Die GRAS-geführte ÖH der Universität Salzburg finanziert
Studierenden die Fahrt zur Anti-Akademikerball-Demo nach Wien und sieht darin kein Problem. So manche selbstgerechte
Linke sehen das genauso.
Gleich vorweg, ich mag die FPÖ nicht und die
Burschenschafter noch weniger und den „Akademikerball“ sehe ich als eine Beleidigung für
mein Diplom. Sowas muss man ja sagen, weil man sonst den Mief des Rechten an
sich haften hat oder gleich von irgendwelchen ganz Kritischen als
hinterwäldlerischer Bobo beschimpft wird. Dieser Ball und seine Tänzer gehen
mir also geflissentlich am Allerwertesten vorbei und auch als heuer wie jedes
Jahr die öffentliche Diskussion um ihn hochgekocht ist, habe ich mich auf
ein paar Tweets beschränkt und ansonsten die Nazis Nazis und die Spucker
Spucker sein lassen. Ich war gegen den Ball, bin aber zur Gegendemo nicht
hingegangen, weil mich die Leute anzipfen, die schon Wochen davor die StPO
auswendig lernen, damit sie den „staatlichen Repressionsbehörden“, so heißt
neuerdings die Polizei, auch ja Paroli bieten können. Ich mag es auch nicht,
dass man den Verfassungsschutz - dessen Arbeit man durchaus kritisieren kann -
so hinstellt, als wäre er die Gestapo und sein einziger Zweck die armen
Antifaschist_innen zu unterdrücken. Und bevor ich auf dieser Demo plötzlich
neben Leuten stehe, die anderen Menschen, welche politische Einstellung sie
auch immer haben mögen, ins Gesicht spucken, verzichte ich lieber vorweg.
Aber wenn man dann erfährt, dass die ÖH-Salzburg
ihren Studenten, zunächst war von allen Salzburger_innen die Rede, die
Fahrtkosten zur Demo erstattet und deren Vorsitzender Hofbauer - vom Falter
völlig zu Recht als Dolm der Woche gekürt - das mit plumpen Ausreden rechtfertigt,
kommt man als Demokrat doch ordentlich ins Schwitzen. Die ÖH-Salzburg, so deren Chef,
könne es ja nie allen Recht machen, die Fahrtkostenerstattung sei völlig in
Ordnung. Einige wagten es zu widersprechen, für die Ex-ÖH-Politikerin Sigi
Maurer geht da schon die Welt unter:
„ich glaub ich bin im falschen film. die ÖH ist gewählte interessensvertretung mit der aufgabe, service UND politik zu machen.“
Dass sich GRAS, Vsstö und andere Listen der nicht
sonderlich gestalterischen Gesellschaftspolitik verschrieben haben ist ja nun
nichts Neues. Aber ist das wirklich ein Argument dafür, nicht nur kritisch zu
hinterfragen, sondern sogar öffentliche Gelder in eine Aktion gegen eine andere
politische Gruppierung zu stecken? Immerhin haben die ÖVP-Innenministerinnen
letztlich nichts anderes gemacht, als sie - wie die Grünen vermuten -
parteinahe Agenturen mit staatlichem Geld bedachten um sich dann von ihnen
Wahlkämpfe managen zu lassen. Und was ist eine öffentlich kofinanzierte politische Demonstration letztlich anderes als Parteienfinanzierung über die Hintertür? Aber das Argument zählt ja nicht, denn die FPÖ
ist schließlich ein Sonderfall. Sie steht ja - diese Meinung kann man zu Recht
vertreten - außerhalb des Verfassungsbogens. Und in diese Kerbe schlägt auch
Sigi Maurer wenn sie auf Twitter empört nachfragt:
„aja. rechtsextreme sind ja einfach nur politische gegner, richtig? schon mal was vom antifaschistischen grundkonsens gehört?“
Aha. Die ÖH-Salzburg und Sigi Maurer entscheiden also neuerdings, wie
der antifaschistische Grundkonsens der Zweiten Republik auszulegen ist.
Vielleicht demonstriert man ja bald mit ÖH-Geldern gegen die rot-schwarze Regierung, weil ihr
neues Staatsbürgerschaftspaket das Problem mit dem Fremdenrecht überhaupt nicht
löst und heute sowieso schon fast alles irgendwie faschistisch ist. Die „Rote Fahne“ auf Twitter hält etwa den völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg der
USA für „Imperialen Faschismus“. Zahlt die ÖH dann auch Tickets für Demos vor
der US-Botschaft?
Die ÖH begreift offenbar gar nicht wie problematisch die von
ihr beanspruchte Definitionshoheit über die Frage „Was ist noch Politik und was
schon Wiederbetätigung?“ ist. Ja, auf diesem Ball treffen sich etliche
Neonazis, von Akten der Nationalsozialistischen Wiederbetätigung während der
Veranstaltung sind aber keine Berichte bekannt. Außerdem wäre es die Aufgabe der unabhängigen Gerichte über solche Vorfälle zu entscheiden. Wo kommen wir hin,
wenn jeder eine Veranstaltung prophylaktisch als faschistisch bezeichnen und
ihre Bekämpfung damit zum öffentlichen Interesse erklären kann?
Was sollen Rechtsextreme außerdem anderes sein,
als politische Gegner? Von ÖVP, SPÖ und Grünen kann man ja als „Mitbewerber“
sprechen, wenn man die FPÖ-Politiker Gegner nennt, sollte das ja eigentlich
schon das schärfste Vokabel sein. Was liegt denn jenseits von Gegnerschaft?
Feindschaft? Sind das Leute, die man mit Gewalt bekämpfen muss? Wenn ja, dann
haben jene, die diese Meinung vertreten, das gemeinsame Dach der Verfassung selbst
verlassen. Gewalt ist in einem demokratischen System dem Staat, und nur ihm,
vorbehalten. Oder sind Freiheitliche gar Un- oder Untermenschen? Wer die
Diktion vom Gegner gegen noch härtere Formeln austauschen möchte, sollte
vorsichtig sein. Er bewegt sich damit womöglich selbst in braunen Fußstapfen.
Und einmal ganz abgesehen von all den Argumenten,
die vernunftmäßig gegen die politische Querfinanzierung der ÖH sprechen: Wer
überprüft eigentlich, ob die Wien-Tickets die zur Refundierung eingereicht
wurden auch von Demonstranten stammen und nicht von Leuten, die sich auf
öffentliche Kosten ein schönes Wochenende in der Bundeshauptstadt finanzieren
haben lassen?
Es ist auch traurig zu sehen, dass man offenbar
mit gewissen Vertreter_innen der Linken keinen kritischen Diskurs führen kann,
ohne gleich als bourgeoiser Repräsentant eines repressiven Systems abgekanzelt zu
werden. Denkt doch einmal selber nach: Ihr habt Gelder des Staates - und das sind die
ÖH-Mittel nun einmal - verwendet, um gegen eine Veranstaltung zu
mobilisieren, die ihr - zu Recht - für politisch haltet und - auch zu Recht -
kritisiert. Aber was wäre, wenn die Bundesregierung morgen eine Demo gegen die FPÖ
veranstalten und mit Bier und Würstel aus dem Staatshaushalt unterstützen
würde? Was würde dann die FPÖ, sollte sie, was wir alle nicht hoffen, an die
Regierung kommen, daran hindern, selbst auf Kosten der Republik ein paar Jubelperser
gegen die Grünen zu mobilisieren? Parteipolitik - für wie moralisch gerechtfertigt man sie auch halten mag - zum förderungswürdigen Staatsinteresse zu machen ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Von Demokraten hätte ich mir mehr erwartet.