Mittwoch, 6. Februar 2013

Mit zweierlei Maß, oder: Warum die ÖH mit Staatsgeld Parteiinteressen finanziert.


Die GRAS-geführte ÖH der Universität Salzburg finanziert Studierenden die Fahrt zur Anti-Akademikerball-Demo nach Wien und sieht darin kein Problem. So manche selbstgerechte Linke sehen das genauso.

Gleich vorweg, ich mag die FPÖ nicht und die Burschenschafter noch weniger und den „Akademikerball“ sehe ich als eine Beleidigung für mein Diplom. Sowas muss man ja sagen, weil man sonst den Mief des Rechten an sich haften hat oder gleich von irgendwelchen ganz Kritischen als hinterwäldlerischer Bobo beschimpft wird. Dieser Ball und seine Tänzer gehen mir also geflissentlich am Allerwertesten vorbei und auch als heuer wie jedes Jahr die öffentliche Diskussion um ihn hochgekocht ist, habe ich mich auf ein paar Tweets beschränkt und ansonsten die Nazis Nazis und die Spucker Spucker sein lassen. Ich war gegen den Ball, bin aber zur Gegendemo nicht hingegangen, weil mich die Leute anzipfen, die schon Wochen davor die StPO auswendig lernen, damit sie den „staatlichen Repressionsbehörden“, so heißt neuerdings die Polizei, auch ja Paroli bieten können. Ich mag es auch nicht, dass man den Verfassungsschutz - dessen Arbeit man durchaus kritisieren kann - so hinstellt, als wäre er die Gestapo und sein einziger Zweck die armen Antifaschist_innen zu unterdrücken. Und bevor ich auf dieser Demo plötzlich neben Leuten stehe, die anderen Menschen, welche politische Einstellung sie auch immer haben mögen, ins Gesicht spucken, verzichte ich lieber vorweg. 

Aber wenn man dann erfährt, dass die ÖH-Salzburg ihren Studenten, zunächst war von allen Salzburger_innen die Rede, die Fahrtkosten zur Demo erstattet und deren Vorsitzender Hofbauer - vom Falter völlig zu Recht als Dolm der Woche gekürt - das mit plumpen Ausreden rechtfertigt, kommt man als Demokrat doch ordentlich ins Schwitzen. Die ÖH-Salzburg, so deren Chef, könne es ja nie allen Recht machen, die Fahrtkostenerstattung sei völlig in Ordnung. Einige wagten es zu widersprechen, für die Ex-ÖH-Politikerin Sigi Maurer geht da schon die Welt unter:
„ich glaub ich bin im falschen film. die ÖH ist gewählte interessensvertretung mit der aufgabe, service UND politik zu machen.“
Dass sich GRAS, Vsstö und andere Listen der nicht sonderlich gestalterischen Gesellschaftspolitik verschrieben haben ist ja nun nichts Neues. Aber ist das wirklich ein Argument dafür, nicht nur kritisch zu hinterfragen, sondern sogar öffentliche Gelder in eine Aktion gegen eine andere politische Gruppierung zu stecken? Immerhin haben die ÖVP-Innenministerinnen letztlich nichts anderes gemacht, als sie - wie die Grünen vermuten - parteinahe Agenturen mit staatlichem Geld bedachten um sich dann von ihnen Wahlkämpfe managen zu lassen. Und was ist eine öffentlich kofinanzierte politische Demonstration letztlich anderes als Parteienfinanzierung über die Hintertür? Aber das Argument zählt ja nicht, denn die FPÖ ist schließlich ein Sonderfall. Sie steht ja - diese Meinung kann man zu Recht vertreten - außerhalb des Verfassungsbogens. Und in diese Kerbe schlägt auch Sigi Maurer wenn sie auf Twitter empört nachfragt:
„aja. rechtsextreme sind ja einfach nur politische gegner, richtig? schon mal was vom antifaschistischen grundkonsens gehört?“
Aha. Die ÖH-Salzburg und Sigi Maurer entscheiden also neuerdings, wie der antifaschistische Grundkonsens der Zweiten Republik auszulegen ist. Vielleicht demonstriert man ja bald mit ÖH-Geldern gegen die rot-schwarze Regierung, weil ihr neues Staatsbürgerschaftspaket das Problem mit dem Fremdenrecht überhaupt nicht löst und heute sowieso schon fast alles irgendwie faschistisch ist. Die „Rote Fahne“ auf Twitter hält etwa den völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg der USA für „Imperialen Faschismus“. Zahlt die ÖH dann auch Tickets für Demos vor der US-Botschaft?

 Die ÖH begreift offenbar gar nicht wie problematisch die von ihr beanspruchte Definitionshoheit über die Frage „Was ist noch Politik und was schon Wiederbetätigung?“ ist. Ja, auf diesem Ball treffen sich etliche Neonazis, von Akten der Nationalsozialistischen Wiederbetätigung während der Veranstaltung sind aber keine Berichte bekannt. Außerdem wäre es die Aufgabe der unabhängigen Gerichte über solche Vorfälle zu entscheiden. Wo kommen wir hin, wenn jeder eine Veranstaltung prophylaktisch als faschistisch bezeichnen und ihre Bekämpfung damit zum öffentlichen Interesse erklären kann?

Was sollen Rechtsextreme außerdem anderes sein, als politische Gegner? Von ÖVP, SPÖ und Grünen kann man ja als „Mitbewerber“ sprechen, wenn man die FPÖ-Politiker Gegner nennt, sollte das ja eigentlich schon das schärfste Vokabel sein. Was liegt denn jenseits von Gegnerschaft? Feindschaft? Sind das Leute, die man mit Gewalt bekämpfen muss? Wenn ja, dann haben jene, die diese Meinung vertreten, das gemeinsame Dach der Verfassung selbst verlassen. Gewalt ist in einem demokratischen System dem Staat, und nur ihm, vorbehalten. Oder sind Freiheitliche gar Un- oder Untermenschen? Wer die Diktion vom Gegner gegen noch härtere Formeln austauschen möchte, sollte vorsichtig sein. Er bewegt sich damit womöglich selbst in braunen Fußstapfen.

Und einmal ganz abgesehen von all den Argumenten, die vernunftmäßig gegen die politische Querfinanzierung der ÖH sprechen: Wer überprüft eigentlich, ob die Wien-Tickets die zur Refundierung eingereicht wurden auch von Demonstranten stammen und nicht von Leuten, die sich auf öffentliche Kosten ein schönes Wochenende in der Bundeshauptstadt finanzieren haben lassen?

Es ist auch traurig zu sehen, dass man offenbar mit gewissen Vertreter_innen der Linken keinen kritischen Diskurs führen kann, ohne gleich als bourgeoiser Repräsentant eines repressiven Systems abgekanzelt zu werden. Denkt doch einmal selber nach: Ihr habt Gelder des Staates - und das sind die ÖH-Mittel nun einmal - verwendet, um gegen eine Veranstaltung zu mobilisieren, die ihr - zu Recht - für politisch haltet und - auch zu Recht - kritisiert. Aber was wäre, wenn die Bundesregierung morgen eine Demo gegen die FPÖ veranstalten und mit Bier und Würstel aus dem Staatshaushalt unterstützen würde? Was würde dann die FPÖ, sollte sie, was wir alle nicht hoffen, an die Regierung kommen, daran hindern, selbst auf Kosten der Republik ein paar Jubelperser gegen die Grünen zu mobilisieren? Parteipolitik - für wie moralisch gerechtfertigt man sie auch halten mag - zum förderungswürdigen Staatsinteresse zu machen ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Von Demokraten hätte ich mir mehr erwartet.

7 Kommentare:

  1. Aber da ist doch ein Unterschied zwischen dieser Vorstellung von "Parteipolitik" und dem Wahrnehmen einer gesellschaftspolitischen Verantwortung. Rechtsextreme Verbindungen, die durch Einfluss auf Gesetzgebung (schwarz-blau) Universitäten entdemokratisiert haben und in Uniräten installiert wurden, zu analysieren und öffentlich zu ächten ist keine parteipolitische Angelegenheit sondern eine Aufgabe für alle Menschen, die sich für Bildung und die Zukunft dieser Gesellschaft überhaupt interessieren.

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    1. Aber auch diese Leute, so sehr man sie verachten mag, stehen im demokratischen Wettbewerb. Sie haben durch die Nationalratswahl die Macht erhalten das Universitätsgesetz zu ändern und nicht durch einen Putsch. Wo ist die Grenze? Dieser Ball ist ja kein Umsturzversuch an sich. Es wäre auch legitim ihn einfach zu ignorrieren. Warum müssen alle zahlen, weil einige ihn für eine Bedrohung der Gesamtgesellschaft halten?

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  2. Naja, also mit der Logik brauch ich gegen nichts und niemand protestieren, was irgendwo mal "durch die Nationalratswahl" beschloss wurde oder wird. Alle müssen zahlen? Nein: die Salzburger ÖH wurde gewählt und entscheidet was sie mit ihrem Budget macht und du kannst dagegen auf die Straße gehen oder dagegen bloggen, wenn du meinst darin liegt das Problem.

    Ich bin allerdings darin accord, dass die Proteste nicht so vollkommen abgelaufen sind, wie z.b. woanders oder vielleicht sogar hier möglich gewesen wäre.
    siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Wohlfahrtsausschuss_%2820._Jahrhundert%29

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    1. Ich sage nicht, dass man nicht dagegen protestieren kann, aber man kann keine Staatsgelder für politische Zwecke missbrauchen. Die ÖH-Fraktionen erhalten Förderungen um ihre politische Meinung auszudrücken. Mit dem ÖH-Budget haben sie keine Parteipolitik zu finanzieren. Wie gesagt: Würdest du das rechtlich in Ordnung finden, wenn die FPK-Regierung in Kärnten eine Demo gegen die Grünen veranstalten würde? Das ist keine zulässige Mittelverwendung sondern schlicht Korruption.

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  3. also ich würde nicht sagen, dass die mitgliedsbeiträge einer körperschaft öffentlichen rechts "staatsgelder" (was immer das sein soll) sind. was sagst denn zb. zu den fernsehspots, die die arbeiter_innenkammer bezahlt? oder zur politischen propaganda der wk? oder die kampagnen gegen die grünen, die vom bauernbund lanciert werden?

    die hochschüler_innenschaft hat in österreich ein allgemeinpolitisches mandat mit geschichte: zb. die beteiligung an den protesten in der hainburg (damals war die aktionsgemeinschaft in der exekutive). wenn die öh also demos unterstützt, ist es falsch das in die nähe von korruption oder veruntreuung zu rücken. und ja: wenn die öh innsbruck zb. ots aussendungen kauft in denen gegen die grüne regierungsbeteiligung gewettert wird, ist das zwar parteipolitische agitation, aber weder verboten noch korrupt.

    und zum "antifaschistischen grundkonsens": wären die leute, die da in die hofburg (!) kommen, "rechte" innerhalb des vielzitierten "verfassungsbogens" wären, wär's ja halb so schlimm. teile der fp und eben viele der ballbesucher_innen vertreten eine antidemokratische, faschistische einstellung. der "antifaschistische grundkonsens" der zweiten republik wird dadurch unterlaufen, dass diesen leuten die hofburg zu repräsentativen zwecken überlassen wird. dagegen protestiere auch ich.

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  4. sry natürlich landwirtschaftskammer nicht bauernbund (ist aber auch schwer auseinanderzuhalten).

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    1. Die ÖH ist eine Selbstverwaltungskörperschaft wie die Sozialversicherungsträger oder die Gemeinden. Wenn ein Bürgermeister Geld der Gemeinde ausgibt um gegen die Wehrpflichvolksbefragung zu mobilisieren handelt er nicht innerhalb seiner demokratischen Vertretungsbefugnis, sondern finanziert seine politische Meinung mit Steuermitteln. Alles was den Anschein erweckt, dass Parteien die Trennung zwischen staatlicher Körperschaft und politischer Gruppierung aufheben möchten, ist abzulehnen. Wenn das LK, AK und WK auch machen, wird es nicht besser, das rechtfertig das Verhalten der ÖH auch nicht. Im Übrigen dürfte der Repräsentationscharakter der Hofburg den meisten Demonstranten herzlich wurscht sein. Ich hab jedenfalls nicht gehört, dass jemand "Pfui, die Hofburg representiert die von uns heiß geliebte Republik Österreich, schleichts euch ihr bösen Nazis!" gerufen hätte. Man hat versucht eine unlautere Gruppierung mit unlauteren Mitteln anzugreifen. Sowas geht immer nach hinten los. Man soll sich nicht mit Schweinen raufen, da wird man nur selber dreckig.

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