Freitag, 14. September 2012

Zu Risken und Nebenwirkungen..., oder: ein trauriger Blick ins Krone-Forum

Man braucht einen starken Magen, wenn man sich entschließt, seine Vorstellungen über die Verbreitung humanistischer Ideale über Bord zu werfen und im Onlineforum der Kronenzeitung zu blättern. Abgesehen von mangelnder Kenntnis der eigenen Sprache erschreckt bei den dort tätigen Postern vor allem ihre oft am Strafgesetzbuch kratzende Geisteshaltung. Keine Diskussion bleibt vom Furor jenes antisemitischen, antiislamischen und xenophoben Dauerdiskurses verschont, der auf www.krone.at geführt wird. Sogar wenn es um so banale Themen wie Verhütung geht, dreht sich die Diskussion im Wesentlichen nur um angebliche Überfremdung und „gebärfreudige Ausländerinnen“. Ein Poster mit dem Namen „junggebliebener“ meint dazu
Das eigentliche Drama ist, daß eine Schwangerschaft bei Frauen ohne Migrationshintergrund als Unglück hingestellt wird. Steht ein Plan dahinter?
Dass hinter allen möglichen Begebenheiten wohl ein Plan stecken muss ist überhaupt ein weit verbreitetes Denkschema im paranoiden Klub der Krone-Poster. Die Zeitung selbst bedient diesen Glauben nur zu gern. Dass Jörg Haider einem Attentat des Mossad zum Opfer gefallen sein könnte schreibt sie zwar nur mit Verweis auf entsprechende „Internetgerüchte“, die Diskussion im Forum ist dafür gleich viel eindeutiger. Der eine zeigt sich überzeugt davon, dass es ein Attentat gewesen sei und fragt sich, wie „2 türen herausfliegen [können], noch dazu wo eine türe praktisch unbeschädigt ist“. Manche Poster sind an Naivität wiederum kaum zu überbieten. Der User mit dem Namen „chmel-peter“ hat eine eigene Erklärung für die fehlende Zeitspanne zwischen der Abfahrt Haiders von seiner letzten Veranstaltung und dem Unfalltod: 
Ist schon Jemand auf die Idee gekommen, daß Haider eine Freundin hatte?
 Weniger drollig geht es zu, wenn Beiträge einen tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Konnex zu den Themen Islam und Judentum haben. Da reicht schon ein tragischer Vorfall in Stockholm, bei dem ein Betrunkener auf die U-Bahngleise fiel, von einem Zeugen ausgeraubt und schließlich vom herannahenden Zug überrollt wurde. Auf den Bildern der Überwachungskamera sieht man den Vorgang, mehr als das Geschlecht des Täters lässt sich aber nicht wirklich erraten. Die Krone-Gemeinde hat den Schuldigen aber natürlich bereits richtig verortet. Einer würde „ihn zum Ostblock zuordnen“, ein anderer meint:
Na eh klar - das war definitiv KEIN Schwede - sondern.... (neiiinnn ich bin nicht ausländerfeindlich) aber unsere nichtintegrierten Mitmenschen würden wahrscheinlich zu 90% das Gleiche machen.
Besonders grauslich wird die Diskussion, wenn etwa ein frustrierter Ex-Soldat in Wisconsin sechs Sikhs und einen Polizisten aus rassistischen Motiven erschießt. Der Täter, so heißt es, könne ja wohl auch nur ein Republikaner gewesen sein, mit Rassismus habe das nichts zu tun. Nur weil er ein Keltenkreuz tätowiert habe, heiße das nicht, dass er Neonazi sei. Dass über dem Kreuztattoo die Zahl „14“ - Synonym für die rassistische 14-Words-Formel - eingestochen ist, wird geflissentlich ignorriert. Ein User mit dem Pseudonym „derdeutsche“ spekuliert, dass einige „einfach ... aus[ticken], weil sie die Überfremdung nicht mehr ertragen können und Angst haben in 20 Jahren die Minderheit im eigenen Land zu sein.“ Er erhält dafür 21 zustimmende Klicks. Poster „panchovilla3858“ glaubt auch nicht an eine Verstrickung der Neonaziszene, die er liebevoll „neos“ nennt, denn die wüssten,„ das [sic!] der anschlag 9/11 ein vom cia insziniertes ding war. ich denke das war wieder einer von den geheimdiensten gekaufter mann wie halt in bologna u. sonst überall. wieder manipuliert sdie weltpresse.“ User „peto“ wiederum meint, der siebenfache Mörder könne „ ja zb auch Patriotisch angehaucht sein aber kein Nazi“ Ein anderer gibt noch mehr Grund zur Besorgnis:
Eines Tage werden wir uns auch wehren und lassen uns nicht alles gefallen.“  
Vor allem beim Thema Islam brennen bei vielen Krone.at-Postern die Sicherungen durch. Da wird etwa von User „schnicker“ gefordert, man solle Mekka „den erdboden gleich machen“ und in Richtung Muslime meint er: „ihr seid derzeit das krebsgeschwür nr...1“. Ein anderer sekundiert ihm mit der Aussage Muslime seien „ärger noch als die Pest und Aids zusammmen“.

Den Gruselfaktor überbieten können da nur noch Artikel mit antisemitischem Reizinhalt. Wenn die Krone etwa scheinheilig „Bewegend: Reich- Ranicki hält Rede zu Holocaustgedenken“ titelt, steigen ihre Jünger gleich ganz anders ein. Poster „gsteiermark“ fragt gleich wer denn „um die vielen Österreichischen und Deutschen Gefallenen“ trauere und den „Kriegerwitfrauen“ geholfen habe. Ein Antisemit mit dem Pseudonym „vorderwinkler“ schreibt gleich Tacheles:
Die Menschen haben es einfach satt sich von Juden schulmeistern und ständig belehren zu lassen. Man sollte sich einmal das Geflächt [sic!] von führenden Juden und Banken in Österreich einer Betrachtung unterziehen, da stehen einem die Haare zu Berge welche Netzwerke hier am Werk sind.
Ein weiterer meint, die Grünen sollten sich doch einmal fragen „wer wirklich die Welt regiert.“ Dem Poster mit dem Namen „mekong-tscharli“ fällt zum Holocaust nur das ein: „Das Opfer Geld ging schon vor dem 1. WW nach Übersee. Man liess schlaue Schafe sterben.“ User „landesclown“ stellt erneut die klassische antisemitische Kriegsgewinnlertheorie auf, wenn er fragt: „wer hat speziell in Östereich-Ungarn am 1 WK am meisten verdient? sicher keine Innuit oder Bototkuden, sondern unsere Juden“ In solchen Diskussionen machen gern Wörter wie „Holocaustindustrie“ die Runde. Wenn Juden aus antisemitischen Beweggründen ermordet werden kommen schon mal Sätze wie „ich kann mir gut vorstellen das der mossad sowas täglich macht“. Der User erhält für dieses Statement auch gleich 24 „stimme zu“. Wenn muslimische Einwanderer in Frankreich einen Juden entführen, grausam foltern und ermorden fällt so manchem Krone-Onlinekommentator nur sowas ein:
Juden waren die größten Schiffsausrüster für Sklavenschiffe in der karibischen Region.
 Benutzer „soya“ meldet sich im Forum zum selben Thema zu Wort: „Halli Hallo Ich bin kein Moslemi mag aber Juden trotzdem nicht.Ist das in Österreich vielleicht auch schon strafbar?“ Wieder 24 Zustimmungen. Nur manch einer verspürt scheinbar eine gewisse Zwiespalt, wenn Muslime Juden ermorden und entschließt sich spontan für die Seite des Opfers Partei zu ergreifen. Weil man aber immer noch im Krone-Forum ist, fällt das entsprechend so aus:
dieser dreckige Untermensch gehört ebenso zu Tode gefoltert wie er es dem armen unschuldigen Opfer angetan hat.Und danach möge er in der Hölle braten!
Dass die meisten Fans des Kroneforums aber lieber von beiden Religionen nichts wissen wollen, kann man lebhaft in der Diskussion zur Beschneidungsdebatte erfahren. User „guterfiatuno“ meint etwa, dass Hunde ja schon längst nicht mehr kupiert werden dürften, aber „die judenmuseln dürfen ihre säuglinge quälen“. Dem stimmen selbstverständlich gleich 27 weitere Krone-Leser zu. Benutzer „harei“ schlägt mit Unterstützung von 22 anderen vor, man könne 
bei manchen ein bisserl mehr wegschneiden, würde die Probleme für kommende Generationen lösen.
Im Online-Forum und auf den Kommentarseiten der Kronenzeitung tummelt sich ein in seiner Dreistigkeit und Verbalbrutalität abstoßendes Amalgam aus antisemitischen und ausländerfeindlichen Lesern, die entweder mit Hassmördern sympathisieren oder die Grenzen des Verbotsgesetzes ausloten. Beinahe tragikomisch wirkt die Angabe, das Forum werde moderiert. Wahrscheinlich verschwinden nur Postings, die auch der Krone massiv schaden könnten und in Richtungen gehen, die alle Pfade einer rechtsstaatlichen und humanistischen Gesellschaft längst verlassen haben. Dass all diese Leute ausgerechnet die Homepage der Krone zu ihrer „Heimseite“ erklärt haben, ist dabei wohl kaum ein Zufall. Das rechtskonservative Boulevardmedium bedient nicht nur den Massenmarkt der verborten Veränderungsverweigerer, sondern auch diejenigen Teile der Gesellschaft, die revisionistische, neonazistische, judenfeindliche, xenophobe, antiislamische oder geschichtsklitternde Ansichten vertreten. Nicht zu Unrecht gewann der Standard 2004 einen Prozess gegen die Krone, nach dem er sie als antisemitisch bezeichnet hatte. Auf ihrer Internetseite postet schließlich niemand anderes, als ihre geistige Brut, die sich wie ein Haufen Schweine in ihrem eigenen Dreck sult. Wer seinen Glauben an die Menschehit nicht vollends verlieren möchte, sollte dort jedenfalls nicht zu oft vorbeischauen.

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