Dietrich Birnbacher hat ausgepackt und die gesamte Republik stellt die Ohren auf. Korruption, Geldumschläge, illegale Parteienfinanzierung: Der damit endgültig ans Licht gekommene Teilaspekt der Hypo-Affäre ist so ungeheuerlich, dass man es kaum fassen kann. Eine Chronologie:
Im Zuge des Verkaufs der Hypo-Alpe-Adria-Bank AG an die BayernLB 2007 wird der Villacher Steuerberater Dietrich Birnbacher von der Kärntner Landesholding mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Veranlasst wird dies vom damaligen Landeshauptmann Jörg Haider und seinem Stellvertreter aus der ÖVP, dem Campingplatzbesitzer Josef Martinz. Als Honorar sind zunächst zwölf Millionen Euro avisiert. Doch Haider verlangt von Birnbacher einen „Patriotenrabatt“ und drückt die Zahlung auf sechs Millionen. Birnbacher liefert schließlich fünfeinhalb Seiten Altbekanntes, das Geld wird dennoch überwiesen. Birnbacher spricht Haider nach seiner Aussage auf das Missverhältnis der Gegenleistung zur immer noch horrende Summe an, dieser antwortet angeblich „Birni, dos passt scho.“
Als im Rahmen des Beinahebankrotts der Hypo der Vorgang bekannt wird, stellt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt nach Vorerhebungen gegen Martinz und Birnbacher - Haider ist mittlerweile verstorben - zweimal die Ermittlungen ein. Sie verlässt sich bei ihrer Stellungnahme auf ein Privatgutachten der Landesholding, nachdem das Honorar Birnbachers als „angemessen zu beurteilen“ sei. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft verlangt schließlich die Einholung eines eigenen Gutachtens. Der beauftragte deutsche Experte stellt fest, dass das Sechs-Millionen-Honorar ein zumindest zwanzigfach überhöhter Betrag gewesen seie. Gegen Martinz und Birnbacher wird schließlich Anklage wegen Untreue erhoben.
Während Martinz im Prozess auf seiner Unschuld beharrte, legt Birnbacher zunächst ein Teilgeständnis ab. Er habe von vornherein gewusst, dass die Zahlung zu hoch gewesen sei. Am 25. Juli schließlich schiebt Birni, wie er in seinem Umfeld genannt wird, nach: Von Anfang an sei eine „Spende“ von Teilen der an ihn überwiesenen Landesmittel an die ÖVP und das damalige Kärntner BZÖ geplant gewesen. Martinz habe, als noch eine Zahlung von zwölf Millionen im Raum gestanden sei, die Drittelung des Honorars zwischen Schwarzen, Orangen und Birnbacher selbst angeregt. Schließlich habe er Birnbacher gebeten seine Schuldigkeit gegenüber der ÖVP mit der Übernahme von Personalkosten oder ähnlichem abzugelten. Wie das unauffällig zu bewerkstelligen sei, habe Martinz bei Ernst Strasser eruiert, dieser habe Erfahrung mit solchen Dingen gehabt. An die ÖVP flossen schließlich 100.000 Euro. 35.000 Euro davon (zuzüglich Umsatzsteuer) gingen an Martinz Anwälte für „Rechtsberatungen“. Weitere 65.000 habe der schwarze Landesrat von Birnbacher in einem Kuvert erhalten.
Ein Jahr nach Haiders Tod hätten auch die freiheitlichen Landesräte Scheuch und Dobernig von ihm 500.000 Euro verlang. Die habe er aber nicht bezahlt, denn „Haider war ja schon tot“, so Birnbacher.
Martinz, dem noch in der Vorwoche vom Landesparteivorstand das Vertrauen ausgesprochen worden war und der bislang seine Unschuld beteuerte, blieb am Ende nichts anderes übrig, als selbst zu gestehen. Ja, er und Haider hätten bei der Beauftragung Birnbachers von Anfang an den Plan gehabt „dass etwas an die Parteien gehen soll“. An ein Kuvert und die Involvierung Strassers könne er sich aber nicht erinnern. Der Richter hielt fest, dass es auch die Taktik von Schwerverbrechern sei, nur das zu gestehen, was man ihnen auch nachweisen könne. Martinz Anwältin stritt noch im Gerichtssaal ab, etwas mit den 35.000 Euro Birnbachers zu tun zu haben. Josef Martinz selbst trat im Anschluss an die Verhandlung mit sofortiger Wirkung als ÖVP-Landeschef zurück und gleichzeitig aus der Partei aus, wohl um nicht in den Genuss der neuen parteiinternen Ethikregeln zu kommen.
Würde Jörg Haider noch leben, hätte ihn auch alle Herumlamentiererei der Welt nicht mehr vor einer Verurteilung retten können. Währenddessen lassen seine irdischen Statthalter, die Freiheitlichen in Kärnten, im Stile eines Volksschulaufsatzes zum Thema „mein schönstes Urlaubserlebnis“, via Homepage verlauten, dass der Gesprächstermin zwischen Uwe Scheuch, Harald Dobernig und Steuerberater Birnbacher „nichts Besonderes gewesen ist und die mediale Aufregung daher völlig unverständlich ist“. Dobernig und Scheuch ließen sich außerdem mit den Worten zitieren:
„Das ganze [sic!] ist somit ein weiterer untauglicher Versuch, die Freiheitlichen in Kärnten und ihre Führungsspitze anzupatzen und zu beschädigen.“
Der reflexartige freiheitliche Verbaldurchfall mit den üblichen Schlagworten „Menschenhatz“, „Hexenjagd“, „anpatzen“ und „Schmutzkübelkampagne“ ist mittlerweile schon so skurril, dass er nicht einmal mehr zum Kopfschütteln animiert. Die Kärntner Landespolitik hat die Grenze vom Dreisten ins Absurde schon längst überschritten. Dass das hochverschuldete Land nun auch noch seinen letzten Brocken Würde verloren hat, kümmert FPK-Chef Uwe Scheuch indes wahrscheinlich wenig. Ihn wird wohl eher die Frage umtreiben, wie lange Strache sich seine korrupten Eskapaden noch leisten kann, ohne sein Wahlziel 2013 zu gefähren. Unterdessen ist das Einzige was mich an der Causa Birnbacher noch umtreibt: Wo bleibt eigentlich Karlheinz Grasser?
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