Donnerstag, 19. Januar 2012

Der Aufnahmestopp, oder: Wie werde ich noch schnell Beamter?

Kurz bevor aller Wahrscheinlichkeit nach ein Aufnahmestopp bei den Beamten verhängt wird, haben Sie noch die Möglichkeit sich in den öffentlichen Dienst zu quetschen. Um Ihnen dafür [Beamtisch: hiefür] das nötige Rüstzeug mit auf den Weg zu geben und damit Sie [ho.] im Ministerium [do.] die besten Einstiegschancen haben, habe ich [das Wort ist dem Beamten fremd] Ihnen ein paar notwendige Grundeigenschaften zusammengestellt, über die Sie als öffentlich Bedienstete von Welt unbedingt verfügen sollten:

- Sie haben ein Parteibuch und zwar hoffentlich das richtige!
Weil Regierungen oft schneller wechseln, als es einem lieb sein kann, ist es wichtig sich zur richtigen Zeit politisch richtig zu positionieren. Die einen würden es Opportunismus nennen, für Beamte heißt es „optimierte Möglichkeitsverwertung“. Haben sie sich dergestalt politische Rückendeckung geholt, ist es auch egal, wenn sie einmal mit HC-Strache paintballspielen waren: Sind Sie erst definitivgestellt, brauchen Sie sich um Regierungswechsel nicht mehr zu kümmern. Schlimmstenfalls schiebt man Sie bei vollen Bezügen in irgendeine Stabsstelle mit eingeschränktem Aufgabengebiet ab.

- Sie vergöttern den ELAK.
Der elektronische Akt ist der Datenverarbeitungsgötze des Beamtentums und verdient daher ihre ungeteilte Verehrung. Hätte es ihn damals schon gegeben, Gott hätte ihn zur Organisation der Schöpfung verwendet und für jeden Tag ein neues Eingangsstück zum Hauptakt hinzuprotokolliert. Sollten sie bürokratophil sein: Hier werden Ihre schmutzigsten Fantasien wahr! Zeichnen Sie ab, suspendieren Sie und legen Sie auf Frist was das Zeug hält. Mit dem ELAK auf dem Rechner fühlen Sie sich jeder denkmöglichen Verwaltungssituation gewachsen.

- Sie lesen gerne E-Mails und zwar massenweise!
Auch, wenn Sie 90% davon nicht interessieren und Sie immer wieder staunen, welche Gruppen, Formationen und Entitäten Sitzungsberichte verschicken, müssen diese Mails immerhin noch als gelesen markiert, archiviert und schlimmstenfalls auch dokumentiert [verELAKt] werden. Neben dem Dienstspam müssen Sie außerdem noch Freundlichkeiten Ihrer Kollegen („das geht Sie gar nichts an“) und diverse Massenmails (aus einem Sitzungszimmer wurde Teegebäck gestohlen, vergammelte Lebensmittel bitte aus den Kühlschränken entfernen, Karten für Semino Rossi abzugeben etc.) ertragen. Grundsätzlich gilt: Es gibt nichts, was nicht per E-Mail [e-postalisch] erledigt werden könnte und diese Kommunikationsform ist dem Telefonat [fernmündlichem Gespräch] jederzeit vorzuziehen.

- Sie schreiben gerne E-Mails und zwar wunderschöne!
In Ihren Mails kommen die Worte „ich“ und „wir“ nicht vor. Sie verwenden massenweise Abkürzungen die Normalsterbliche nicht verstehen wie ho. (hiehorts), do. (daorts) oder zgK (zur gefälligen Kenntnisnahme). Sie sagen nicht zuständig sondern federführend und Feber statt Februar, kennen Worte wie demarchieren, Evidenz, skartieren oder Aviso und würden in der Anrede niemals den Titel vergessen. Außerdem verzichten Sie im Kontakt mit den Bürgern [Einschreitern] auf übermäßige Freundlichkeiten, wünschen niemals viel Glück und bieten auch niemandem an sich ggf. vertrauensvoll an Sie zu wenden. Es könnte ja jemand darauf zurückkommen.

- Sie leiden unter einer schweren Deformation der spina dorsalis (aka Rückgrat).
Das erste was Sie in einem Ministerium ablegen sollten ist die Freundlichkeit, das zweite der freie Wille. Da weder ersteres, noch letzteres im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz [AVG] vorgesehen ist, besteht auch kein Grund für die Anwendung derselbigen. Die oberste Regel lautet daher: Tun Sie was Ihnen gesagt wird und übernehmen Sie die Verantwortung, wenn's schief läuft. Unterstehen Sie sich auf die Bremse zu steigen, wenn sie mit ihrem Chef in einem Auto sitzen, das auf eine Wand zufährt. Ihr Vorgesetzter weiß sehr wohl was er tut und wenn nicht, sterben Sie wie ein Beamter: Mit dreifach gefertigtem Totenschein in der Tasche und ohne einen Widerspruch auf den Lippen.

- Sie sind um eine Ausflucht nie verlegen.
Wenn nicht gerade ihr Computersystem abgestürzt ist oder Ihre Mailbox überläuft, haben Sie jederzeit beamtische Merksätze parat, die ihre Zuständigkeit massiv in Zweifel ziehen ( z.B.: „Wia kumm i denn do dazua?“ oder „Do sans bei mia owa on da foischn Adress.“). Als letzte Fluchtmöglichkeit bleibt Ihnen immer noch der Krankenstand samt Kuraufenthalt, der sie für geraume Zeit den Widrigkeiten österreichischer Kanzleiordnungen entreißt.

- Sie halten sich auf dem Laufenden.
Um den täglichen Anforderungen Ihres Berufes gerecht zu werden, lesen sie laufend die neu erscheinende Fachliteratur. Sei es die „Zeitschrift für die Unabhängigen Verwaltungssenate“ oder den „Austrian Space Law Newsletter“: Sie kennen sich aus und wissen, welcher Fall in Bälde zur Verhandlung beim VwGH vorliegen wird und warum die „Space Review“ das österreichische Weltraumgesetz so positiv bewertet hat. Sollte derartige Literatur nicht zur Verfügung stehen, saugen Sie noch das letzte bisschen Fachwissen aus dem Heute-Magazin und der Kronen Zeitung.

- Sie lieben die Intrige.
Sollte Ihnen wider Erwarten fad werden - denn ein Beamter findet immer Arbeit und bestünde sie im Abstauben seiner Aktenordner - vertreiben Sie sich die Zeit mit Geätze über die Kollegenschaft. Hervorragend hierfür [hiefür] geeignet sind die Zeiten vor, während und nach diversen internen und interministeriellen Sitzungen sowie Weihnachts- und andere Feiern. Themen dieser Diffamierungsaktionen können sowohl beruflicher (z.B.: Unfähigkeit, Aufmüpfigkeit, mangelnde Unterwürfigkeit etc.) als auch privater (z.B.: starker Körpergeruch, bevorstehende Scheidung, Behinderung, Inkontinenz) Natur sein. Sie brauchen sich dabei keinesfalls zu schämen, denn Sie wissen: Die anderen reden mindestens so schlecht über Sie!

- Sie sind ein Pessimist.
Was noch nicht ruiniert ist geht bald kaputt. Wer noch nicht tot ist wird bald sterben. Ihre Abteilung ist permanent unterbesetzt und obwohl sie um zwölf ins Büro kommen und um zwei wieder gehen, stehen sie aufgrund von Überarbeitung kurz vor dem Burnout. Außerdem unterstützen sie bereitwillig jeden Gewerkschaftsvorschlag - sei es nach 50%iger Gehaltserhöhung, Streik oder goldenen Klomuscheln - und haben pflichtgemäß ein Bild von Fritz Neugebauer im Büro [Bureau, Kanzlei, Amtszimmer] hängen. Jeder Bonus ist Ihnen zu gering, jede Pauschale nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Mit Unverständnis nehmen Sie es zur Kenntnis, dass ihnen trotz ihres wackligen Bürokastens und einer losen Steckdose keine Gefahrenzulage gewährt wird.

- Sie haben einen grünen Daumen.
Aufgrund des permanenten Stresses züchten und kultivieren Sie einen Bürodschungel dem sie all jene Zeit widmen, die nach zehrender Arbeit und gepflegtem Geläster noch übrig bleibt. Sorgsam umhegen sie Ihren Ficus und verhätscheln Sie die geliebte Yuccapalme, an deren Wachstumsringen Sie bereits die Jahre bis zur vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand abzählen. Tod und Teufel fluchen Sie aber auf die Kollegen, die während ihrer wohlverdienten krankheits-, kur-, urlaubs- oder zeitausgleichbedingten Abwesenheit darauf vergessen haben, Ihre grüne Pracht ausreichend zu hydrieren. Aus Rache werden Sie deren Post-it-Reserve plündern, die Büroklammern verbiegen und mittels permanenter Stellvertretung Unordnung am feindlichen ELAK-Arbeitsplatz stiften. Seit der barbarischen Abschaffung der Stempelmarke sind Sie leider der Option beraubt mit diesen das Amtszimmer der Pflanzenmörder zu tapezieren.

- Sie verfügen über Sendungsbewusstsein.
Damit ist freilich nicht jene Art von messianischem Eifer gemeint, der in strukturierter Arbeitsweise und einem positiven Büroklima mündet. Nein, Sie besitzen ein Bewusstsein für die heilige Unvergänglichkeit des Beamtentums und strahlen daher die Selbstsicherheit eines Erleuchteten aus. Ihnen kann keiner was! Kaiser, Nazis, Verwaltungsreform? Kein Gräuel, das die Beamten nicht schon erfolgreich überlebt hätten. So ist es Ihnen auch möglich die Europäische Union als vorübergehende Erscheinung des Zeitgeistes wahrzunehmen und ihr Vorhandensein weitgehend zu ignorieren. Sollte sich die politische Landschaft nachhaltig ändern, kratzt Sie das ebenso wenig. Sie ändern Ihr Parteibuch mit und zeigen sich loyal zur neuen Führung. Schließlich will auch die schlimmste Diktatur noch verwaltet werden und so blüht den Beamten - dem sicherlich zweitältesten Gewerbe der Menschheit - noch eine goldene Zukunft voller Akten, Anträge und Sichtvermerke.

Sollten Sie also all diese Eigenschaften in sich vereinen, so möchte ich dem Bund vorschlagen gemeinsam mit den Ländern mittels 15a-Vereinbarung ein Beamtenzuchtprogramm mit Ihnen und anderen geeigneten Personen aufzulegen, um das Weiterbestehen des Beamtenstaates Österreich zu ermöglichen.

Dient zur Kenntnis – nichts weiter zu veranlassen.

E i n l e g e n.

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