Freitag, 31. Dezember 2010

Das war das Jahr 2010, ich sag: Auf Nimmerwiedersehn!

Da ich bereits letztes Jahr ein ganzes Jahrzehnt ausgeschlachtet habe, bleibt mir heuer nur noch 2010 übrig, aber das reicht ja eigentlich schon um zehn Jahre lang den Kopf zu schütteln.

Da haben sich in Deutschland zum Beispiel eine Bischöfin als Alkofahrerin und ein hysterischer Bundesbanker und Hobbyrassist zu moralischen Instanzen hochgeschwungen. Nun ja, Thilo Sarrazin ist nur moralische Leitfigur für jene, die sich davor fürchten, dass in Bälde der Muezzin sein Gebet von den Türmen des Kölner Doms singt. Mir zumindest wäre das lieber, als weiterhin diesem unsympathischen Gör, das ein TV-geiler Exmetzger nach Oslo geschickt hat, zuhören zu müssen. Auch wenn sich Lena Meyer-Landrut damit angeblich in die Herzen ihrer Landsleute trällert, bei mir beißt sie auf Granit und hält ihren Beliebtheitsgrad auf der Höhe von Stuttgart 21. Die Bahnhofsoffensive der Deutschen Bahn stößt bei deren baumliebenden Kundschaft nämlich auf genauso wenig Gegenliebe wie Fräulein Meyer-Dingsbums Satellitengeplärre bei mir. Auch, dass die Polizei mit Wasserwerfern die Menge blind... äh... blind in die Menge geschossen hat, erhöhte die Zustimmung zum Jahrhundertbauprojekt der DB nicht wirklich. Solche Dinge sind in der Schweiz natürlich nicht möglich. Erstens weil sie gleich totgestimmt würden und zweitens, weil dort kürzlich die Bauordnung verschärft wurde. Gleichzeitig verspürte das eidgenössische Stimmvolk noch das Bedürfnis das humanitäre Völkerrecht überzustrapazieren. Jetzt werden kriminelle Ausländer - das sind auch jugendliche Ladendiebe - in Helvetien bald schneller abgeschoben, als Arigona Zogaj ihre Rehaugen in die Kamera halten kann oder kosovarische Zwillinge vor Reportern eine Träne verdrücken. Ich wäre natürlich der Letzte, der behaupten würde, dass heute dort ein Schubhaftzentrum steht, wo früher mal Mizi Fekters Herz geplant war, aber ihre schmalen Lippen strahlen doch eine Spur von Wärme aus, die selbst eine Infrarotkamera nicht mehr aufnehmen könnte. Nichts im Vergleich zu Fekters Menschlichkeit ist aber der Humanismus, den der heuer wieder einmal verurteilte Dichter des deutschen Vaterlandes und Holocaustforscher Gerd Honsik vertritt. Als Opfer der israelfreundlichen linkslinken Gutmenschenpresse und Neffe von Amon Göth hat man es natürlich nicht leicht, selbst wenn man an den Buchtitel „Freispruch für Hitler“ noch ein Fragezeichen dranhängt. Honsik wird dem Landesgerichtlichen Gefangenenhaus zu Wien noch zusätzlich zwei Jahre treu bleiben, was für ihn ideologiegemäß sicher auch Ehre heißt. Die Welt wird auf sein ceterum censeo iudaeorum warten können. Vermissen wird es dieses allerdings sicherlich aus der Feder von Cato, dem allseits geliebten nationalen Schmierfink, der plötzlich aufhörte für die Kronenzeitung zu schreiben. Ob dies unmittelbar mit dem Tod von Hans Dichand zusammenhängt ist nicht ganz klar. Wie alle guten Menschen lebte er besonders lang, um uns seine freundlichen, integrativen und sensiblen Worte mit auf den Weg zu geben, die nur so vor journalistischer Neutralität strotzten. Dichand mochte zwar die armen Viecherl, aber die Ausländer halt nicht so. Philanthropischer zeigte sich dafür die Weltgesellschaft und zwar gegenüber dem karibischen Armenhaus Haiti und der überschwemmten Terrorhochburg Pakistan, denen man fleißig pekuniäre Versprechungen machte. Ob überwiesen wird überprüft zum Glück ja keiner. Das haitianische Erdbeben hat Todeszahlen in der Höhe der Einwohnerschaft von Linz gefordert und 1,3 Millionen Menschen obdachlos gemacht. Weil das aber eh alles nur Schwarze waren, war das für die Medien lange nicht so schlimm wie der Krebs von Michael Douglas, oder dass sein drogendealender Sohn im Häfen sitzt. Wie übrigens auch immer noch Helmut Elsner, dem man die zehrenden Folgen der Haft nicht unbedingt ansah, als er - verkleidet als Werbefigur der Firma Micheline - vor einem Fünfersenat des Obersten Gerichtshofes zu seinem Rundumschlag gegen die Justiz ansetzte. Die war währenddessen vorwiegend damit beschäftigt alle Freunde von Karlheinz Grasser - nämlich drei - abzuhören. Selbiger hat bei diversen Erinnerungslücken ausgeholfen und moralisches Gewand angeboten, wenn da mal einer supernackt war. Und auch wenn, wie immer, die Unschuldsvermutung gilt, so war die Veröffentlichung der Abhörprotokolle im Falter doch eine gewisse Pleite in den Bemühungen der grasserschen Anwaltschaft und der Kronenzeitung den armen Exfinanzminister als Opfer einer medialen Hexenjagd darzustellen. Wie sich moralischer Bankrott so anfühlt wissen aber weder Grasser, noch die Finanzpolitiker aus Griechenland, weil man Verlust erst kennenlernt, wenn man zuvor besessen hat. Und ähnlich wie mit der Moral verhält es sich auch bei den hellenischen Staatsfinanzen, die nicht mehr im Lot waren, seit Athen die attische Bundeskasse geplündert hat. Zumindest hat man mit den Massenspenden an diverse EU-Schützlinge angeblich den Euro gerettet. Irland und Island haben ihr Geld wenigstens nur für ihre aufgeblähten Finanzmärkte aufgewendet. Griechenland und Portugal aber sind nicht nur pleite, sondern auch korrupt und von Vetternwirtschaft zerfressen. Apropos ÖBB: Die haben ja einem dieser Grasserfreunde 100.000€ dafür bezahlt, dass er sich den Namen Railjet hat einfallen lassen - heureka. Aber gar nichts gegen die Unsummen, die man für andere Notwendigkeiten - wie eine Feng-Shui-Beratung durch die Gattin eines Managers - aufgewendet hat. Immerhin bewegt sich der Railjet wirklich durch Österreich - mit bis zu 200 km/h, wie die ÖBB schreiben, und zwar ein paar Kilometer lang kurz vor Linz. Nicht einmal das konnte man aber von diversen echten Jets behaupten, die durch isländische Vulkane und anglo-französische Flughafenwintermanagementfehler am Boden gehalten wurden. Aber besser gar nicht erst starten, als mit Air Polska einen Charterflug nach Katyn buchen. Denn am Tod von 96 Angehörigen der polnischen Staatselite war dann weder das fehlende Enteisungsmittel in Heathrow noch der Eyjafjallajökull schuld. Der hat nur zu verantworten, dass die trauernden Staatsgäste mit der Bahn anreisen mussten, das war Heinz Fischer aber zu weit. Wenn man Stermann&Grissemann glauben darf, sind die Zugfahrzeiten von Österreich nach Polen aber ohnehin monströs lange. Nichtsdestotrotz wurde unser aller Herr Bundespräsident mit 79,3% der Stimmen wiedergewählt. Und auch wenn die Wahlbeteiligung bei 53,6% lag und Fischer auch absolut mehr Stimmen erhalten hat als sechs Jahre zuvor, wollte Herr Strache, dass er wegen mangelnder Zustimmung zurücktritt. Nun stellt sich Strache unter einer optimalen Zustimmungsquote wahrscheinlich eher die 25,77% vor, die er bei der Wienwahl erhalten hat. Die Bundeshauptstadt wird trotzdem von rot-grün regiert, quasi einer Zweigelt-Veltlinerkoalition. Zumindest sind wir gespannt, wie sich das Experiment weiterentwickeln wird. Immerhin soll ja unter anderem die Mariahilferstraße autofrei werden und das nicht nur zu den vorweihnachtlichen Einkaufssamstagen, die dem Handel heuer ja ein saftiges Umsatzplus beschert haben. Sowas kann man gut gebrauchen, wenn einen die Wirtschaftskrise beutelt. Die ist aber leider noch lange nicht vorbei und erreicht mittlerweile auch Herrn und Frau Steuerzahler, bzw. alle die Kinderbeihilfe beziehen, für ein externes Forschungsinstitut arbeiten oder sonst schwerreich sind. Man kann sich auf den Staat eben nicht mehr so verlassen wie ehedem und muss zusehen, dass man die ÖBB berät, beim Bregenzer Stadtmarketing arbeitet oder ein chilenisches Bergwerksunglück überlebt. Letzteres führt zu enorm viel Mitleid und einem wahren Geldregen an Interviewerträgen und Tantiemen, wenn man die Sache überlebt, was den Kumpels bei ähnlichen Unglücken in Neuseeland und China leider nicht vergönnt war. Verschüttet, aber unter Menschenmassen, wurden auch 21 Besucher der Duisburger Loveparade, die aufgrund akkurater Planung und dem Hintanstellen ökonomischer Interessen ihr Leben verloren. Die Wut über unfähige Politiker, eine schlecht ausgerüstete Polizei und geldgeile Manager ließ Nordrhein-Westfalen kurzfristig zu Sauerland werden. Aber weder ein nichtvollzogener Rücktritt, noch nichtgeleistete Wiedergutmachung bringen die Toten zurück. Gleiches gilt für die Opfer der Flugzeugabstürze in Tripolis (103 Tote) und Mangalore (158 Tote), die auf das Konto von sicherheitsfanatischen Airlines gingen. Ja, 2010 war nicht das Jahr der Luftfahrt. Das war spätestens klar, seit bekannt wurde, dass die Baukosten für das Skylink Terminal am Flughafen Wien explodiert sind wie eine BP-Plattform im Golf von Mexiko, woraufhin der Rechnungshof zu bohren begann und dabei auf reichlich Zeug stieß, das wohl auch braun, aber sicher kein Erdöl war. Davon hat aber auch BP scheinbar immer noch nicht genug. Im Golf wird schon wieder gebohrt. Nur Musterschüler Norwegen hat bis auf weiteres seine Tiefseeexplorationen eingestellt. Das Land, in dem man sich vor lauter politischer Korrektheit fast selber überschlägt, musste dann natürlich auch noch den Friedensnobelpreis an einen chinesischen Bürgerrechtler verleihen, wo doch jeder weiß, dass das nur ein verlogener Arbeitsloser sein konnte, weil's in China ja gar keine Bürgerrechte gibt. Abgesehen vom Recht zu schweigen natürlich und dem Recht die Kugel für den hingerichteten Verwandten zu bezahlen. Das zumindest hat der Mossad der Familie jenes palästinensischen Waffenhändlers erspart, den er in einem Hotel in Dubai mit Kopfpolstern in die ewigen Jagdgründe befördert hat. Denen ist der passionierte Weidmann Alfons Mensdorff-Pouilly noch einmal entkommen, indem er sich von den Vorwürfen, in eine Schmiergeldaffäre in Sachen Eurofighter verwickelt zu sein, durch Schmier... äh… Strafgeld an die britische Justiz entzog. Die von ihm vermittelten Eurofighter wiederum fliegen nicht wirklich wie geschmiert, vor allem auch deshalb, weil sich das Heer das nicht leisten kann. Um Kosten zu minimieren werden jetzt auch mal schnell 500 Panzer abgebaut, womit uns die Tschechen widerstandslos überfallen könnten. Helmut Zilk hat ihnen die nötigen Informationen hiefür sicher noch vor seinem Tod zukommen lassen. Trotzdem hat der Chefspion seinen eigenen wohlverdienten Platz vor der Albertina bekommen. Andere Geheimnisverräter wie der ausgediente Hacker Julian Assange warten darauf noch vergebens. Ihm bleibt nur der Platz auf der Abschussliste von FBI, NSA und CIA. Hilfe gegen amerikanische Verleumdungskampagnen und die schwedische Justiz erhält Assange dafür von seinen weltweiten Unterstützern, wie dem Chaos Computerklub oder der Piratenpartei. Das sind aber Informationsfetischisten und keine somalischen Freibeuter oder gar die israelische Marine, die mal schnell völkerrechtswidrig Schiffe der sogenannten Friedensflotte aufbringt, wo sich - natürlich gänzlich gewaltabstinente - Türken nur mit Eisenstangen zur Wehr zu setzten wissen. Denn wehrhaft sind sie ja die Türken, was nicht zuletzt ihr Botschafter in Wien tatkräftig unter Beweis gestellt hat, als er Türkisch als Maturasprache ein- und die internationalen Organisationen in Wien zum Abzug aufforderte. Die Publicity hat dem undiplomatischen Diplomaten wohl eher geschadet. Gerüchteweise steht seine Abberufung unmittelbar bevor. Ähnlich in die Hose ging nur noch die Öffentlichkeitsarbeit des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler, der die ökonomische Geopolitik für sich entdeckte und nach dem darauffolgenden Medienecho die Nerven verlor wie ein dänischer Gesundheitsminister. Noch würdeloser verhielten sich höchstens die Abgeordneten der Duma, die im Eiltempo für ihre abwesende Kollegen die Abstimmungsknöpfe drückten. Dass dabei Zustimmungsquoten wie bei nordkoreanischen Wahlen erzielt werden, wundert weniger, zumal Demokratie nicht gerade zu den Stärken der Russischen Föderation, aber noch weniger zu jenen der demokratischen Volksrepublik Korea zählen. Ganz im Gegensatz zu martialischen Kriegsdrohungen, der Versenkung von Kriegsschiffen und Bombardierungen südkoreanischer Inseln. Seit die westliche Staatengemeinschaft sich weigert weiterhin Erpressungsgeld zu zahlen, reagieren Kim Jong Ill und seine Kamarilla wie zornige Kinder im Sandkasten. Nur eben mit Panzern und Atombomben statt Schaufeln und Kübeln. Crazy Kim kann von Glück sagen, dass die Welt schon weiß, wie spinnert er eigentlich ist und es nicht erst aus der Korrespondenz des State Departement erfahren musste. Aber der greise geliebte Führer und sein wohlgenährter Spross und designierter Nachfolger Kim Jong Un gehören ohnehin nicht zu der Riege von Politikern, bei denen Außenministerin Hillary Clinton auf ihrer Entschuldigungstour Halt machen würde. Auf ihren Besuch vergeblich warten wird wohl auch Mahmud Ahmadinedschad, den Freunde aus der Golfregion liebevoll mit Hitler vergleichen und dessen unabhängige Justiz gerne mal Frauen steinigen lässt. Steinig war auch der Weg für Barack Obama, bis er im Kongress seine Gesundheitsreform durchgebracht hatte. Am Ende reichten 219 Yeas für eine Mehrheit im Repräsentantenhaus aus. Um diese Mehrheit im britischen Unterhaus zu erhalten musste der neue Premierminister und konservative Sparfuchs David Cameron eine Koalition mit dem Liberalen Nick Clegg eingehen, im Vereinigten Königreich eine politische Monstrosität. Gottseidank ist er zumindest auf das Oberhaus ebenso wenig angewiesen, wie Alexander Wrabetz auf dessen Namensvetter. Besagter hat sich einmal zu weit aus dem Fenster gelehnt und musste schließlich den Hut nehmen. Der ORF trauert um Elmar Oberhauser. Es steht zu vermuten, dass auch General Wrabetz das Haus bald verlassen dürfte. Wahrscheinlich freut er sich aber darauf weniger, als Aung San Suu Kyi, aber doch mehr als die Generäle, die sie freiließen. Zugegeben: Der burmesische Hausarrest ist nicht mit dem ORF zu vergleichen, aber doch auch ganz schön unangenehm. Stellen Sie sich einfach vor, Dominic Heinzl und die Crew von „Mitten im 8en“ würde Sie zuhause festhalten. Ein paar burmesische Generäle am Küniglberg wären also vielleicht gar nicht so schlecht. Oder vielleicht doch lieber thailändische Generalität. Die gibt sich wenigstens Mühe und lässt sich erst eine Weile foppen, bevor sie in die Menge der Rothemden schießen lässt. Soviel Akkuratesse hatte nicht einmal Engelbert Dollfuß. Der ließ lieber gleich das Standrecht durchsetzten und schoss sich damit im Endeffekt nur ein historisches Eigentor. Diesem Schicksal entging die Spanische Fußballnationalmannschaft jedoch und stieg - angeblich ausreichend gedopt - siegreich aus der Weltmeisterschaft aus. Die Gewinnerprämien erreichten dabei astronomische Summen. Wenn man es sich so recht überlegt, wird man fast neidisch auf die Raumsonde „Voyager 1“:
Während sich ihre umlaufbahngebundenen Freunde von der teutonischen Lerche Lena besingen lassen müssen, durfte sie am 14. Dezember das Sonnensystem verlassen. Bon voyage!

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Moesanthrops Adventkalender

Hochverehrte Christkinder, liebe Nikoläuse!
 
Haustür und Fenster in Oslo
Wie angekündigt darf ich Ihnen heuer an dieser Stelle einen Adventkalender (Adventskalender sagen nur Piefke) mit skandinavischem Flair präsentieren. Gespannt dürfen Sie einerseits auf die Inhalte, andererseits auf meine Disziplin sein, tatsächlich täglich einen Beitrag zu leisten. Mit ein bischen Glück können Sie also bis zum Heiligen Abend jeden Tag ein Fenster öffnen, wobei die Fenster eigentlich schon offen sein werden. Meiner umfassenden Bemühungen zum Trotz, ließ sich kein HTML-Code für auf- und zuklappbare Spoiler finden, der mit meiner Technikresistenz kompatibel gewesen wäre. So werde ich ältere Beiträge einfach nach unten reihen, damit Sie nicht täglich dorthin scrollen müssen. Viel Vergnügen also und eine besinnliche Adventzeit!

Frohen Advent!
1. Dezember - Dänischer Humor

Wulffmorgenthaler sind ein dänisches Comic-Zeichner-Duo, die nicht mit Mohammedkarikaturen berühmt wurden, sondern mit ihrem - nennen wir ihn mal bekifften - Humor. Manche Zeichnungen scheinen wirklich nur möglich, wenn man einiges von dem intus hat, was auch in Dänemark illegal ist. Trotzdem sind sie kongenial (Vergleichen Sie die Top 10 Strips ). Insgesamt ein empfehlenswerter Ausgleich für fade Stunden vor dem Computer.

Moses hatte Grund zu der Annahme, dass Gott eine Frau sei.

2. Dezember - Norwegens Küste


Norwegen ist ein Land mit extrem langer Küste. Die Küstenlinie des Festlandes beträgt 25.148 km, die der Inseln machen zusätzliche 58.133 km aus. Insgesamt können sie also 83.281 km norwegisches Meeresufer ablaufen. Das ist mehr als doppelt so lang als die Erde im Umfang (Luftlinie) misst. Wenn sie dabei eine Schritt- geschwindigkeit von 6 Kmh einhalten - Berg rauf, Berg runter - und nie schlafen, sind sie in ca. 580 Tagen durch. Dabei müssen Sie natürlich auch die ganzen Fjorde ins Landesinnere und wieder hinaus verfolgen. Der ausgedehnteste ist dabei 204 Km lang. Insgesamt gibt es fast 1.190 Fjorde im Königreich des Nordens. Sie sind vom Meer überschwemmte Trogtäler, die von Gletschern ausgeschliffen wurden.
3. Dezember - Karl XIV. Johann

Jean-Baptiste Bernadotte war das Kind eines Anwaltsgehilfen aus Pau im französischen Aquitanien. Er machte nach dem Sturz Ludwig XVI. im Revolutionsheer karriere und brachte es zum Offizier. Unter Napoleon stieg er bis zum General und schließlich zum Marschall Frankreichs auf. Als Karl XIII. von Schweden als letzter des Geschlechts der Wasa kinderlos blieb, adoptierte er Bernadotte. Dieser wurde aus der französischen Staatsbürgerschaft entlassen. Napoleon verzichtete nur nach dem Protest Bernadottes auf einen Passus, der es diesem verboten hätte gegen Frankreich Kieg zu führen. Nach dem Tod des Königs folgte ihm Jean-Baptiste als Karl XIV. Johann auf den schwedischen Thron und nahm schließlich auch an der Völkerschlacht in Leipzig gegen Napoleon teil. Als Karl III. war er auch König von Norwegen, das bis 1905 mit Schweden in Union stand. Um die Herrschaft antreten zu können war er zum Protestantismus konvertiert. Karl Johann lernte nie wirklich Schwedisch, er erwartete von den Mitgliedern seines Hofes mit ihm Französisch zu sprechen. Die von ihm begründete Dynastie Bernadotte regiert heute noch in Schweden und spricht angeblich fließend Schwedisch - trotz der schweren Legasthenie Karls XVI. Gustav. Angeblich ließ sich dessen französischer Ahnherr nie von seinen Kammerdienern beim Ankleiden helfen. Den Grund hierfür fand man - so heißt es - nach seinem Tod: Auf seinem Rücken hatte der ehemalige Revolutionär Jean-Baptiste den Spruch "Tod den Königen" tätowiert.
4. Dezember - Das schwedische Exil

Brandt, Palme und Kreisky in Wien
Während der deutschen Besatzung Österreichs war ein Gutteil der österreichischen Sozialdemokratie nach Schweden exiliert, allen voran Bruno Kreisky, dessen Vater dort eine Textilfabrik leitete. Kriesky selbst war Chef eines Konsumgeschäfts und schrieb nebenher für verschiedene Zeitungen. Nach dem Krieg kehrte Kreisky nochmals als österreichischer Diplomat nach Schweden zurück. Ebenso wie Kreiskys Sohn Peter wurde auch Margit Binder im Exil in Stockholm geboren. Sie war die Tochter Otto Binders und heratete später Heinz Fischer. Margit Fischer spricht daher fließend Schwedisch. Bruno Kreisky wiederum lernte im hohen Norden Ernst Karl Frahm kennen, der unter dem Pseudonym Willy Brandt im besetzten Norwegen lebte. Brandt und Kreisky blieben ein Leben lang Freunde. Beide waren außerdem eng mit Olof Palme befreundet, dem später
Gedenktafel für Olof Palme
unter bis heute ungeklärten Umständen ermordeten schwedischen Ministerpräsidenten. Palme, Brandt und Kreisky standen in den Siebzigerjahren für das sozialdemokratische Europa und waren darüber hinaus federführend in der europäischen Friedenspolitik.
5. Dezember - 2. Adventsonntag - Das Kreuz des Nordens

Der Dannebrog
Die Skandinavischen Flaggen mit ihren markanten - zum Flaggenmast gewandten - Kreuzen gehen auf das gemeinsame dänische Vorbild, den sogenannten Dannebrog zurück. Dessen Geschichte reicht vermutlich bis ins 10. Jahrhundert zurück. Dänemarks Flagge gilt daher, neben der österreichischen, als älteste noch in Verwendung befindliche Nationalflagge der Welt. 

Die schwedische Flagge
Vom schwedischen Wappen - drei goldene (in der Heraldik entspricht Gold Gelb und Silber Weiß) Kronen auf blauem Grund - stammt die Farbvorgabe für die Flagge des Landes. Die drei Kronen sollen dabei auf den alten Titel der schwedischen Herrscher verweisen: König der Schweden, Goten und Vandalen.

Die Flagge Norwegens
Norwegen wiederum übernahm in farblicher Kombination der dänischen und schwedischen Symbole seine dreiteilige Flagge, wobei auf die Einhaltung der heraldischen Farbregel, wonach Farben (wie Blau und Rot) keine Farben und Metalle (Silber und Gold) keine Metalle berühren dürfen, bedacht genommen wurde. Diese Farbenlehre führt zu einem hohen Farbkontrast und leichterer Erkennbarkeit von Flaggen und Wappen. Norwegens Flagge besteht also aus einem blauen Kreuz (Farbe) mit silberner (=weißem) Kontur (Metall) auf rotem Tuch (=Farbe). Die wohl prominenteste Missachtung dieser Regel findet sich im deutschen schwarz-rot-gold. Im Übrigen besteht der Unterschied zwischen Fahne und Flagge darin, dass eine Fahne  ein einzelnes bestimmtes Stück Stoff ist (z.B. Truppenfahne), während es sich bei Flaggen um beliebige Exemplare mit einheitlichem Muster handelt.

Die Nazis wussten, wie sie im besetzten Norwegen Ängste wecken konnten. Das hier dargestellte Propagandaplakat zeigt eine Hand mit Hammer und Sichel (=die Sowjetunion/der Bolschewismus) die das Kreuz samt Kontur von der norwegischen Flagge reißt. Übrig bleibt nur das rote Tuch, als Symbol des Kommunismus. Das blitzförmige "Nei", norwegisch für Nein, symbolisiert dabei die angebliche Absicht der Faschisten, Norwegens "Eigenständigkeit" vor den Sowjets zu bewahren.


Finnlands Flagge
Neben Finnland (blaues Kreuz auf weißem Grund) und Island (rotes Kreuz mit weißer Kontur auf blauem Grund), ist das skandinavische Flaggenmuster auch in etlichen Teilstaaten und Provinzen, auch außerhalb des skandinavischen Kulturraumes selbst, vertreten. Das Flaggenmuster des dänischen Vorbildes hat übrigens zwar einen christlichen Ursprung, stammt aber nicht - wie etwa die Flagge Englands - aus der Zeit der Kreuzzüge, sondern ist  wie gesagt wesentlich älter. Aus der Farbkombination von Kreuz, Kontur und Hintergrund, lässt sich mitunter - wie im Fall Norwegens - eine historische
Die Flagge Ålands
Bedeutung ablesen. So führt die autonome, zu Finnland gehörende Inselgruppe Åland, auf der ausschließlich Schwedisch Amtssprache ist, als Zeichen der Verbundenheit zum Mutterland ein gelb unterlegtes rotes Kreuz auf blauem Tuch. Auch die autonomen, zu Dänemark gehörenden, Färöerinseln haben das nordische Kreuz adaptiert (rotes Kreuz, blaue Kontur, weißer Grund). Jüngstes Beispiel für die Einführung einer skandinavischen Flagge ist die schottische Insel Orkney (blaues Kreuz, gelbe Kontur, rotes Tuch).
Flaggen sind in Skandinavien mehr als nur ein Stück Tuch, das an zwei Feiertagen im Jahr an öffentlichen Gebäuden gehisst wird. Allein in Finnland gibt es acht offizielle und zwölf eingebürgerte Flaggentage, an denen auch von privaten Haushalten die Nationalfarben gehisst werden. In Schweden gibt es 16 offizielle Anlässe pro Jahr, an denen beflaggt werden soll. In Jahren, in denen ein neuer Reichstag gewählt wird, sind es 17. Der Flaggenmast gehört zu einem skandinavischen Durschnittshaus wie die Türen und die Fenster. Wenn nicht gerade die Nationalflagge gehisst ist, verbleibt auf dem Masten für gewöhnlich ein spitz zulaufender Wimpel (ein sogenannter Stander) mit deren Farben, jedoch ohne Kreuz. Privathaushalte
Ein Stander in schwedischen Farben
hissen die Flagge jedoch nicht nur zu offiziellen und inoffiziellen Flaggentagen, sondern auch zu persönlichen Anlässen wie Geburtstagen oder Festen. Mit dem Hissen der Flagge geht im Skandinavischen Raum auch ein recht verbreiteter Patriotismus einher. Eine Einstellung die, infolge des Missbrauchs derselben durch die Nazis, in Österreich wie Deutschland nur noch vermindert anzutreffen ist. Vielleicht würde es uns nicht schaden, abseits jeder nationalistischen Ignoranz, wie die Skandinavier öfter mal Flagge zu zeigen.
6. Dezember - Norwegen und der Walfang

Fischerhütte (Rorhus) auf den Lofoten
Wie Island, Grönland und die Färöer gehröt auch Norwegen zu den nordischen Nationen, die noch immer Walfang betreiben. Auf der Abschussliste stehen dabei ausschließlich Zwergwale, deren Population ausreichend gesichert ist. Die Fangquote für das Jahr 2010 beläuft sich auf 1286 Tiere, wobei diese in den vergangenen Jahren meist nicht ausgeschöpft wurde. Aus der Quote des Vorhjahres (885 Tiere) wurden nur 484 Individuen erlegt. Norwegen stützt seinen Primärsektor (Landwirtschaft, Fischerei,
Inuit beim Zerlegen eines Wals
Walfang) mit enormen Subventionen um ihn konkurrenzfähig zu halten. Davon profitieren vor allem geringer besiedelte Regionen im hohen Norden, in denen der Staat auf diese Weise Arbeitsplätze sichert. Da das erzeugte Walfleisch in Norwegen selbst nicht zur Gänze nachgefragt wird, exportiert das Königreich auch in die benachbarten Staaten sowie nach Japan, das als weltweit größter Abnehmer gilt und auch selbst Wale - offiziell zu wissenschaftlichen Zwecken - fängt. In Norwegen gilt die Jagd auf die Meeressäuger als Tradition und genießt daher in der eher konservativen norwegischen Gesellschaft einigen Rückhalt. Das Land hat gegen das seit
Filetierplan für Wale
1993 geltende internationale Walfangmoratorium Einspruch erhobe und fühlt sich nicht daran gebunden. Versuche ein generelles Ende des Walfangverbotes zu erreichen - Japan „ersubventionierte“ sich hierfür schon einmal die Stimmen ärmerer Staaten in der internationalen Walfangkommission - sind bis dato jedoch ohne durchschlagenden Erfolg geblieben.
7. Dezember - Norwegen und das Öl

Norwegen hat drei große Vorteile. Erstens: Norwegen hat Öl, sehr viel Öl. Vielleicht nicht mehr soviel wie früher, aber immer noch genug. Zweitens: Selbiges gilt für Gas. Drittens: Norwegen ist nicht Österreich. Norwegische Politiker verwenden die Petrodollars nicht um eine unleistbares Pensionssystem zu verewigen oder um in Jeder Schule eine goldene Statue des Landeshauptmannes aufzustellen, wie das vielleicht hierzulande geschehen würde. Die Norweger gelten als besonnenes Volk, wozu gehört, dass man nachdenkt, bevor man handelt. Als man also vor Norwegens Küste viel viel Öl und später auch Gas fand, hatte die königlich Norwegische Regierung keine Onkel-Dagobert-Dollarzeichen-Augen und handelte auch nicht als erstes einen Belugakaviar-Liefervertrag für die Staatsratskantine aus. Sie dachte nach und kam zu dem Ergebnis, dass es wohl das beste sei zu sparen. Also wurde 1967 der Folketrygdfondet, was soviel wie Volksversicherung heißt, aufgelegt, denn Norwegen hatte den Eindruck, dass es an der Zeit sei so lästige Dinge wie Sozialabgaben auf ein Mindestmaß zu senken. Man zahlt also 7,8% des Gehalts in die Sozialversicherung, die Arbeitslosen-, Kranken und Pensionsversicherung in einem ist. Familienförderungen sind In Norwegen grundsätzlich nicht über Beiträge sondern steuer-, also ölfinanziert. Doch dann kamen die Probleme. 

Eine etwas unbescheindene Zähluhr im norwegischen Ölmuseum. Sie zeigt oben den momentanen Stand des Fondvermögens, in der Mitte den momentanen Ölpreis und unten die Tagesförderung.
Nachdem man für alle zukünftigen Geschlechter die Frage der Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung gelöst hatte, war noch viel Geld übrig. Und wieder gab es sehr viel davon. Weil Norwegen aber ein relativ kleines Land mit nicht einmal fünf Millionen Einwohnern ist, schafft man das Geld lieber ins Ausland. Man kann - das mag schwer zu fassen sein - nämlich auch zu viel Geld in einem Land haben. Norwegen hat nämlich soviel auf der hohen Kante, dass es wahrscheinlich jedes Unternehmen im Inland verstaatlichen könnte. Weil sich das aber für eine freie Marktwirtschaft nicht gehört, wurde 1990 ein zweiter Fond aufgelegt, der Statens pensjionsfond. Dem wurde dann der Folketrygdfondet als Statens pensjonsfond Norge unterstellt und ein Statens Pensjonsfond Utland hinzugefügt. Und wenn man einmal zwei Fonds hat und in dem kleineren 113 Milliarden Kronen (ca. 19 Milliarden Dollar) und im größeren 2,8 Billionen Kronen (ca. 466 Milliarden Dollar) stecken, muss man eben auch etwas damit anfangen.  Weil man die Fonds aber nicht sukzessive plündern wollte - der Staat führt in sein Budget nur 2 bis 4% Zinsen ab - hat sich Norwegen förmlich aus der Not heraus ,so viel Geld zu haben, zum investieren entschlossen. Und weil es wie gesagt sehr viel Geld ist, besitzen die etwa 4,8 Millionen Norweger nun ca. 1% aller Aktien Weltweit. Das mag wenig klingen, dividiert man aber die schätzungsweise 6,9 Milliarden Menschen, die derzeit unseren Planeten bewohnen durch 100, kommt man auf 69 Millionen. Sovielen Menschen würde vom Standpunkt der Verteilungsgerechtigkeit aus 1% des Weltaktienkapitals zustehen. Die Norweger sind also etwas überbegütert. Und dabei ist ihr Privatbesitz und der sonstige Staatsbeszitz noch gar nicht mitgerechnet. Und weil viel Geld auch mächtig macht, sind manche Länder etwas beunruhigt. Daher muss ein Beauftragter des Staatsfonds auch hin und wieder vor dem US-Kongress über die norwegischen Investitionen in den Vereinigten Staaten aussagen. Weil Norwegen aber nicht Österreich ist, hat es für seine Investitionen ethische Richtlinien erlassen. Das sind nun aber nicht solche Richtlinien, wie sie auch die CIA oder BP haben, sondern solche an die man sich auch hält. Norwegen kauft keine Aktien von Tabakfirmen und keine von EADS, weil die Atomraketen für das mächtige Frankreich herstellen. Und auch Wal-Mart findet sich auf der Liste der Verbannten, weil es Arbeitnehmerrechte bricht. Um sich für den eigegen Reichtum nicht so schämen zu müssen, ist das Land auch, auf das BIP gerechnet, einer der größten Entwicklungshilfezahler der Welt, an dritter Stelle der besten Klimaschützer und betreibt in Spitzbergen eine internationale Samenbank, zur Erhaltung der Biodiversität bei Pflanzen natürlich. Norwegen gehöret also eher zu den sympathischen Reichen. Man könnte es den Bono unter den Staaten nennen, es ist aber nicht so mediengeil und macht kein großes Getöse um sein Engagement. Da stört es auch nicht so sehr, wenn man hört, dass das Pensionsfondvermögen bis 2014 auf  die Summe von 750.000.000.000 US-Dollar steigen soll.
8. Dezember - Der Krieg der Hüte

Schweden hatte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg als europäische Großmacht etabliert, diese Stellung aber - zusammen mit weiten Gebieten seines Territoriums wie Estland und Pommern - im so genannten Nordischen Krieg (1700-1721) wieder eingebüßt. Da das Königtum zu dieser Zeit äußerst schwach war, lag die Macht beim schwedischen Reichstag, der jedoch kein demokratisch gewähltes Parlament sondern eine Adelsversammlung darstellte. Dort bekämpften sich die Partei der Hüte und die der Mützen. Erstere hatte ihren Namen vom so genannten Dreispitz, einem Hut, der zu dieser Zeit bei Militär und Oberschicht in Mode war.
Gemälde von Adolf von Menzel
Die Mützen wiederum erhielten ihren Namen von den Hüten, die sie mit faulen Schlafmützen verglichen. Die Hutfraktion war profranzösisch und kontrarussisch, bei den Mützen war das - wie man sich denken kann - umgekehrt. Als die Hüte nun an die Macht kamen, nutzten sie die Gelegenheit um Russland den Krieg zu erklären, auch in der Hoffnung den verlorenen Großmachtstatus wiederzuerlangen. Unterstützt von Frankreich, das auf eine Schwächung des mit dem Zarenreich verbündeten Österreich aus war, erklärte Schweden am 8. August 1741 den Krieg. Obwohl der Kriegsverlauf für Russland mit einem Putsch im Inneren ungünstig verlief, vermochte Schweden es nicht dieses niederzuringen. Als die Russen im - damals noch schwedischen - Finnland einmarschierten und im Reich Bauernaufstände ausbrachen, waren die Schweden 1743 gezwungen den Frieden von Åbo zu akzeptieren und Teile Südfinnlands an das Zarenreich abzutreten. Die Hüte kontrollierten Schweden noch über das Kriegsende hinaus und mussten den politischen Löffel erst 1765 abgeben. Die Adelsherrschaft wurde schließlich durch die absolutistische Herrschaft König Gustavs III. (1771-1792) beendet.
9. Dezember - Die Wikinger

Wikingerhelm im
Osloer Universitätsmuseum
Wer waren die Wikinger? Ein Volk, das sich kollektiv die Nase rieb um nachzudenken oder bei Luftsprüngen die Hacken zusammenschlug, wenn es entzückt war? Abseits der Zeichentrickidylle ging es bei den Piraten aus dem Norden - das Phänomen ist im letzten Jahrtausend südwärts gewandert - etwas raubeiniger zu, als bei Wicki und den starken Männern. Wikinger ist ohnehin weniger eine Volks- als vielmehr eine Berufsbezeichnung.  Die Wikinger waren heidnische Germanen mit einem etwas diffusen Eigentumsbegriff. Da Sie in ihrer Heimat - oftmals Norwegen - von Mutter Natur nicht gerade mit überbordenden materiellen Gaben eingedeckt wurden, beschafften sie sich Notwendiges und Wünschenswertes anderswo. Weil Amazon damals noch in der Aufbauphase steckte und man die Offshoretechnologie zur Ölförderung erst noch ausfeilen musste, verlegten sich die Wikinger aufs Rauben. Und weil die Nordmänner damals noch richtige Partytiger waren, diese Neigung ist leider über die Jahrhunderte in den Hintergrund geraten und tritt heute nur mehr in Verbindung mit massivem Alkoholismus auf, kombinierten sie das Nützliche mit dem Angenehmen und fügten dem Raub noch das Morden und Brandschatzen hinzu. 
Stabkirche im Freiluftbereich des Volkmuseums 
in Oslo. Stabkirchen waren die ersten christlichen 
Sakralbauten auf dem Gebiet des heutigen Norwegen.
Weil die Wikinger keine Christen waren, die Religion kam erst im 12. und 13. Jahrhundert in den hohen Norden, hatten sie auch kein Fegefeuer für ihre Taten zu fürchten, sondern freuten sich für den Fall des raubzugsbedingten Ablebens auf Odins Tafel in Walhall. Dieser Einstellung fielen etliche Dörfer, Städte und Klöster von Frankreich über die britischen Inseln, bis nach Norddeutschland zum Opfer. Weil die Wikinger aber nicht nur brutal, sondern auch geschäftstüchtig waren, konnten potentiell zu Überfallende bei ihnen eine Antiwikingerversicherung erwerben. Das Schutzgeld war geboren. Die Wikinger gingen in fest zusammengesetzten Trupps, die aus Männern zwischen 18 und 50 Jahren bestanden, auf Beutezug.
 Schild und Waffen im Museum 
der Universität Oslo
Ihre Expeditionen waren begleitet von mehreren Auswanderungswellen, in denen sich die Nordmänner - die ungegenderte zivile Version der Wikinger - in mehreren europäischen Ländern, allen voran das östliche Großbritannien und die Normandie, ansiedelten. Dass für sie vor allem der wirtschaftliche Aspekt ihrer Handlungsreisen im Vordergrund stand, beweist unter anderem die Tatsache, dass sie nach ihrer Niederlassung in Britannien begannen von dort aus Norwegen zu überfallen. Dieses Vorgehen seyß-inquartschen Ausmaßes wurde schließlich von König Harald Hårfagre beendet. Nachdem sich die zentrale königliche Staatsgewalt in ihrem Hauptherkunftsland Norwegen also immer mehr festigte, die Neurekrutierung von Raubgefährten schwieriger wurde und sich die atlantischen Küstenstädte und Siedlungen mehr und mehr gegen die Angriffe zur Wehr setzten, neigte sich das Zeitalter der Wikinger um das 11. Jahrhundert dem Ende zu. Die meisten ließen sich  in der Folge als Bauern oder Handwerker nieder. Was sie uns hinterließen, sind ihr Genmaterial in ganz Nordeuropa und eine geschichtsklitternde aber liebenswerte Kinderserie.
Wikinger (links) und Nordmann (rechts) in einem klassischen Berufsbildkonflikt. (© Wulffmorgenthaler)
10. Dezember - Der hohe Norden und das liebe Geld

Geld regiert die Welt heißt es so trefflich und weil Skandinavien sich auch auf diesem Globus findet, kommt man auch dort dem monetären Zahlungsverkehr nicht aus. Aber natürlich ist auch beim Zaster so manches anders: Zunächst sollten Sie reichlich davon mitbringen. Dänemark und Finnland sind teuer, Schweden sehr Teuer, Norwegen privatkonkursgefährdend. Dort dürfen Sie als Österreicher die Erfahrung machen, wie sich ein Osteuropäer fühlt, wenn er in Wien in der Kärntnerstraße einkaufen geht. Am teuersten ist in Skandinavien der Alkohol. 6€ darf ein kleines Bier schon kosten.

Die meisten Alkoholika kann man sowieso nur im Staatsmonopol kaufen. Norwegen, Island und die Färöer haben eine Prohibitionsvergangenheit. In Island wurde Leichtbier erst 1989 legalisiert. Da so mancher Nordmann geneigt sein dürfte in langen Winternächten die Sonne innerlich aufgehen zu lassen, kann man der restriktiven Alkoholpolitik zumindest ein Quäntchen Verständnis entgegenbringen. Aber auch sonst ist der hohe Norden nichts für Schnäppchenjäger, mit Ausnahme von Rentierfellkäufern. Weil man in Skandinavien aber nicht nur geschäfts-, sondern auch selbstbewusst ist, haben die EU-Mitglieder Schweden und Dänemark auf die Einführung der Gemeinschaftswährung Euro verzichtet und ihre Kronen behalten. Einzig Finnland hat seine Mark gegen die europäische Leitwährung getauscht.
Eine isländische Krone (0,6 Eurocent)
Island könnte, nach erfolgtem EU-Beitritt, aufgrund der schweren Wirtschaftskrise und der daraus resultierenden Hyperinfaltion bald dazu gezwungen sein. Bekam man zu Beginn des Jahres 2008 noch etwa 50 isländische Kronen für einen Euro, so waren es in Verlauf des Jahres bis zu 300 Kronen und mehr. Mittlerweile hat sich der Kurs wieder bei 150 Kronen pro Euro eingependelt. Das Grundproblem der Isländischen Wärung war, dass sie frei gehandelt wurde, einen sehr kleinen Markt bediente - Island hat weniger Einwohner als Vorarlberg - und daher leicht angreifbar war. Darüber hinaus finanzierte sich die isländische Bankenwirtschaft über Auslandskredite, die nach der Pleite von Lehman Brothers nicht mehr flossen. Die ausländischen Kunden begannen ihr Vermögen massenweise von den Inselbanken abzuziehen, was diese in die Zahlungsunfähigkeit führte. Daraufhin musste der isländische Staat den Bankensektor auffangen und verstaatlichen.

Weniger von der Wirtschaftskrise gerüttelt wurden die anderen Kronen-Staaten Dänemark, Norwegen und Schweden.  Eine Skandinavische Münzspezialität bildet die sogenannte Lochmünze. Sie ist vor allem in Dänemark verbreitet und findet sich heute noch auf den norwegischen ein und fünf Kronen Münzen sowie auf den dänischen Münzen von einer bis fünf Kronen. Der Grund für die Schaffung solcher Münzen war dabei nicht die Möglichkeit zur praktischen Auffädelung derselben auf Münzketten, sondern schlicht und einfach die Metalleinsparung, die sich durch ein Loch in der Münzmitte ergab.Bei Kurantmünzen, die ihren Wert durch das Münzmetall (meist Silber oder Gold) selbst decken, konnte damit das Staatsbudget  auf Kosten der umlaufenden Geldmenge in Edelmetall aufgebessert werden.
Margrethe II. auf einer 10 Kronen Münze
Entsprechend der Tradition in Monarchien führen Dänemark, Norwegen und Schweden auf manchen Münzen das Portrait des Herrschers beziehungsweise der Herrscherin. Ausgenommen sind hiervon generell die beschriebenen Lochmünzen. Könige mit Löchern im Kopf sind nicht gerade der Grundgedanke der monarchischen Staatsform. In Schweden, das republikanische Tendenzen zeigt, wird die Abbildung des Konterfeis von Carl XVI. Gustav auch kritisch gesehen. Viele empfinden es nicht mehr als zeitgemäß das Portrait eines erblichen Staatsoberhauptes auf ein Münzbild zu prägen. Die Schweden sind eben innovativ. Von der  schweidschen 10 Kronen Münze stammt der Begriff Nordisches Gold, eine Metalllegierung die hier erstmals eingesetzt wurde und aus der auch die 10, 20, und 50 Eurocent Münzen bestehen.

Schweden ist es auch, in dem überhaupt die Abschaffung des Bargeldes diskutiert wird. Dieses sei das Schmiergeld der Kriminalität meinte die oberste Polizistin des Landes. Natürlich lässt sich die Herkunft eines Geldscheins nicht wie jene einer Bankanweisung nachvollziehen. Trotzdem wär's doch ein bisschen schade, wenn Carl Gustav nicht mehr konsterniert von den Kronemünzen blicken würde. Der Arme darf im parlamentarischen Schweden ja sonst nirgends seine Nase hineinstecken. Das Bildnis des ungekrönten und politisch ohnmächtigen Königs hat sich seit einer kürzlichen Buchveröffentlichung aber nicht nur in den Geldbörsen der Schweden massiv abgenutzt. Seit bekannt ist, dass Carl, der Einfachgestrickte, Gustav in Bordellen verkehrte - Prostitution ist in Schweden illegal - hat sich die Liste seiner Anhänger weiter reduziert.
Harald V. auf dem Avers der 20 Kr. Münze
An den Münzen erkennt man im übrigen auch die kleinen aber feinen Differenzen im skandinavischen Sprachgefüge erkennen. Carl Gustav ist Sveriges Konung, Harald Norges Konge und Margrete trägt den Titel Danmarks Dronning. Dronning ist auch im Norwegischen die Bezeichnung für Königin - König heißt auch drott (dän.: drot). Im Schwedischen heißen weibliche Monarchen drottning.
11. Dezember - Der König in Nybergsund
Haakon VII. von Norwegen war ein seltsamer König. Schon allein aufgrund der Tatsache, dass er eigentlich nie für einen Thron vorgesehen war. Er war der zweitälteste Sohn des Thronfolgers von Dänemark. Sein Großvater war Christian IX., sein Vater würde Friedrich VIII. und sein Bruder Christian X. werden. Das stand schon fest als Opa Christian noch lebte. Der kleine Carl - so hieß Haakon damals noch - hatte in diesem Planspiel der agnatischen Primogenitur lediglich die Rolle des Erben in Reserve, so für den Fall der Fälle. Der Fall trat nie ein. Wie wurde Carl also trotzdem König? Da kommt die zweite Seltsamkeit ins Spiel: Durch Wahl. Die Norweger hatten sich 1905 nach langem Klinsch aus der Personalunion mit Schweden gelöst. Ein Krieg hatte nur knapp abgewendet werden können. Oskar II. von Schweden verzichtete schließlich auf den norwegischen Thron. Um die Beziehung mit dem größeren Nachbarn wenigstens etwas zu kitten wollten die Norweger zunächst den zweitältesten Schwedenprinzen auf den Norwegischen Thron rufen. Doch Oskar war bockig und verweigerte seinem Sohn die notwendige Zustimmung.
Haakon und Königin Maud nach der Krönung
Weil es aber nun schon ein Skandinavier sein sollte, sah man sich im benachbarten Dänemark um und kam auf Carl. Das vor allem deshalb, weil er bereits einen Sohn als potentiellen Thronfolger hatte und mit der Tochter des britischen Königs verheiratet war, einem wichtigen möglichen Verbündeten für Norwegen. Wie gesagt war Carl etwas seltsam, denn er hatte demokratische Allüren. Nachdem das Storting - das norwegische Parlament - ihn zum König gewählt hatte erklärte er, er würde die Krone nur annehmen, wenn die Wahl durch Volksabstimmung bestätigt werde. Die Norweger stimmten in der Folge mit beinahe 79% für die Monarchie. Carl kam schließlich, gerade einmal 33-jährig,  nach Norwegen und wurde König, als sein Vater noch Kronprinz von Dänemark war. Weil Carl aber nicht nur sonderbar, sondern auch schlau war - die Abstimmung hatte ihm ein vom Parlament unabhängiges Mandat erteilt - nahm er einen alten norwegischen Königsnamen an, nämlich Haakon (auch Håkon geschrieben). Seinen Sohn Alexander nannte er Olav. Das steigerte seine Beliebtheit beim norwegischen Volk, das damals mitten in einer nationalen Selbstfindungsphase steckte und Reminiszenzen auf die Vergangenheit daher zu schätzen wusste, zusätzlich. Haakon war der letzte skandinavische König der auch gekrönt wurde. Krönungen finden heute europaweit nur noch in Großbritannien statt. Als Haakon nun König war, bemerkte er, dass Norwegen im Winter doch etwas dunkler und kälter war als das ohnehin schon raue Dänemark. Also verbrachte er die Zeit lieber mit seiner Frau in deren Heimat. Schließlich musste eine Delegation dem König klar machen, dass es eine der essentiellsten Aufgaben des Norwegischen Staatsoberhauptes sei, mit seinem Volk den Winter zu überleben. Er kehrte also nach Kristiania, das später in Oslo umbenannt wurde, zurück und blieb dort. Haakon VII. hätte nun friedlich bis an sein Lebensende Herrscher über Norwegen sein können, wenn da nicht die Nazis gewesen wären.  Denen passte Norwegen nämlich nebst Dänemark ins geostrategische und nicht zuletzt auch ins rassische Konzept. Die Norweger standen dem Konzept der Nazis aber nicht so blond und schon gar nicht blauäugig gegenüber, wie diese es sich gewünscht hätten. Als Dänemark - das nunmehr von Haakons Brunder Christian regiert wurde - im Zuge der „Operation Weserübung“ wie im Handstreich fiel und kaum Widerstand leistete, erwarteten die Deutschen ähnliches von den Norwegern. Diese weigerten sich aber wie aufgefordert um deutsche „Schutztruppen“ zu bitten, um die Invasion zu legitimieren. Als der Wehrmachtskreuzer Blücher in den Morgenstunden des 9. April 1940 in den Oslofjord einfuhr, eröffneten die norwegischen Küstenbatterien das Feuer. Die Blücher sank mitsamt ihrer tödliche Ladung (die geplante deutsche Zivilverwaltung für Norwegen nebst Gestapo-Mitarbeiter). Der Parlamentspräsident Carl Joachim Hambro reagierte daraufhin schnell. Er sammelte den König, die Regierung und den Großteil des Stortig zusammen und bestieg mit ihnen einen Sonderzug. Die Staatsführung wurde zunächst nach Hamar, dann nach Elverum evakuiert, wo das Parlament zusammentrat um dem König und seiner Regierung einstimmig die Vollmacht zu erteilen, das Land zu vertreten, bis das Parlament wieder versammelt werden könne. In Nybergsund in der Nähe von Elverum erreichte den König und die Regierung schließlich ein deutsches Ultimatum, das die Ernennung einer nationalen Regierung und die Einstellung der Kampfhandlungen einforderte. Der König erklärte im Staatsrat (Regierung), er werde nicht gegen den Rat seiner Regierung handeln. Empfehle die Regierung aber die Annahme des deutschen Ultimatums, werde er für sich und all seine Nachkommen abdanken, da die Erfüllung des deutschen Diktats gegen seine Überzeugungen von seiner Verantwortung als König verstießen.
Der König und der Kronprinz - der spätere 
König Olav V. - im Versteck im Birkenwald 

von Nybergsund.
Die Regierung folgte dem König daraufhin geschlossen in seiner Ablehnung des Ultimatums Als die Nachricht den Feind erreichte, entschlossen die Deutschen die Sache deutsch zu lösen. Ein Geschwader der Luftwaffe legte am 11. April Nybergsund in Schutt und Asche, in der Hoffnung, den König nebst Thronfolger und Regierung zu beseitigen. König und Regierung verbargen sich aber im Wald und entgingen dadurch dem Anschlag. Schließlich wurde die Staatsführung über Molde nach Tromsø evakuiert, wo der Wanderkönig mit seinem Sohn eine Holzhütte bewohnte, bis sie und die Regierung aufgrund der aussichtslosen militärischen Lage nach Großbritannien ausgeschifft wurden. Natürlich gaben sich die Deutschen damit nicht zufrieden.
Das Plakat macht den König für den 
Beschuss von Industrieanalagen 
durch die Alliierten verantwortlich.
Auf einer Piratenflagge findet sich
neben dem Union Jack, der britischen 
Flagge, auch der Wahlspruch des Königs 
Alt for Norge - Alles für Norwegen“.
Darunter steht mit dem Monogramm 
des Königs kombiniert „Hjelpen fra
England“ - „Hilfe aus England“, in 
Anspielung auf die Herkunft der Bomben 
und das Exil des Königs.
Der von Hitler eingesetzte Reichskommissar Terboven setzte das in Norwegen verbliebene Parlament unter Druck den König für abgesetzt zu erklären. Das Stortig weigerte sich zunächst dem Folge zu leisten, woraufhin die Deutschen die Internierung aller männlichen Norweger im wehrfähigen Alter in Konzentrationslagern androhten, sollte das Storting nicht handeln. Daraufhin schickte das Parlament einen Brief zum König ins Exil, mit der Bitte abzudanken. Dieser schrieb zurück, dass er annehme, das Storting habe unter äußerem Druck gehandelt und er sich daher nicht an die Aufforderung gebunden fühle. Als die Deutschen es nicht schafften den König loszuwerden, begannen sie ihn anzubatzen, indem Sie ihn für die Kriegsaktionen der Alliierten direkt verantwortlich machten.
Die Norweger selbst taten es anderen europäischen Völkern gleich: Manche schlossen sich den Deutschen und der von ihnen eingesetzten Marionettenregierung unter Vidkun Quisling - sein Name wurde zum Synonym für Verrat, er wurde nach dem Krieg hingerichtet - an, andere gingen in die innere Emigration, manche leisteten Widerstand.
Ein deutsches Propagandaplakat
macht Haakon VII. für den Beschuss
 
norwegischer Schiffe verantwortlich. 
(Auf der Bombe findet sich auch
 
das Monogramm des Königs H 7)
So wurde es etwa Mode am Revers aus Protest gegen die deutsche Besatzung eine Büroklammer als Zeichen des Zusammenhalts zu tragen. Die Deutschen gaben sich daraufhin der Lächerlichkeit preis, indem sie das Tragen von Büroklammern verboten.


Der Krieg nahm ein Ende und der König kehrte am 7. Juni 1945 nach Oslo zurück. Er wurde von einer jubelnden Menge empfangen und übergab dem Storting wieder die Staatsgewalt. Am 21. September 1957 starb Haakon VII. schließlich im Alter von 85 Jahren, nachdem er beinahe 52 Jahre regiert hatte. Von dem seltsam demokratischen Monarchen mit Pflichtbewusstsein ist ein Zitat überliefert, das seine Einstellung verdeutlicht. Als man ihm die Gefahren des Kommunismus für Norwegen vorhielt soll er geantwortet haben:

Jeg er også kommunistenes konge -
Ich bin auch der König der Kommunisten.
12. Dezember - 3. Adventsonntag - Gott schütze die royale Lunge

Margrete II. Königin von Dänemark
Die Familie von Königin Margrete II. regiert Dänemark schon seit über 1000 Jahren. Ihr Ahnherr Gorm der Alte (Gorm den Gamle) gilt als erster König. Seine Nachfahrin ist aber ungemein weltoffener als der gammlige Wikinger. Sie fährt gerne Fahrrad und ist eine bekannte Kettenraucherin. Ihre Lieblingsmarke, die griechischen Billigtschik „Karelia“, sind in Dänemark angeblich nicht zum Verkauf freigegeben und müssen daher eigens für sie importiert werden. Margrethe wird hin und wieder von den Extravaganzen ihres – beim Volke extrem unbeliebten, dafür aber beleibten – französischen Importgatten Henri, dänisch Henrik, gebeutelt, was hin und wieder zum Abkühlen der Ehe führen soll. Dass der gute Henrik mit allen Wassern gewaschen ist, weiß man spätestens seit der Hochzeitsansprache seines Sohnes Frederik. Dieser meinte sinngemäß, dass es ja hieße, Menschen die ihre Kinder liebten, schlügen diese auch, und dass Henrik seine Söhne nie an seiner Liebe habe zweifeln lassen. Bei den liberalen Dänen ist der knorrige Prügelprinz – der auch dem Wein nicht abgeneigt sein soll – endgültig unten durch, seit er mit frauenfeindlichen Aussagen Furore machte. Sein Interesse für Dänemark hält sich dabei in recht engen Grenzen. Er spricht Dänisch nur mit schwerem Akzent, dafür aber Chinesisch sowie Vietnamesisch fließend, und verwechselt auch mal die Justizministerin des eigenen Landes mit der Frau des deutschen Botschafters.
Margrete mit Tschik (© Süddeutsche)
Viel beliebter ist dafür seine Frau. Obwohl sie nach wie vor wie ein Schlot qualmt, tut sie es seit 2007 zumindest nicht mehr in der Öffentlichkeit, um ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden. Die Dänen sind aber auch bereit die Schwäche ihrer Herrscherin zu verteidigen, wenn ihr etwa schwedische Medien vorwerfen, Werbung für Drogen zu machen. Als Margrethe geboren wurde, war ihr Opa noch König von Island, weshalb sie mit drittem Vornamen Þórhildur heißt. Sie ist hobbymäßige Malerin und Grafikerin. So hat sie etwa unter dem Pseudonym Ingahild Grathmer die dänische Ausgabe
Ein Drache (© Ingahild Grathmer)
des Herrn der Ringe illustriert. Daneben ist sie für die von ihr entworfenen Messgewänder und Bühnenbilder bekannt. Umstritten war der Ankauf zweier ihrer Gemälde durch die dänische Nationalgallerie. Das ist die Krux der Könige: Man weiß nie, ob die Arbeit oder der Arbeiter im Vordergrund steht. Dänemark ist eine konstitutionelle Monarchie. Die Königin ernennt den Premierminister, führt den Oberbefehl über die Streitkräfte und ist das Oberhaupt der Staatskirche. Ihre Person ist laut Verfassung „heilig und unverletzlich“, was auch der bislang ausbleibende Lungenkrebs beweist. Da ihre Eltern keinen Sohn zusammengebracht haben, musste das dänische Thronfolgegesetz für sie und zuungunsten ihres Onkels Knut geändert werden. Sie selber ist dafür äußerst androfertil und hat gleich zwei Söhne - Thronfolger Frederik und Prinz Joachim - zur Welt gemacht. Die Versorgung Dänemarks mit Königen ist spätestens seit der Geburt ihres Enkels Prinz Christian auf absehbare Zeit gesichert. Als Mitglied des Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg ist sie sowohl mit Königin Sophia von Spanien, als auch mit Prinz Philip Mountbatten verwandt. Dass Philip und Henrik sich gut verstehen ist anzunehmen, aber nicht überliefert.
13. Dezember - St. Lucia

Sollten Sie sich einmal an einem 13. Dezember in Schweden aufhalten und Ihnen begegnen Menschen in langen weißen Kleidern, dann fürchten Sie sich nicht. Es handelt sich hiebei nicht um die skandinavische Filiale des Kukluxklan, sondern vielmehr um ein vorweihnachtliches Brauchtum. Dabei tritt die älteste Tochter der Familie als Heilige Lucia - eine Märtyrerin aus Syrakus - auf. Sie trägt ein langes weißes Kleid und als Hüftbund eine rote Kordel. Auf dem Kopf hat sie einen mit Kerzen geschmückten Kranz. Die Heilige hatte sich aus ihrem christlichen Glauben heraus zur Jungfräulichkeit entschieden und ihrem Verlobten daher einen Korb gegeben. Weil Männer auch zu dieser Zeit schon empfindlich waren und außerdem wieder einmal eine der - damals sehr populären - Christenverfolgungen anstand, wurde Lucia angeklagt. Der Richter ordnete die Zwangseinweisung in ein Bordell ein, eine damals übliche Form der Sicherungsverwahrung. Das mag die Sympathie der Schweden für sie erklären. Im Königreich ist Prostitution illegal, was den König in der Vergangenheit nicht gestört hat, und Geschlechtsverkehr ohne Verhütung gilt als Vergewaltigung, wenn der Partner nicht ausdrücklich eingewilligt hat, was einem früh ergrauten Freigeist des Internetzeitalters demnächst zur Verhängnis werden könnte. Die Heilige Lucia jedenfalls wollte, ganz schwedisch-emanzipatorisch, sich nicht verpuffen lassen und soll der Sage nach auch mit einem Ochsengespann und 1.000 Männern nicht ins Freudenhaus zu bringen gewesen sein. Daraufhin wurde sie an Ort und Stelle ermordet, was ihr das Martyrium und die daraus folgende Heiligsprechung einbrachte. Das Luciafest selbst geht vermutlich auf das Mittelalter zurück, wurde in ganz Schweden aber erst während des 19. und 20. Jahrhunderts populär. Man wählt lokale Lucias, wobei es dem Autor nicht bekannt ist, ob äußerliche Reize bei der Wahl eine Rolle spielen. In Schweden dürfte es aber ohnehin kein Problem sein eine schöne Frau zu finden. Aus feuerpolizeilichen Gründen - und weil kleine Mädchen mit brennenden Haaren eine schlechte Publicity geben - wird heute meist ein Kranz mit Elektrokerzen getragen. Um der Genderthematik auch einmal in die andere Richtung gerecht zu werden, gibt es mittlerweile auch Sternenbuben, was immer das auch heißen soll. Die Heilige Lucia selbst dürfte das wenig jucken. Sie hat im Himmel ihren Fixplatz als Heilige der Anwälte und der reuigen Prostituierten.
Wie passend...
14. Dezember - Die Dänen sind schuld

Die Geschichte kennt viele Verstrickungen und so auch diese: Dänemark ist für den Untergang der österreichischen Monarchie verantwortlich. Glauben Sie mir, das ist nicht völlig an den Haaren herbeigezogen! Höchstens ein bisschen... Der dänische König war nicht nur König von Dänemark, sondern auch Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg. Nachdem Kaiser Franz II./I. das Heilige Römische Reich (der Zusatz „deutscher Nation“ ist ein historisch unkorrekter und später angefügter Nationalisierungspartikel) aufgelöst hatte und das Kaisertum Österreich gegründet hatte - eigentlich geschah letzteres zwei Jahre vorher, aber ich schreib den Satz jetzt nicht mehr um - wurde, nach Ende der napoleonischen Kriege, der Deutsche Bund gegründet. Da Schleswig, Hollstein und das andere Kaff schon zum HRH (=Heiliges Römisches Reich) gehört hatten, waren die nun auch beim Deutschen Bund dabei. Das war eine äußerst undemokratische Gesellschaft äußerst autokratischer Herrscher. Es gab einen Bundespräsidenten - den Kaiser von Österreich - und eine Bundesversammlung in der sich die Fürsten, Landgrafen, Herzöge, Kurfürsten, Großherzöge, Könige und der Kaiser gegenseitig lähmten. Besonders das aufstrebende Preußen trachtete seine Position gegenüber Österreich zu stärken. Man war sich selten einig, außer wenn es um die Teilung der eigenen Macht mit dem Volk - hiezu nein danke - ging, oder jemand von außen Ärger machen wollte. Das war der Fall, als der Dänische König 1863 Schleswig in den dänischen Gesamtstaat eingliederte. Das verstieß gegen einige Verträge und wurde nicht gerne gesehen. Die Preußen wollten Krieg und Otto von Bismarck brachte auch die Österreicher mit ins Boot. Gegen Holstein und damit indirekt gegen Dänemark wurde die Bundesexekution verhängt. Die Bundesexekution ist eine feine Sache: Macht in einem Bundesstaat - in diesem Fall in einem Staatenbund - ein Land Probleme, marschieren die anderen ein und ersticken den Aufstand im Keim. Das hatte man im Deutschen Bund bis dato nur dann praktiziert, wenn sich irgendwo die Demokratie auszubreiten erdreistete, jetzt ging es gegen Dänemark. Man stellte den Dänen ein 48-Stundenulitimatum zur Aufhebung ihrer Verfassung und der militärischen Räumung Schleswigs, was Dänemark ignorrierte. Preußen und Österreich wurden mit der Führung der Exekution beauftragt. Sie stellten aus ihren Armeen zwei Kontingente für das Bundesheer und marschierten am 1. Feber 1864 in Schleswig und Holstein und in das dritte Herzogtum auch noch ein. Die Geschichte endete für Dänemark in einem militärischen Debakel. Etwa 5.600 Dänen fielen, auf der Gegenseite betrugen die Verluste lediglich 2.200 Mann. Nach der Niederlage an den Düppeler Schanzen hatten die Dänen einen in London unterbreiteten Frieden - Teilung Schleswigs an der Sprachgrenze - abgelehnt, woraufhin der Krieg weiterging. Als eine Invasion der dänischen Inseln drohte, musste der Friede von Wien akzeptiert werden. Dänemark ging darin der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Dingsbums gänzlich verlustig. Ende Oktober 1864 war der Krieg damit vorbei. Preußen und Österreich verwalteten die Gebiete zunächst als Kondominium, das ist nichts unanständiges, sondern ein Gebiet, das von zwei Herrschern oder Staaten gemeinsam regiert wird. Natürlich stritten sich die beiden Sieger auch bald und so wurde die Beute aufgeteilt Schleswig und das andere Teil gingen an Preußen, Holstein an Österreich. Natürlich konnten die Preußen nicht genug bekommen. 1866 besetzten sie Holstein, was Auslöser für den Preußisch-Österreichischen Krieg und K...Kö... - verzeihen Sie mir, das Wort kommt mir nur schwer über die Finger - Königgrätz war. Das war der Anfang vom Ende der österreichischen Monarchie. Durch die Niederlage auch innerlich geschwächt, musste 1867 der Ausgleich mit Ungarn  geschlossen werden. Im Ersten Weltkrieg war Österreich-Ungarn dann nur noch der Sidekick des Deutschen Reiches und musste dessen militärischen Oberbefehl akzeptieren. Joseph Roth nannte es zurecht einen „historischen Irrtum“, dass wir mit den Deutschen im Feld zu stehen hatten. Und wer ist an all dem Schuld? Richtig: Die Dänen.
Die Geschichte gönnt uns zumindest diese späte Genugtuung: Wenn Sie auf eine Europäische Landkarte blicken, werden sie dort ein seither geschrupftes, aber immerhin noch ein Österreich finden. Von Preußen liest man nichts mehr. Den Dänen sei verziehen.

Austria Erit In Orbe Ultima.
15. Dezember - ABBA

10 Jahre lang, von '72 bis '82 schäffelten Björn Ulvaeus, Agnetha Fältskog, Anni-Fried Lyngstad und Benny Andersson ein Millionenvermögen indem Sie fehlerfreies Englisch sangen, was Skandinaviern ungemein leichter fällt als Deutschen oder gar Österreichern (oder wie Günther Oettinger es ausdrücken würde: „Se winner teiks it ohl“). ABBA steckten ihre Einnahmen in alleilei Firmen und besaßen unter anderem einen eigenen Ölkonzern. Das auch deshalb, weil sie für Auftritte im Ostblock mit Rohstoffen bezahlt wurden. Berühmt war die Band vor allem durch ihren Sieg beim Song Contest 1974 geworden, wo sie mit „Waterloo“ antraten. ABBA stiftete den Song „Chiquitita“ an UNICEF, die heute noch alle Rechte an dem Lied besitzt und die Tantiemen dafür erhält. Zur Hochzeit des schwedischen Königspaares sangen sie für Königin Silvia das Lied „Dancing Queen“. Die Songs der Band wurden beinahe ausschließlich von Björn Ulvaeus komponiert und getextet. Auf die Frage nach dem Erfolg so vieler seiner Lieder meinte er später einmal, er habe so viele Lieder weggeschmissen, dass er damit zwei mittelmäßige Bands über Wasser hätte halten können. An ABBA zerbrachen schließlich zwei Ehen. Ulvaeus und Fältskog waren, ebenso wie Lyngstad und Andersson verheiratete, trennten sich aber noch vor dem aus der Band. Letztendlich geriet auch das ABBA.Imperium durch diverse unseriöse Finanzgeschäfte ins schlingern, was den Mitgliedern Millionenverluste brachte. Finanziell profitierte das geschiedene Schwedenquartett dann vor allem vom ABBA-Revival in den 90ern und dem Hype rund um das Musikal „Mamma Mia“. Aus Anlass der Präsentation des dazugehörigen Films - sehr frauenlastig, aber doch irgendwie sehenswert - traten die Mitglieder nach über 20 Jahren wieder gemeinsam vor die Kameras. Ihr Verhältnis gilt aber immer noch als angespannt.Was blieb, sind viele Hits, die Kinder von ABBA-affinen Eltern bei langen Autofahrten ungefragt vorgesungen bekommen und ein Film, in dem Pierce Brosnan wieder der Natur seiner Stimmbänder aber tapfer zu singen versucht.

Thank You for the Music
16. Dezember - Skandinavien und die Sprache


Zwei Fenster [to vinduer] (nor.) 
in Trondheim
Dänisch, Norwegisch, Schwedisch, Färöisch und Isländisch sind germanische Sprachen, wobei die ersten drei besonders viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Oft ist es nur eine Frage der Schreibweise ob es sich um eine der drei Sprachen handelt: „Er ist“ heißt auf Dänisch und Norwegisch „Han er“, auf Schwedisch „Han är“. Norwegisch basiert auf dem Reichsdänischen „Riksmål“ und wurde diversen Norwegisierungen unterzogen. Norweger verstehen Schweden besser als Dänen, können dafür aber Dänisch besser lesen als Schwedisch. Insgesamt sind die Übereinstimmungen zwischen den drei Sprachen jedoch so groß, dass sich ihre Sprecher für gewöhnlich ohne größere Probleme unterhalten und verstehen können. Norwegisch weist die zusätzliche Besonderheit auf, dass es zwei Schriftsprachen besitzt, das  „Bokmål“ und das „Nynorsk“, also „Buchsprache“ und „Neunorwegisch“. Erstere basiert stärker auf dem Dänischen und wird von etwa 85% der Bevölkerung verwendet, letztere mehr auf einer Kodifizierung norwegischer Dialekte zu einer Einheitssprache. Vereinheitlichungsversuche und eine Zusammenführung beider Varietäten zu „Samnorsk“ wurden aufgrund des erheblichen Widerstandes in der Bevölkerung schließlich aufgegeben. Ein weiteres Beispiel für die Übereinstimmungen zeigt erneut die feine Differenz, die die drei Sprachen aufweisen: „Stille Nacht, heilige Nacht“ heißt wörtlich übersetzt: „Stille nat, hellige nat“ (Dänisch), „Stille natt, heilage natt“ (Nynorsk), „Stille natt, hellige natt“ (Bokmål) bzw. „Stilla natt, heliga natt“ (Schwedisch), aber nur im Schwedischen ist dies auch wirklich der Titel der Übersetzung, im Dänischen und Norwegischen heißt das Lied „Glade jul“, was übersetzt „Frohe Weihnachten“ heißt. Man merkt also: der Teufel liegt oft im Detail. Das gilt auch für die Schrift. Dänisch und Norwegisch kennen æ, ø und å, während im Schwedischen ä, ö und å verwendet werden. In den skandinavischen Sprachen lassen sich die Artikel als Partikel an ein Substantiv anhängen: „dagen heißt „der Tag“. Dänisch und Schwedisch kennen, wie grundsätzlich auch Bokmål nur männliche und sächliche Wörter, während Nynorsk auch weibliche kennt. Man hat jedoch, im Zuge der mittlerweile eingestellten Vereinheitlichung des Norwegischen, begonnen auch in Bokmål weibliche Wörter zu akzeptieren und in Nynorsk die Endungen von Bokmål einzuführen: „eine Straße“ hieß früher „ei gata“ (Nynorsk) und „en gate“ (Bokmål). Heute heißt es in beiden Versionen  „ei gate“. Durchs Schreiben kommen die Leute zusammen... Für einen Vorarlberger bieten die ostskandinavischen Sprachen gewisse Leichtigkeiten, die sich anderen nicht unmittelbar eröffnen, da auch der alemannische Dialekt gewisse Diphthonge des Hochdeutschen nicht kennt: „ein Haus“ heißt auf Vorarlbergerisch „a Hus“, auf Norwegisch und Dänisch „et hus“, auf schwedisch „ett hus“, wobei das „u“ im Skandinavischen hier wie häufig als „ü“ ausgesprochen wird. „Gehen“ heißt „gå“ (da., nor. swe.) und „lassen“ „la“ (nor.). Auch Englischkenntnisse sind beim Erlernen einer der drei Sprachen hilfreich. So lässt sich etwa leicht erraten, dass „syk“ (nor.) „krank“ bedeutet.
Kuriosum aus der Skandinavistik:
Der Ort Å auf den Lofoten
(wobei Lofoten eigentlich ein
maskulines Einzahlwort ist)
Die anderen beiden nordischen Sprachen Isländisch und Färöisch sind ungemein komplexer und können von Schweden, Dänen und Norwegern ohne Sprachkenntnisse nicht verstanden werden. Finnisch  wiederum gehört zu den finno-ugrischen sprachen und ist nahe mit dem Estnischen, entfernter mit dem Samischen und sehr entfernt mit dem Ungarischen verwandt. Das isländische Alphabet hat 32 Buchstaben wie zum Beispiel „Г, „Þ“ oder „Ý“, kennt dafür aber weder „C“noch „Q“, „W“ - wie bis vor kurzem übrigens auch das Schwedische - oder „Z“. Isländisch kennt acht Monophthonge (wie „a“ oder „e“) und fünf Diphthonge (wie „ei“ oder „eu“ im Deutschen). Es gibt vier Fälle, wobei auch die Zahlwörter von eins bis vier dekliniert werden. Mit der Sprache halten es die Isländer wie die Franzosen: Fremdsprachliche Einflüsse sind nicht erwünscht. Eine Sprachkommission wacht über das Isländische und erfindet für neue Begriffe Neologismen. Faröisch ist schriftsprachlich eng mit dem Isländischen verwandt, ähnelt in der Aussprache aber eher dem Norwegischen, besonders jenen Dialekten, auf denen das Nynorsk beruht, das noch wesentlich mehr altnordische Wörter tradiert hat als das danisierte Bokmål. Sowohl Färöisch, als auch Isländisch werden nur von wenigen Menschen Gesprochen. Ersteres hat zumindest 300.000 Muttersprachler, letzteres unter 100.000.
Ein Nødnøkkel, um ein norsk
vindu einzuschlagen.


Gemeinsam ist den skandinavischen Sprachen, dass ausschließlich geduzt wird. Das förmliche Sie wird nur noch für Mitglieder der Königshäuser verwendet und stirbt mittlerweile sogar in diesem Zusammenhang aus. Dazu einen nette Geschichte am Rande: Eine Norwegerin mit deutschem Ehemann erzählte mir am Flughafen ihre Geschwister hätten als Kinder einmal nach der Schule am Straßenrand Blumen gepflückt, als ein Mann daher kam, den die Schwester erkannt zu haben glaubte. Sie sprach ihn an und fragte „Bist du der König?“ „Ja.“ antwortete Olav V. und bekam daraufhin ihren Blumenstrauß geschenkt. Der Monarch hatte in der Stadt ein staatliches Gebäude zu eröffnen und war davor alleine spazieren gegangen. (Auf die Frage Henry Kissingers, warum er ohne Leibwächter ausgehe, soll Olav einmal geantwortet haben: „Ich habe vier Millionen Leibwächter.“ Was etwa der damaligen Bevölkerungszahl Norwegens entsprach.) Auf den offiziellen Fotos der Eröffnungsfeierlichkeiten sah man den leutseligen König schließlich immer mit einem Strauß Buschwindröschen in der Hand. Ich glaube das Duzen hat ihn nicht gestört.

Vorsicht vor zu viel Sprachvergleich. Fikk ist das Präteritum von (bekommen, müssen, können). Übersetzt heißt diese Ankündigung eines Stücks am Theater von Stavanger in Norwegen etwa: Die kosmische Angst oder der Tag als Brad Pitt Paranoia bekam. (Künstlerischer In- und Gehalt dem Autor unbekannt).

17. Dezember - Das hymnische Skandinavien


Natürlich haben auch die Skandinavier Hymnen. Die Monarchien sogar zwei, Norwegen gar drei. Warum? Nunja, eigentlich ist „Sønner av Norge“ (Söhne von Norwegen) immer noch die offizielle norwegische Nationalhymne. Im laufe der Zeit hat sich aber „Ja vi elsker dette landet“ (Ja wir lieben dieses Land) durchgesetzt und wird auch bei allen offiziellen Anlässen und Länderspielen „Sønner av Norge“ vorgezogen. Wo bleibt die dritte Hymne? Nun ja, als Königreich braucht natürlich der König eine eigene Hymne. In Ländern wie Großbritannien ist die Königshymne auch gleichzeitig Nationalhymne. Wenn das nicht der Fall ist, sind Herrscherlieder sehr beliebt. Die norwegische Königshymne heißt „Kongesangen“, wird zur Melodie der britischen Hymne gesungen und fängt auch ähnlich an: „Gud sign vår konge god!“ (Gott segne unseren König gut!). In der Folge beschwört der Text die Einheit von Volk  in dem er an Gott appelliert: „knytt med din sterke hånd hellige troskapsbånd om folk og drott“ (knüpf mit deiner starken Hand ein heiliges Treueband um Volk und König). König Auch Schweden und Dänemark verfügen über royale Hymnen. Während die schwedische Hymne im Titel der norwegischen ähnelt, sie heißt „Kungssången“, heißt die dänische „Kong Christian stod ved højen mast“ (König Christian stand auf dem hohen Mast) und ist auch etwas blutrünstiger, was folgender Ausschnitt zu verdeutlichen vermag: „hans værge hamrede så fast, at gotens hjelm og hjerne brast.“ (Sein Schwer hämmerte so heftig, dass der Helm und das Hirn des Goten barst). Dahingegen klingt die dänische Nationalhymne geradezu unschuldig „Der er et yndigt land“ (Es gibt ein liebliches Land). Der Titel der schwedischen Hymne wiederum lässt im Deutschen mitunter Missverständnisse aufkommen: „Du gamla, du fria“ will das Land nicht als gammlig, sondern als alt bezeichnen. Man sieht, dass das Wort im Skandinavischen und im Deutschen eine andere Entwicklung gemacht hat. Die Finnische Hymne (Das Rechtschreibprogramm hat im letzten Augenblick verhindert, dass ich hier die letzten beiden Buchstaben vertausche) heißt „Maamme“ (Heimat) und teilt sich ihre Melodie im Übrigen mit jener Estlands. In Island singt man den „Lofsöngur“ (Lobgesang). Melodisch findet der Autor die isländische Hymne am gelungensten, gefolgt von jener Schwedens und Norwegens. 

„Ja, jag vill leva jag vill dö i Norden.“
„Ja ich will leben, ich will sterben im Norden“ 

(Refrain der schwedischen Nationalhymne)
18. Dezember - Skandinavisches „Essen“


Die Skandinavier mögen kulturell hochstehende sozialstaatschaffende weltgewandte Menschen sein, aber man kann nicht alles können. Was sie nicht können ist kochen. Wer schon einmal in einem IKEA-Restaurant gegessen hat, weiß, dass dafür vor allem eines Spricht: Der Preis. Kein Volk würde auf die Idee kommen, so etwas ördinär-simples wie faschierte Fleischkugeln als „Köttbulla“ zum Nationalessen zu erheben. Wenn man sich durch die übrige skandinavische Küche kostet, bringt man aber langsam Verständnis dafür auf. „Köttbulla“ sind das schmackhafteste endemisch-skandinavische Gericht. Sollten Sie als finanziell normal situierter Mitteleuropäer einmal nach Norwegen kommen und sich Essen daher nicht leisten können, seien sie gewarnt: Finger weg von den ekelhaften 30 Kronen-Hotdogs, die in jedem 7-Eleven verkauft werden. Wenn Sie erst einmal fünf Tage davon gelebt haben, können Sie sie nicht mehr sehen. Ganz zu schweigen davon, dass diese Würstchen - deren Geschmack nach Analogschübling (für Ostösterreicher Knacker) erinnert - überhaupt nicht wie Würste aussehen, sondern wie etwas, das der Gedankenwelt des Romans 1984 entsprungen ist. Sie weisen keinerlei Krümmungen auf, sondern sind einfach lang, rund und mit ihrem armseligen Äußeren irgendwie pervers futuristisch. Das Brot schmeckt wie bei Mc Donald's: Weizenbasierte Watte. Natürlich werden Sie in keinem normalen skandinavischen Geschäft eine zivilisatorische Errungenschaft wie Schwarzbrot finden. Sie können schon von Glück reden, wenn Ihr Brot nicht gesüßt ist, was dort öfter vorkommt. Der Autor hat sich die Freiheit genommen Walfleisch von seiner Speisekarte zu streichen, weshalb er nur vom Hörensagen berichten kann, dass es äußerst tranig schmecken soll und daher stimmig in den nordischen Speiseplan passt. Natürlich finden Sie auch in keinem Laden eine Wursttheke, weshalb Sie nur abgepackte Produkte kaufen können. Auch wenn die Wurst zum Beispiel „Jubelsalami“ heißt, ist das doch stark übertrieben. Es schmeckt jedenfalls wie das was es vermutlich einmal war: Ein mit Tiermehl gemästetes ukrainisches Rind, das in einem polnischen Schlachthof durch die Hände eines drallen  und kettenrauchenden Metzgers namens František sein wenig rühmliches Ende gefunden hat. Kein Grund zum jubeln. Norwegisches Nationalgetränk ist, neben völlig überteuertem Alkohol - vorzugsweise das angeblich blind machende „Akvavit“ - und sündteurem Gletscherwasser, das sich die frisch geliftete Hausfrau von Welt von ihrer Zugehfrau aus dem Meinl vom Graben holen lassen kann, das Limonadegetränk „Solo“, das wie verdünntes Fanta schmeckt und wahrscheinlich auch so hergestellt wird. Die Finnen kennen zur totalen geschmacklichen Abtötung den so genannten „Terva Snapsi“, der nach verflüssigtem Speck mit Fichtenborkenextrakt schmeckt.
Die Liste skandinavischer Nationalgerichte ist wie jene der Getränke eine einzige kulinarische Todeszone. Die Norweger mögen „Fårikål“, bestehend aus Hammel mit Kohl und Mehl. Die Schweden wiederum essen gerne „Surströmming“, den durch Säuerung konservierten und nach Fäulnis riechenden Ostseehering aus der Dose. Zumindest im Bereich der Süßwaren kann ich zwei Empfehlungen aussprechen: „Ahlgrens Bilar“, nach Eigenaussage die meistverkauften Autos der Welt,  sind kleine Gummisüßigkeiten in Vehikelform. Besonders die saure Ausgabe lege ich jedem ans Herz. Außerdem sind die allerorten verkauften Zimtschnecken nicht allzu schlecht. Man sollte aber auf die Frische achten. Da Brot und Süßgebäck meist in Selbstbedienung angeboten werden, kann einem eine vertrocknete Zimtschnecke schon einmal den Tag verderben. 
Sollten Sie jetzt schon vom Festlandskandinavischen Essen nicht allzu begeistert sein, begeben Sie sich nie nach Island. Dort wird grundsätzlich nur verzehrt, was halb verwest und abgestanden ist, mit Ausnahme von Jopi Heesters natürlich. Der unangefochtene Gipfel kulinarischer Verfehlungen ist das isländische Gericht „Hákarl“. Es wird aus dem Fleisch des Eishais gewonnen, das eigentlich giftig ist. Der Eishai verfügt nämlich über keine Nieren und was fast alle anderen Spezies über ihren Harn ausscheiden, bleibt beim Eishai im Körper. Dementsprechend stinkt sein Fleisch wie die WC-Anlage beim Karlsplatz in Wien. Die Isländer hängen seine Überreste in den Seewind und lassen sie dort vor sich hin gammeln, bis das Ganze eine gummiartige Konsistenz erreicht hat. Sollten Sie sich einmal durchringen, halbverwestes Fischfleisch, das nach Urin schmeckt zu essen, haben Sie meinen Respekt. Sollte es Ihnen zusagen, sind Sie ein Fall für den Therapeuten.
19. Dezember - Ein neu-norwegisches Weihnachtslied

Das Lied „Es ist ein Ros entsprungen“ ist etwas Besonderes. Während zum Beispiel „Stille Nacht“ wesentlich bekannter ist, aber dafür textlich offenbart, dass es für Bauern geschrieben wurde, vereint besagtes Lied eine einfache Melodie mit einem  eingängigen Text, der tiefsinnige theologische Anspielungen in sich birgt. Das Lied stammt aus dem 16. Jahrhundert.  Während weitere Dichtungen später hinzu kamen, sind die beiden ersten Strophen original:

Es ist ein Ros entsprungen
aus einer Wurzel zart,
wie uns die Alten sungen,
von Jesse kam die Art
und hat ein Blümlein bracht
mitten im kalten Winter,
wohl zu der halben Nacht.

Das Röslein, das ich meine,
davon Jesaia sagt,
ist Maria die reine,
die uns das Blümlein bracht.
Aus Gottes ewgem Rat
hat sie ein Kind geboren
und blieb ein reine Magd.
 
Die Rose ist Maria. Jesse war der Vater Davids. Maria war - wie ihr Mann Josef - aus dem Haus und dem Geschlecht Davids und dem Stamm Juda, mit „aus Jesse kam die Art“ wird auf die familiäre Herkunft der Rose, also Marias, verwiesen. Mit Rose ist hierbei aber noch nicht die Blüte gemeint, sondern vielmehr der Rosenstock. Dieser wiederum bringt „ein Blümlein“, hervor: Jesus. Damit wird über das Bildnis der Rosenpflanze, der Stammbaum Christi erklärt: Jesse (die Wurzel/die Rosenart) - Maria (der Rosenstock/der Trieb) - Jesus (die Rosenblüte, als Sinnbild der Vollendung der biblischen Heilsgeschichte). Diese Aussage wird in der zweiten Strophe nochmals präzisiert.
Im Übrigen existiert auch eine protestantische Textversion, die später entstand und Maria einen weniger prominenten Platz einräumt. Hier ist Jesus selbst die Rose. Der Grund liegt in der protestantischen Grundskepsis gegenüber der ausufernden Marienverehrung. Schon Luther hatte über diese gesagt: „Darum, man ehre die Mutter Mariam, wie man wolle; allein man ehre sie nur nicht mit der Ehre, da man Christum mit ehren soll.“ Die katholische Version hingegen bleibt bei ihrer Grundaussage: Maria ist der Schoß, Jesus der Spross. Zusätzlich wird noch auf die jungfräuliche Geburt verwiesen: „und blieb ein reine Magd“. 
Ein wichtiges Element der christlichen Bibelauslegung ist die Verknüpfung von alttestamentarischen Aussagen mit neutestamentarischen Ereignissen. Damit soll die Erfüllung der Schrift durch die Geburt und das Wirken des christlichen Messias Jesus verdeutlicht werden. Es ist eine Form der Legitimitätserzeugung. So geht auch unser Lied vor, indem es auf einen Spruch des Propheten Jesaia aus dem alten Testament verweist. In Jes 11,1 heißt es nämlich: „Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, / ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.“ Mit der Darstellung Mariens als Rose („Reis“) und Jesu als deren Abkömmling („Frucht“) stellt das Lied also die Geburt Jesu als von Jesajia vorausgesagtes Ereignis dar.

Von unserem Lied existieren mehrere Formen in verschiedenen Sprachen. Durch den Prozess des „Zersingens“, gibt es auch etliche deutschsprachige Versionen in denen es etwa „Maria ist die reine“ oder „aus Jesse kam die Art“ heißt. Es gibt auch eine norwegische Textfassung, die in der Schriftspache Nynorsk gehalten ist, wobei die Sprache des Liedtextes auch hier veraltend ist:

Det hev ei rosa sprunge
ut av ei rot so grann.
Som fedrane hev sunge:
Av Jesse rot ho rann,
og var ein blome blid
midt i den kalde vinter
ved myrke midnattstid.

Anstatt „rosa“ wird heute meist „rose“ [Rose], an Stelle von „fedrane“, „fedrene“ [Väter] gesungen. „Myrke“ hat mehrheitlich für „mørke“ [dunkel, düster] Platz gemacht. So wie heute keiner mehr „sungen“ sagen würde, hat sich eben auch das Norwegische modernisiert. Hinzu kommt, dass Nynorsk, eine der beiden Varietäten des Norwegischen, der zweiten, nämlich Bokmål, immer mehr angepasst wurde. (Siehe hiezu den Eintrag vom 16. Dezember) Die norwegische Übersetzung des deutschen Originals ist überraschend präzise. Ins Deutsche zurückübertragen lautet der Text in etwa:

Es ist eine Rose entsprungen
heraus aus einer Wurzel so klein.
Wie die Väter sangen,
aus Jesse entfloss die Wurzel,
und es war eine Blume erblüht,
mitten in dem kalten Winter,
zur dunklen Mitternachtszeit.

Da die Norweger mehrheitlich Protestanten sind, geht auch die zweite Strophe, die ich Ihnen nun aber erspare, davon aus, dass Jesus selbst die Rose und nicht nur deren Blüte sei. Wenn sie nun gespannt sind, wie das Lied auf Norwegisch klingt, empfehle ich ihnen die Version der Sängerin Sissel - die heißt wirklich so - auf Youtube. Aber Vorsicht: Sissel kann Glas zum bersten bringen!
20. Dezember - Christian X. und die Deutschen

Christian X. Von Dänemark war  mit 1,99 m der wohl größte König seiner Zeit und regierte sein Land von 1912 bis 1947. In seine Amtszeit fiel also die Eingliederung Nordschleswigs in Dänemark und die Besetzung durch die Deutschen Truppen im Zuge der Operation Weserübung, der auch Norwegen zum Opfer fiel. Im Gegensatz zu den Norwegern hielten die Dänen es aber nicht für möglich oder auch nötig sich gegen die deutsche Besetzung zu wehren. Nach kurzen Gefechten wurde ein Besatzungsvertrag ausgearbeitet, während deutsche Bomber über den Unterzeichnungsort flogen. Weil Dänemark sich kooperativ gezeigt hatte, durfte es seine Regierung behalten und der König, der ältere Bruder Haakons VII. von Norwegen, musste, anders als dieser, nicht exiliren. Er zeigte sich jedoch immer wieder von seiner widerspenstigen Seite. So behielt er seine Gewohnheit bei, täglich mit dem Pferd auszureiten, wobei er von vielen Dänen als stummer Protest gegen die Besatzung begleitet wurde. Sogar ein populäres Lied mit dem Titel „Der rider en Konge“ - „Da reitet ein König“ wurde komponiert.
Der König zu Pferd
Als Hitler ihm in einem Telegramm mit überschwänglichen Worten zu seinem 72. Geburtstag gratulierte, antwortete der König nur lapidar nach Berlin: „Meinen besten Dank. Chr. Rex“ Hitler fühlte sich durch die kühle Antwort brüskiert, zog den deutschen Botschafter aus Dänemark ab und zwang den dänischen Botschafter in Berlin sowie den dänischen Ministerpräsidenten zum Rücktritt. Der Vorgang ging als Telegrammkrise in die Geschichte ein. Danach beschnitt man die Freiheit des Königs zunehmend. Er wurde de facto unter Hausarrest gestellt und durfte nicht mehr ausreiten. Um ihn ranken sich einige weitere Legenden aus der Besatzungszeit. So soll der König - und dies gilt weithin wirklich nur als Legende und wird eher seinem Finanzminister zugeschrieben - angedacht haben, dass auch er einen Judenstern tragen werde, wenn die Pflicht hierzu von den Deutschen eingeführt werde. Der überwiegende Teil der dänischen Juden wurde schließlich in einer Nachtundnebelaktion vor dem Zugriff der Deutschen bewahrt, indem man sie unter Mithilfe lokaler Fischer nach Schweden übersetzte. Auf die deutsche Forderung eine Hakenkreuzflagge auf Schloss Amalienborg zu hissen, soll Christian entgegnet haben, falls dies geschehe werde ein Dänischer Soldat diese wieder einholen. Auf die Antwort des deutschen Befehlshabers, dass dieser Soldat erschossen werden würde, habe er geantwortet: „Dieser Soldat werde ich sein.“ Es ist zumindest sicher, dass nie ein Hakenkreuz über Amalienborg wehte. Christian X. war ursprünglich eher unpopulär gewesen, da er sich - gegen seine Regierung, die Parlamentsmehrheit und eine anderslautende Volksabstimmung - für die Annexion ganz Schleswigs ausgesprochen hatte. Er war der letzte dänische Monarch, der - letztendlich erfolglos - versuchte seine konstitutionelle Rolle tatsächlich wahrzunehmen. Während der Besatzungszeit stieg sein Ansehen in der Bevölkerung jedenfalls in zuvor unbekannte Höhen. Er wurde zur einenden Symbolfigur des Landes. Als Christian X. König der Wenden, Goten und Dänen 1947 starb, wurde eine Armbinde des dänischen Widerstandes auf seinen Sarg gelegt.
21. Dezember - Die Schwedenhilfe

Kriege bringen so allerlei Unangenehmes mit sich. Weltkriege sollen da ja zu den schlimmsten gehören. Weil Österreich bei einem voll und ganz und beim anderen so ein bisschen dabei war, haben wir natürlich die geballte Ladung Kriegsfolgen abbekommen: Zerstörungen, Tote, Kriegsgefangene, Lebensmittelengpässe, Rationierungen, Hunger. Und weil Krieg meistens eine umfassende, oder wie ein bekannter Klumpfuß es ausgedrückt hätte, total ist, leiden da nicht nur die Schuldigen drunter, sondern auch alle anderen, zum Beispiel die Kinder. Nun sind Kinder wohl die Zielgruppe, die sich von der übrigen Menschheit noch am meisten Mitleid erwarten kann und deshalb stauben die in Krisenzeiten so richtig ab. Ob man jetzt plötzlich ein Herz für sie haben soll oder sie retten, irgend eine Masche zieht immer. Darauf sind sogar die geizigen Schweizer - nichts für ungut - hereingefallen und haben nach den Kriegen fleißig gespendet bzw. Kinder aufgenommen. Und auch die skandinavischen Länder ließen sich nicht lumpen. Wer einmal Hugo Portischs Buch „Österreich II.“ aufschlägt, kann dort eine Abbildung eines Plakates der sogeannten Schwedenhilfe finden. Die Überschrift lautet - soweit ich mich erinnere - „Hjälp Österrikes barn“ („Helft Österreichs Kindern“). Hungernde Kinder vor einer zerfetzten rot-weiß-roten Fahne machen sich immer gut als Spendenaufruf und die Schweden haben gespendet. Auch die Norweger haben ihre Herzen und - was noch wichtiger war - ihre Geldbörsen und Vorratskammern geöffnet. Unter dem Schlagwort „Redda Barnen“ („Rettet die Kinder“) lief die Hilfe nach dem Ersten Weltkrieg an und wurde auch nach dem Zweiten wiederaufgenommen. Der Schwede Arne Carlsson etwa verteilte Essensrationen an zehntausende Hungernde Wiener und wurde schließlich von einem sowjetischen Soldaten erschossen. Seine Landsfrau Elsa Brändström kümmerte sich im Ersten Weltkrieg in russischen Kriegsgefangenenlagern um die Soldaten und erhielt darob den Beinamen „Engel von Sibirien“. Aus Dank für die Hilfeleistungen, die sicher einigen das Leben gerettet haben, gibt es heute in Wien einen Schwedenplatz, einen Stockholmer Platz, eine Trondheimgasse und einen Osloplatz. Arne Carlsson hat einen Park bekommen, dort steht auch eine Statue Brändstöms.

Tusen tack för reddningen av Österrikes barn.
22. Dezember - Der Posterkönig von Schweden

Heute werden Sie das letzte Mal mit politischen Details gelangweilt - versprochen. Also lesen Sie im Gegenzug weiter und überspringen Sie den heutigen Eintrag nicht einfacht, wie Sie das früher schon gemacht haben (ich weiß alles):
Nachdem 1973 Gustav VI. Adolf gestorben war, trat trat 1974 eine lange vorbereitete Verfassungsreform endgültig in Kraft, die Schweden von der konstitutionellen zur parlamentarischen Monarchie machte. De facto sind heute fast alle europäischen Monarchien - der Vatikanstaat, Liechtenstein und Monaco bilden da gewisse Ausnahmen - parlamentarische Monarchien, Schweden ist es aber als einzige ex lege. Das heißt, während in den anderen Königreichen, wie auch Norwegen und Dänemark, der Monarch formal umfassende, aber nicht absolute, Rechte besitzt (konstitutionelle Monarchie), und diese bloß nicht ausübt (de facto parlamentarische Monarchie), hat der Schwedische Monarch diese Rechte nicht einmal formal. Das sieht man schon, wenn man sich die Präambeln zu diversen EU-Verträgen durchliest. Dort werden die hohen Vertragsparteien aufgezählt: Der König der Belgier, der österreichische Bundespräsident, die Königin von Dänemark etc. und die Regierung des Königreiches Schweden. Der König hat also nicht einmal zum Schein mehr eine staatsrechtliche Bedeutung. Die schwedische Verfassung ist sowieso möchtegern-republikanisch. Das Wort König selbst kommt nur sehr selten vor, stattdessen heißt der Monarch meist „Staatschef“. § 1 des fünften Kapitels der Verfassung legt das einzige Recht fest, das der König von Schweden noch besitzt:
„Der Staatschef wird vom Ministerpräsidenten über die Angelegenheiten des Reiches auf dem laufenden gehalten. Falls erforderlich, tritt die Regierung unter dem Vorsitz des Staatschefs zum Staatsrat zusammen.“
Solche Staatsratssitzungen sind lediglich symbolischer Natur. Der König ernennt weder die Regierung, noch schlägt er sie dem Parlament, dem Reichstag, auch nur zur Wahl vor. Er unterschreibt keine Gesetze und entsendet keine Botschafter. Er darf zwar noch Uniform tragen, ist aber nicht einmal mehr formell Oberkommandierender der Streitkräfte. Laut Verfassung muss er sich vor Auslandsreisen mit dem Ministerpräsidenten beraten. Als König Carl XVI. Gustav im Sultanat Brunei zu Gast war und den dortigen Potentaten lobte, tobte die schwedische Öffentlichkeit, ob des vermeintlichen Fauxpas des Staatschefs. Die Regierung zog es vor zu verschweigen, dass der Monarch sich nur an die Empfehlungen - also Anweisungen - des Außenministeriums gehalten hatte. So ein König kann also auch gut als politischer Fußabstreifer dienen, weil er sicher keine Pressekonferenz gibt und die Umstände aufklärt. Die schwedische Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Verfassung hat zumindest etwas Gutes: Sie hat den Politikwissenschaftern weltweit ein schönes Beispiel für eine parlamentarische Monarchie geliefert. Warum hat man die Monarchie aber nicht gleich abgeschafft? Ganz einfach: Die schwedischen Monarchen haben nicht viel falsch gemacht. Niemand wollte der ... sein, der die brave Königsfamilie, die bisher immer nur ihre Pflicht erfüllt hat, aus dem Schloss delogiert. Also hat man Schweden de facto in eine parlamentarische Republik verwandelt und statt eines Zierpräsidenten einen Posterkönig behalten. Der darf am Nationalfeiertag vom Balkon winken und den schwedischen Tourismus befördern. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass der Monarch keine Probleme machen kann. Als Nachteil könnte sich in Krisenzeiten die fehlende „power in reserve“ erweisen. Ein schwedischer König könnte nicht wie der Norweger Haakon VII. handeln, wenn die Deutschen sein Land überfallen, was diesen ja immer noch zuzutrauen wäre. Und während Karl Theodor zu Guttenberg in Stockholm einmarschierte, stünde Carl Gustav von Schweden am Balkon und würde ihm zuwinken.
23. Dezember - Die spinnen die Finnen

Die Finnen [fin.: suomalaiset] sind ein Volk mit einer Sprache, die 15 Fälle hat und dessen Mythologie besagt, die Erde sei aus sieben Enteneiern entstanden. Finnisch kennt so schmucke Casi, wie den Allativ (Auf/Zu wem oder was?), den Inessiv (Worinnen?) und den Abessiv (Ohne wen/was?), aber keinen Dativ. Es gibt sechs Verbkonjugationen, aber kein Futur. Das längste Palindrom (ein Wort, das von vorne und hinten gleich gelesen werden kann, wie Otto oder Lagerregal) der Welt, soll  das finnische Wort für Seifensteinverkäufer sein: „saippuakivikauppias“.
Die Finnen leben angeblich schon 2.000 Jahre im hohen Norden und sind damit alteingesessener, als die germanischstämmigen skandinavischen Völker. Schon Tacitus sprach von einem nordischen Volk, das er „Fenni“ nannte. Auch wenn die Urfinnen glaubten, dass die Sonne ein Entendotter sei, so haben sie sich doch als recht zäh erwiesen. Immerhin haben sie ihre Sprache und Kultur nicht verloren, obwohl sie erst seit 1917 einen eigenen Staat besitzen und zuvor von Schweden und Russen regiert wurden. Weil besonders die Schweden  bekanntlich sehr penetrant sind, gibt es heute noch eine signifikante Minderheit derselben in Finnland. Die Finnen selbst haben zu ihnen aber keinerlei karantanische Allüren und sehen sie eher als Bereicherung denn als Bedrohung.
Die finnische Präsidentenflagge
Was man ihnen aber nachsagen kann, ist ein relativ indifferentes Verhältnis zum Hakenkreuz, das bis 1945 in blau ihre Flugzeuge zierte und sich noch heute in abgewandelter Form auf Orden und in der Präsidentenflagge findet. Natürlich ist das Hakenkreuz für die Finnen ein altes Symbol und hat nichts mit dem NS-Regime zu tun. Flau wird einem wohl trotzdem wenn man es wehen sieht. Die finnische Mythologie dreht sich in weiten Teilen um den sogenannten Sampo, einen Zaubergegenstand, der Wohlstand verbreitet - eine Lottodose vielleicht - und der vom Schmied Ilmarinen geschaffen wurde. Der Sampo wird schließlich der bösen Louhi geraubt, einer Art Heiratsschwindlerin in Stellvertretung, die ihre Tochter an Männer verspricht ohne sie herzugeben. Zusammen mit dem magischen Väinämöinen und dem ebenfalls um die heiße Hexentochter geprellten Lemminkäinen wird Ilmarinen nach dem Raub auf der Flucht von Louhi angegriffen. Dabei wird der Sampo zerstört und das Land durch seine ausströmende Magie fruchtbar gemacht.
Finnischer Leuchtturmbau und seine geopolitischen Folgen.

Die Finnen gelten auch unter den Skandinaviern als äußerst trinkfest. Mag sein, dass ihre alkoholische Schwäche dazu beigetragen hat, dass sie versehentlich auf der schwedischen Seite der geteilten Insel Märket einen Leuchtturm errichteten, was zu einer kuriosen Grenzbereinigung geführt hat. Ein beliebter Volkssport soll das „eukonkanto“ oder „akankanto“ sein, was übersetzt soviel wie „Frauentragen“ heißt und dergestalt aussieht, dass dabei ein Mann eine Teamkollegin durch einen Hindernisparcours trägt. Ob dafür das Machotum der Finnen oder die Lauffaulheit der Finninen verantwortlich ist, bleibt im Unklaren. Der Parcours besteht zum Teil aus einer Wasserroute, was aufgrund des finnischen Gewässerreichtums nicht gerade verwunderlich ist. Obwohl nur als See gilt, was über 500m² Wasseroberfläche hat, verfügt das Land immer noch über offiziell gezählte 187.888 Seen mit 98.050 Inseln, Meeresinseln nicht mitgezählt. Die Finnen haben's also gerne feucht: In der Kehle, im Landesinneren, in der Sauna und am Meer, über das eines Tages der sagenumwobene Väinämöinen mit einem Boot aus Kupfer zurückkehren soll. Bis dahin prost [fin.: kippis]!
24. Dezember - Heiligabend - Skandinavische Weihnachten

In den skandinavischen Ländern feiert man Weihnachten grundsätzlich sehr ähnlich wie bei uns: Menschen vergrößern ihren Leibesumfang mit diversem Süßgebäck und verlieren ihren Führerschein nach dem Genuss erwärmter Alkoholika. Weihnachten heißt auf Dänisch, Schwedisch und Norwegisch „Jul“, auf Isländisch und Färöisch „Jól“ und auf Finnisch „Joulu“. Die Bezeichnung stammt noch aus vorchristlicher Zeit und meinte ursprünglich das germanische Fest zur Wintersonnenwende. Nichtzuletzt deswegen versuchten die Nazis Weihnachten in ein  „Julfest“ umzuwandeln. Beim „Aufruhrversand“ - kein Scherz - kann man dazu passend „Julkarten“ kaufen auf denen „Vater Odin“ mit seinen Raben als Gabenbringer inszeniert wird. Das skandinavische Weihnachten ist dementgegen eher eine Antifaveranstaltung. Eine gewisse symbolische Rolle spielt höchstens noch der heidnische Julbock, den man aus Stroh bastelt und als Weihnachtsschmuck verwendet. In den meisten skandinavischen Ländern bringt der Weihnachtsmann - auf finnisch „Joulupukki“ genannt - die Geschenke, in Island erledigen das aber Weihnachtszwerge und zwar 13 Stück, vielleicht auch, damit man an Walt Disney keine Tantiemen zahlen muss. In Norwegen und Dänemark amtiert als Weihnachtsmannassistenz der sogenannte Julenissen, eine Art Weihnachtsheinzelmann. Weihnachtsbäume erfreuen sich auch in Skandinavien ausgesprochener Beliebtheit, wobei in Island - aus Gründen der enormen Baumknappheit - grün gestrichene Holzgerüste als Baumersatz herhalten müssen. Mittlerweile importiert man aber auch schon Weihnachtstannen vom Festland. In Dänemark sind in der Vorweihnachtszeit Kalenderkerzen beliebt, deren Abbrennen Tag für Tag die verbliebene Zeit bis zum 24. Dezember anzeigen soll. In Norwegen gehen die Kinder nach Weihnachten als Weihnachtsziegenbock verkleidet bei den Nachbarn Süßkram schnorren. Die Schweden schauen angeblich am Heiligabend kollektiv eine bestimmten Donald-Duck-Film im Fernsehen an. Gegessen wird insgesamt alles was schmeckt und fett macht. Man sieht, die Skandinavier sind uns nicht so unähnlich, wie man vielleicht manchmal meinen möchte. Sie trinken gern und viel und mögen Weihnachten. Vielleicht sind sie uns bildungstechnisch etwas überlegen. Sollten Sie also zu den 600.000 faktischen Analphabeten in Österreich gehören - und diesen Blogeintrag folgerichtig vorgelesen bekommen - genießen sie in Folge die Weihnachtsgeschichte die ich für Sie in einer faden Stunde in Windows Wingdings und Webdings zusammengestellt habe.

God jul! - Frohe Weihnachten!