sein, warum sein Privatvermögen längst im Schweizer Niedrigsteuerkanton Zug residiert. Munter propagiert er währenddessen in seinem Steirenglisch das strikte Leistungsprinzip. Im Weltbild des Frank Stronach sind die, die zurückbleiben, nicht arm, sondern faul. Genauso faul nämlich, wie die EU-Staaten, die über ihre Verhältnisse gelebt haben und nun am Brüsseler Geldtopf hängen. Stronachs Lösung für dieses Problem ist wiederum simpel: Der Euro gehört abgeschafft. Man könnte schon versucht sein die Augenbrauen aufzustellen, wenn ein Milliarden-Tycoon, der etwas von Wirtschaft verstehen sollte, mit einem Wimpernschlag die zweitwichtigste Währung der Welt und den wirtschaftlichen Zusammenhalt eines ganzen Kontinents opfern würde, nur um den Schilling wieder einzuführen. Dass man den dann wie ehedem an eine deutsche Leitwährung Koppeln müsste - was nicht unbedingt mehr volkswirtschaftliche Freiheit mit sich brächte -, dass es vermutlich zu einer massiven Geldentwertung, zu horrenden Kreditverlusten - Wer möchte Euroschulden in Drachmen zurückbekommen? - und letztendlich womöglich zum Zusammenbruch der EU kommen könnte, interessiert den gelernten Werkzeugmacher aus Weiz hingegen wenig. Auf seinen Fahnen steht ganz groß „Schilling“.
Stronachs EU- und Euro-Skepsis ist es denn auch, die ihm die meisten seiner potenziellen Mitstreiter vergrault hat. Der Magna-Manager Siegfried Wolf will mit Frankie‘s Partei ebenso wenig etwas zu tun haben, wie die vielen verdrossenen ÖVP-Politiker, die er angeblich schon alle um Mitarbeit gebeten hat. Außerdem hat sich sogar das außerparlamentarische LIF wegen Stronachs Europapolitik nicht einkaufen lassen wollen. Auch BZÖ-Chef Bucher zeigte keine Bereitschaft seine Partei ein Jahr vor den Nationalratswahlen zu verlassen. Zu seiner Verbitterung muss der Austro-Kanadier nun feststellen, dass sich selbst bei den Orangen nicht alle kaufen lassen. Deshalb tritt er nun gleich selbst als Spitzenkandidat an. Das ist für ihn und sein Bündnis wahrscheinlich ohnehin die beste Lösung. Stronach ist weder für seine Kritikfähigkeit noch dafür bekannt, sich still im Hintergrund zu halten. Als Präsident der Austria Wien verschliss er immerhin ein Dutzend Trainer. Da ist es wohl das Vernünftigste, wenn er seine Politmannschaft gleich selber anführt.
Man kann heutzutage niemandem böse sein, der ob des professionellen Dilettantismus der österreichischen Politik in Rage gerät. Wenn aber Herr Stronach in der Zeit im Bild seinen Frust auf Gott und die Welt ablässt, fragt man sich schon, warum er sich nicht auf sein Altenteil auf die Seychellen oder Mauritius zurückzieht. Frank Stronach will gebraucht und bewundert werden. Österreich soll sich an ihn erinnern, wenn er einmal nicht mehr ist. Sein Ziel ist es offensichtlich Spuren zu hinterlassen. Sein Problem ist, dass er Österreich nicht kennt. Er hat Jahrzehnte im Ausland verbracht und bei seiner Heimkehr ein politisches Gruselkabinett aus Kungelei und Korruption vorgefunden, in das er sich zunächst mit seinen umfassenden Parteikontakten selbst einfügen wollte. Dass man im Heimatland des Austrokeynesianismus zwar gern sein Geld nahm, aber auf seine wirtschaftslibertären Ansichten lieber verzichtet, stößt ihm nun sauer auf. Stronach hat - abgesehen von seinem Zuger Vermögen, das ihm angeblich 200 Millionen an Steuern gespart hat - in Österreich einen Patzen Geld liegen lassen. Die Gegend um seinen Heimatort hat er mit Magnafabriken nur so zugepflastert. Doch mit seinem Drang Monumentales zu hinterlassen ist er bisher glorios gescheitert. Von den hochtrabenden Träumen des Strohsack Franzl, der auszog etwas zu werden und tatsächlich jemand wurde, bleiben bisher nur die Fabriken und eine Pferderennbahn in der Pampa. Das will Frankie Boy nun ändern. Mit EU-Skeptizismus kann man in Österreich Stimmen fangen, das hat er begriffen. Vermutlich wird er auch intelligent genug sein, sich dabei nicht mit der populistischen Selbstzerstörungsmaschine Hans-Peter Martin einzulassen. Dass die Österreicher aber unwahrscheinlich Staatsgläubig sind, will er entweder nicht wahrhaben oder ändern. Ja, man kann hierzulande auf die Beamten schimpfen, auf die EU und auf die Politiker, von den Österreichern aber mehr Eigenverantwortung und weniger Staat zu verlangen ist eine Strategie, die ordentlich nach hinten losgehen kann. Die Leute wollen sich beschützt und abgesichert fühlen. Österreich ist eben nicht Kanada und schon gar nicht die USA.
Vielleicht wird es der neuen Partei aber früher oder später so ergehen, wie den anderen teuren Spielzeugen des schwerreichen Mannes mit dem reichlich schweren Akzent. Vielleicht wird er sie einfach irgendwann fallenlassen, wie die Austria und all die anderen Projekte, weil alles nicht so geht, wie er sich‘s vorgestellt hat. Zumindest in diesem Punkt ist der Rückwanderer wieder zuhause angekommen: Österreich ist das Land der unvollendeten Pläne.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen