Dienstag, 28. August 2012

Wider die Wehrpflicht, oder: warum Sie für ein Berufsheer stimmen sollten.

Die Regierungsparteien wollen das Volk zur Wehrpflicht befragen. Nachdem der mächtige niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll zunächst eine Volksabstimmung verlangte und dabei von seinen ÖVP-Amtskollegen Platter, Wallner und Pühringer sekundiert wurde, haben sich Schwarz und Rot darauf geeinigt im Jänner 2013 eine Volksbefragung (gem. Art. 49b B-VG) abzuhalten. Wie stehen die Politischen Parteien zur Kernfrage der militärischen Landesverteidigung und wie sinnvoll ist die Wehrpflicht heute noch?

Am 7. September 1955 beschloss der Nationalrat der gerade erst wieder souveränen Republik Österreich ein neues Wehrgesetz. Das Bundesheer wurde wiederaufgestellt und die Wehrpflicht eingeführt. Das Gesetz war das Ergebnis eines großkoalitionären Kompromisses. Die ÖVP wollte das Heer, die SPÖ zeigte sich unter der Prämisse der Wehrpflicht einverstanden. In den Köpfen vieler Sozialdemokraten geisterte noch der Feber '34, als die christlichsozialen Heimwehren gemeinsam mit dem Berufsheer auf Gemeindebauten geschossen hatten. Ein Heer, das sich aus allen Bevölkerungsschichten speist, so die Überlegung, werde nicht auf einen so wesentlichen Bevölkerungsteil wie die Arbeiterschaft schießen. Die Dauer des Präsenzdienstes wurde auf neun Monate festgelegt.

Die Diskussion im Parlament gestaltete sich heftig. Der Wortführer der Kommunisten Ernst Fischer warf dem damaligen Abgeordneten und Späteren Bundeskanzler Gorbach vor er sei der „Schutzengel des Geistes von 1934“. Die KPÖ verlangte eine Volksabstimmung, was SPÖ und ÖVP - mit im Lichte der derzeitigen Diskussion durchaus interessanten Argumenten  - dezidiert ablehnten:
„Die beiden großen politischen Parteien stimmen in der Auffassung überein, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Volksabstimmung über den Wiederaufbau einer Wehrmacht fehlen und daß eine solche gänzlich überflüssig ist, weil zweifelsohne mehr als 50 Prozent der Stimmberechtigten dem Aufbau einer neuen Wehrmacht im Sinne der allgemeinen Wehrpflicht ihre Zustimmung geben würden.“ Alfons Gobach
Auch der FPÖ-Vorgänger, der Verband der Unabhängigen (VdU), wetterte gegen die geplante Wehrpflicht. Durch die Bestimmungen des Staatsvertrages habe Österreich gar nicht die Möglichkeit sich militärisch wirksam zu verteidigen, zumal die Alliierten nicht nur die Beschaffung und Herstellung von Atomwaffen, Torpedos und U-Booten, sondern auch jeglicher raketengetriebener Waffen, worunter etwa auch die Panzerfaust falle, verboten hätten. Der ehemalige Wehrmachtsoberst und nunmehrige VdU-Abgeordnete Stendebach gab sich abseits des eigentlichen Themas außerdem „fest überzeugt, daß Hitler keinen Weltkrieg wollte“.

Das Lamentieren half nichts, die Wehrpflicht wurde eingeführt. Alle von 1929 bis 1937 Geborenen entgingen als sogenannte „weiße Jahrgänge“ der Musterung. Das Berufspersonal setzte sich aus Angehörigen der sogenannten B-Gendarmerie sowie ehemaligen Offizieren des Heeres der Ersten Republik und der Wehrmacht zusammen, wobei letztere einen Rang unterhalb ihres letzen Dienstgrades eingestellt wurden. Der Staatsvertrag verbot außerdem die Aufnahme von Offizieren, die in der Wehrmacht über dem Rang eines Obersten firmiert hatten.

Die Wehrpflicht blieb unangetastet, bis Kreisky mit dem Slogan „sechs Monate sind genug“ in die Wahl zog, um den Präsenzdienst schließlich um einen auf acht Monate zu verkürzen. Mussten Wehrdienstverweigerer zunächst noch glaubhaft machen, dass sie unter keinen Umständen Dienst an der Waffe tun wollten, um diesem zu entgehen, wurde für sie 1975 der Zivildienst eingeführt. Dieser dauerte zunächst auch acht Monate, wurde wegen überbordender Beliebtheit aber schrittweise auf ein Jahr ausgedehnt. 2006 erfolgte schließlich die Kürzung von Wehr- und Wehrersatzdienst um drei auf neun bzw. sechs Monate.

Als der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlkampf 2010 anstand und Michael Häupl die junge, männliche, urbane Schicht ansprechen wollte, warf er die schon zuvor immer wieder diskutierte Abschaffung der Wehrpflicht erneut aufs Tablett. Die Kronenzeitung, die sich dem Thema dankbar angenommen hatte, gewann schließlich auch SPÖ-Verteidigungsminister Darabos für den Plan das Bundesheer in ein Berufsheer umzugestalten. Er kündigte an mehrere Varianten vorzulegen, die Krone behauptete es würden sieben werden. Angeblich waren es ursprünglich aber nur fünf Vorschläge für eine Heeresreform, bis man sie der Krone zuliebe um zwei ergänzte. Man darf das mächtigste Medium des Landes ja nicht Lügen strafen. Generalstabschef Entachter bekundete vorsichtig seine Sympathie für das bestehende System, woraufhin ihn der Minister in einem Anfall von Vertrauensverlust entließ. Die Dienstrechtskommission fand diesen Schritt schließlich ebenso falsch wie zuvor die Öffentlichkeit und der Bundespräsident, ein erklärter Befürworter des derzeitigen Wehrsystems. 
Nach und nach wurde die Diskussion dann wieder leiser und schlief schließlich fast völlig ein. Bis zu jenem Bäuerchen aus St. Pölten, das innerhalb von zwei Tagen zum Bekenntnis von Vize- und Kanzler zur direktdemokratischen Abklärung der Frage führte. Der Verteidigungsminister gibt sich naturgemäß zufrieden. Auch wenn es ihn vielleicht traurig stimmt, dass ein schwarzer Landeshauptmann mehr ausrichten konnte, als all seine Bemühungen und Pilotprojekte.

Interessanterweise sind heute die parteipolitischen Positionen zur Wehrpflicht diametral andere als 1955: Die ÖVP hat sich mittlerweile zur größten Freundin des Präsenzdienstes entwickelt, während die Begeisterung der Sozialdemokratie für das Heerespflichtmodell ebenso abgenommen hat, wie die Angst vor einem neuen Bürgerkrieg. Dass auch die Freiheitlichen nun eine andere Meinung vertreten als damals, überrascht wiederum wohl die wenigsten. Heinz-Christian Strache bekennt sich „aus tiefster Überzeugung“ zur Wehrpflicht. Während die KPÖ, außer die Steirer, heute niemanden mehr interessiert, bekennen sich Grüne und BZÖ sowohl zur Befragung des Volkes, als auch zur Freiwilligenarmee.

Doch was ist mit den Argumenten für und wider ein Berufsheer? In der Tat ist der Präsenzdienst nicht mehr zu rechtfertigen, auch wenn er erprobt und unterm Strich wohl auch günstiger sein mag. Er stellt aber einen, wenn auch zeitlich begrenzten, so doch massiven Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit sowie der Freiheit der Berufswahl dar. Außerdem ist Art. 9a Abs. 3 B-VG klar geschlechterdiskriminierend:
„Jeder männliche Staatsbürger ist wehrpflichtig. Staatsbürgerinnen können freiwillig Dienst im Bundesheer als Soldatinnen leisten und haben das Recht, diesen Dienst zu beenden.
Man könnte meinen, dass das in einer Zeit, in der sogar eine geschlechtsverschiedene Gebührenregelung für die öffentlichen Bedürfnisanstalten der Bundeshauptstadt die Gemüter erhitzt, in der Diskussion eine gewisse Rolle spielen würde, tut es aber nicht. Scheinbar herrscht die Überzeugung vor, dass um 50 Cent höhere Häusltaxen für Frauen diskriminierender sind, als sechs/neun Monate Zwangsarbeit für Männer. Abgesehen davon ist auch die Ungleichbehandlung von Zivil- und Präsenzdienern in Wahrheit eine bodenlose Frechheit. Besonders dreist ist dabei das Argument, man könne die Wehrpflicht nicht abschaffen, weil dann das Sozialsystem aufgrund der wegfallenden Zivildiener leiden würde. Jahrzehntelang hat man den Zivil- als „Wehrersatzdienst“ kleingehalten, dessen Absolventen schlechter bezahlt, zu längerer Dienstzeit verpflichtet und zum Dank hinterher oft genug als Menschen zweiter Klasse behandelt. Wer jetzt kein Berufsheer schaffen will, weil er um die Sozialversorgung in den Altersheimen fürchtet, setzt dieser Heuchelei die Krone auf.

Das Modell der Wehrpflicht hat sich in Wahrheit schon lange überlebt. Der Kalte Krieg ist seit über 20 Jahren vorbei, alle Nachbarländer Österreichs sind in der EU, im EWR oder zumindest neutral. Dass überhaupt an der militärischen Landesverteidigung festgehalten wird, kann realpolitisch mittlerweile nur noch durch Auslandseinsätze und Katastrophenhilfe gerechtfertigt werden. Dass letztere - wie die ÖVP behauptet - von einem Berufsheer nicht ebenso umfassend geleistet werden könne, wie durch Präsenzdiener ist eine Mär. Die 450 Soldaten, die zuletzt in der Steiermark zum Assistenzeinsatz aufgeboten wurden, wird eine Freiwilligenarmee wohl auch stellen können. Dass man dafür ein Technisches Hilfswerk“ schaffen sollte, wie es in Deutschland besteht, ist genauso verfehlt. Nur weil man bei unseren nördlichen Nachbar seit 1945 in allen Fragen des Militärs unter paranoider Schizophrenie leidet, muss das bei uns nicht unbedingt nachgeahmt werden. Professionalisierte Verbände, die Freiwillige für zwei oder drei Jahre verpflichten und diese dann beim Einstieg in zivile Berufe unterstützen, können Gleiches, wenn nicht gar Besseres leisten, als ein Heer von 18-jährigen Teilzeitalkoholikern mit eintägiger Schussausbildung.

Am Ende wird die Zukunft der Landesverteidigung an den Urnen entschieden. Die Tatsache, dass die Wahlbeteiligung bei älteren Menschen tendenziell höher ist und diese in der Mehrheit wohl eher als Anhänger der Wehpflicht bewertet werden können, könnte den Ausschlag zur Beibehaltung des jetzigen Systems geben. Sollte es aber eine signifikant höhere Wahlbeteiligung unter den jüngeren Wählern geben, wird diese vermutlich vor allem unmittelbar und ehemalige Betroffene, also Männer einschließen, die in der Tendenz einem Berufsheer wohl eher positiv gegenüberstehen. Gleichzeitig könnte man darauf spekulieren, dass die Ablehnung der Wehrpflicht bei Frauen mittleren und höheren Alters, also potentiellen Müttern von zukünftigen Soldaten/Gefallenen, höher sein dürfte, als bei Männern dieser Altersgruppe.
Interessant wird vor allem auch die Rolle der Volksbefragung im Vorwahlkampf. Schließlich wird das Abstimmungsergebnis jeweils einer der beiden Großparteien unmittelbar als Niederlage bzw. Triumph ausgelegt werden. Die FPÖ könnte sich mit Blick auf ihre Kernwählerschicht, die sich zu einem bedeutenden Teil aus jungen, schlecht ausgebildeten Männern rekrutiert, in der Diskussion zurückhalten. Dass sie für die Beibehaltung der Wehrpflicht eintritt, dürfte dort nicht überall auf ungeteilte Gegenliebe stoßen. Während die Grünen mit Wehrpolitik traditionell weder viel anfangen noch viel gewinnen können, ergibt sich für das BZÖ eine Gelegenheit, sich als Befürworter eines Freiwilligenheeres von den Freiheitlichen abzugrenzen. Was Frank Stronach zur Wehrpflicht sagt, ist indes mangels Parteiprogramm noch nicht bekannt, vermutlich ist ihm die Entscheidung wurscht, solange die Soldaten in Zukunft in Schilling bezahlt werden.

Montag, 13. August 2012

Die Strohsack-Partei, oder: Frankie Boys Heimkehr

Der Gründer von Magna International hat den Inbegriff des amerikanischen Traums erlebt, in Kanada. Mit gerade einmal 200 Dollar wanderte er als Franz Strohsack ein, mit Milliarden auf dem Konto kam er als Frank Stronach in den 80ern nach Österreich zurück. Seitdem hat er zweifelsohne etliche Arbeitsplätze in seiner alten Heimat geschaffen, aber auch einen Haufen Staub aufgewirbelt. Neuerdings will er sogar seine eigene Partei gründen.

Die Rückkehr Stronachs nach Österreich ist wohl zu vergleichen mit der eines Bauernsohnes, der als gemachter Mann in sein Heimatdorf kommt und dort fortan den großen Zampano gibt. Frank Stronach hat von vornherein klar gemacht: Er braucht Österreich nicht, Österreich braucht ihn. Nachdem er einen der weltgrößten Autozulieferer aus dem Nichts gestampft hat, will er nun sein Herkunftsland mit den Erfahrungen beglücken, die er in Übersee machen konnte, sprich: Freie Marktwirtschaft. Dabei waren seine Versuche, auf heimatlichem Boden erneut Fuß zu fassen zunächst eher von wechselndem Erfolg gekrönt. Die Übernahme der Voest scheiterte ebenso wie die von Opel, dafür schluckte er die Steyr-Werke. Sein Engagement als Fußballsponsor zeigte bei der Austria Wien ebenso wenig durchschlagende Ergebnisse, wie beim SC Wiener Neustadt. Stronachs Vision, Österreich im WM-Finale zu sehen, blieb gleichfalls heiße Luft. Eine kolportierte Bewerbung um die österreichischen Casino-Lizenzen kam auch nicht zustande. Der Vergnügungspark, den er in Ebreichsdorf errichten wollte, wurde ebenso nie gebaut, wie die Sportarena in Rothneusiedl, mit der auch die U1-Verlängerung dorthin starb. Vom geplanten Red-Bull-Konkurrenten mit dem bescheidenen Namen „Frank’s Energy Drink“ und der geplanten „Stronach-Klinik“ am AKH hat man auch nichts mehr gehört. Selbst der Erfolg von umgesetzten Projekten ist beschränkt. Das Interesse an der, vom Industriellen gebauten Pferderennbahn (Magna Racino) etwa, hält sich in recht engen Grenzen.

Auch in die österreichische Politik mischte sich Stronach beizeiten ein. Nach dem Motto „divide et impera“ beschäftigte er sowohl den ehemaligen Erfolgsfinanzminister Grasser, als auch den EX-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Andreas Rudas, Onkel der aktuellen Geschäftsführerin. Altkanzler Vranitzky sitzt im Aufsichtsrat. EX-Verkehrsminister Reichhold wurde trotz schwachem Herzen als Berater engagiert. Und auch Peter Westenthaler fand milde Aufnahme in Stronachs Umfeld. Er war für dessen Fußball-Interessen zuständig und soll später, in die Politik zurückgekehrt, eine „Sonderförderung“ für den heimischen Ballsport organisiert haben, was später auch die Staatsanwaltschaft interessierte, Hausdurchsuchung inklusive. In Kanada kandidierte Stronach einst selbst für die Liberalen, unterhielt aber auch Kontakte zu den Konservativen, für die seine Tochter im Parlament saß, bis sie selbst zu den Liberalen wechselte. Wankelmütigkeit scheint ein stronachsches Manko zu sein.

Nun möchte der Strohsack Franz seine eigene Partei gründen, auch wenn er das lange halbherzig dementiert hat. Die finale Ankündigung machte er schließlich - besonders feinfühlig - in einem deutschen Magazin. Mag auch sein, dass er den heimischen Medien nicht mehr traut, seit Lou Lorenz-Dittlbacher sich erdreistet hat, seinen Monolog in der ZIB 2 mit Fragen zu unterbrechen. Überhaupt kann Stronach recht ungehalten werden, wenn die Leute nicht sofort begreifen wollen, dass er sie nicht braucht, sie aber ihn. Die generöse Masche des amerikanischen Milliardärs, der der Gesellschaft etwas „zurückgeben“ möchte, lebt er mit Leib und Seele. Die Leute sollen sich außerdem eine Scheibe von seinem Erfolgskuchen abschneiden. Während die Österreicher von der sozialen Marktwirtschaft verhätschelt und vom Obrigkeitsstaat gewindelt wurden, hat er im rauen Kanada sein Glück gemacht.

Stronach will nun das Rezept des schlanken Staates auf Österreich umlegen. Seiner Meinung nach gibt es viel zu viele Beamte und Regeln, die Steuern sind ihm auch zu hoch. Das mag auch der Grund sein, warum sein Privatvermögen längst im Schweizer Niedrigsteuerkanton Zug residiert. Munter propagiert er währenddessen in seinem Steirenglisch das strikte Leistungsprinzip. Im Weltbild des Frank Stronach sind die, die zurückbleiben, nicht arm, sondern faul. Genauso faul nämlich, wie die EU-Staaten, die über ihre Verhältnisse gelebt haben und nun am Brüsseler Geldtopf hängen. Stronachs Lösung für dieses Problem ist wiederum simpel: Der Euro gehört abgeschafft. Man könnte schon versucht sein die Augenbrauen aufzustellen, wenn ein Milliarden-Tycoon, der etwas von Wirtschaft verstehen sollte, mit einem Wimpernschlag die zweitwichtigste Währung der Welt und den wirtschaftlichen Zusammenhalt eines ganzen Kontinents opfern würde, nur um den Schilling wieder einzuführen. Dass man den dann wie ehedem an eine deutsche Leitwährung Koppeln müsste - was nicht unbedingt mehr volkswirtschaftliche Freiheit mit sich brächte -, dass es vermutlich zu einer massiven Geldentwertung, zu horrenden Kreditverlusten - Wer möchte Euroschulden in Drachmen zurückbekommen? - und letztendlich womöglich zum Zusammenbruch der EU kommen könnte, interessiert den gelernten Werkzeugmacher aus Weiz hingegen wenig. Auf seinen Fahnen steht ganz groß „Schilling“.

Stronachs EU- und Euro-Skepsis ist es denn auch, die ihm die meisten seiner potenziellen Mitstreiter vergrault hat. Der Magna-Manager Siegfried Wolf will mit Frankie‘s Partei ebenso wenig etwas zu tun haben, wie die vielen verdrossenen ÖVP-Politiker, die er angeblich schon alle um Mitarbeit gebeten hat. Außerdem hat sich sogar das außerparlamentarische LIF wegen Stronachs Europapolitik nicht einkaufen lassen wollen. Auch BZÖ-Chef Bucher zeigte keine Bereitschaft seine Partei ein Jahr vor den Nationalratswahlen zu verlassen. Zu seiner Verbitterung muss der Austro-Kanadier nun feststellen, dass sich selbst bei den Orangen nicht alle kaufen lassen. Deshalb tritt er nun gleich selbst als Spitzenkandidat an. Das ist für ihn und sein Bündnis wahrscheinlich ohnehin die beste Lösung. Stronach ist weder für seine Kritikfähigkeit noch dafür bekannt, sich still im Hintergrund zu halten. Als Präsident der Austria Wien verschliss er immerhin ein Dutzend Trainer. Da ist es wohl das Vernünftigste, wenn er seine Politmannschaft gleich selber anführt.

Man kann heutzutage niemandem böse sein, der ob des professionellen Dilettantismus der österreichischen Politik in Rage gerät. Wenn aber Herr Stronach in der Zeit im Bild seinen Frust auf Gott und die Welt ablässt, fragt man sich schon, warum er sich nicht auf sein Altenteil auf die Seychellen oder Mauritius zurückzieht. Frank Stronach will gebraucht und bewundert werden. Österreich soll sich an ihn erinnern, wenn er einmal nicht mehr ist. Sein Ziel ist es offensichtlich Spuren zu hinterlassen. Sein Problem ist, dass er Österreich nicht kennt. Er hat Jahrzehnte im Ausland verbracht und bei seiner Heimkehr ein politisches Gruselkabinett aus Kungelei und Korruption vorgefunden, in das er sich zunächst mit seinen umfassenden Parteikontakten selbst einfügen wollte. Dass man im Heimatland des Austrokeynesianismus zwar gern sein Geld nahm, aber auf seine wirtschaftslibertären Ansichten lieber verzichtet, stößt ihm nun sauer auf. Stronach hat - abgesehen von seinem Zuger Vermögen, das ihm angeblich 200 Millionen an Steuern gespart hat - in Österreich einen Patzen Geld liegen lassen. Die Gegend um seinen Heimatort hat er mit Magnafabriken nur so zugepflastert. Doch mit seinem Drang Monumentales zu hinterlassen ist er bisher glorios gescheitert. Von den hochtrabenden Träumen des Strohsack Franzl, der auszog etwas zu werden und tatsächlich jemand wurde, bleiben bisher nur die Fabriken und eine Pferderennbahn in der Pampa. Das will Frankie Boy nun ändern. Mit EU-Skeptizismus kann man in Österreich Stimmen fangen, das hat er begriffen. Vermutlich wird er auch intelligent genug sein, sich dabei nicht mit der populistischen Selbstzerstörungsmaschine Hans-Peter Martin einzulassen. Dass die Österreicher aber unwahrscheinlich Staatsgläubig sind, will er entweder nicht wahrhaben oder ändern. Ja, man kann hierzulande auf die Beamten schimpfen, auf die EU und auf die Politiker, von den Österreichern aber mehr Eigenverantwortung und weniger Staat zu verlangen ist eine Strategie, die ordentlich nach hinten losgehen kann. Die Leute wollen sich beschützt und abgesichert fühlen. Österreich ist eben nicht Kanada und schon gar nicht die USA.

Vielleicht wird es der neuen Partei aber früher oder später so ergehen, wie den anderen teuren Spielzeugen des schwerreichen Mannes mit dem reichlich schweren Akzent. Vielleicht wird er sie einfach irgendwann fallenlassen, wie die Austria und all die anderen Projekte, weil alles nicht so geht, wie er sich‘s vorgestellt hat. Zumindest in diesem Punkt ist der Rückwanderer wieder zuhause angekommen: Österreich ist das Land der unvollendeten Pläne.