Montag, 13. Februar 2012

Das Sparpaket, oder: Darf's auch ein bisserl mehr sein?

 Jetzt steht es also das Sparpaket der Bundesregierung, aber kein Proteststurm weht über das Land. Die Bauern haben das Ende ihrer Dieselförderung ebenso geschluckt wie die Beamten die Nulllohnrunde und den Aufnahmestopp. Einige sprechen von einem ausgewogenen Paket, manche sehen darin einen Ausgangspunkt für weitere Reformen. Wie innovativ ist der österreichische Einsparungsplan aber wirklich?

Die Bundesregierung möchte durch ihr „Konsolidierungspaket“, so die offizielle Sprachregelung, zwischen 2012 und 2016 26,5 Mrd. Euro einsparen. Die Österreichische Gesamtstaatsverschuldung beläuft sich derzeit auf etwa 818,8 Mrd. Euro. Für das Jahr 2012 sieht der Bundesvoranschlag eine Neuverschuldung von 9,1 Mrd. Euro vor. Wenn wir das auf einen Normalmenschen mit 25.000 Euro Jahreseinkommen umrechnen, würde das wie folgt aussehen:
Jahreseinnahmen:                     25.000 €
Jahresausgaben:                       28.562 €
Geplante Neuverschuldung:          3.562 €
Gesamtchulden:                        84.932 €
Sparziel bis 2016:                      10.285 €
Entscheiden Sie selbst, ob Sie diesem Gläubiger noch Geld leihen würden. Der Vorteil, den Staaten gegenüber Privatpersonen haben, ist jedoch, dass Ihre Schulden in erster Linie nicht mit dem Einkommen, sondern mit dem BIP verglichen werden. Steigt also die Wirtschaftsleistung, sinkt das Verhältnis der Staatsverschuldung zur Wirtschaftsleistung und damit augenscheinlich auch die Schuldenhöhe. Vom schönen Anschein allein ist aber noch niemand entschuldet worden.

Im Übrigen ist es auch recht dreist, bis 2016 laufend Schulden machen zu wollen und dabei von Konsolidierung zu sprechen. Sollte der Plan jedoch aufgehen, will die Bundesregierung in vier Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Das heißt, wenn diese Regierung im Jahr 2016 noch im Amt ist. Denn der Hund liegt wie immer im Detail begraben: Die Legislaturperiode läuft nur noch bis nächstes Jahr, die größten Einsparungsbrocken sollen jedoch erst ab 2014 greifen. Sämtliche Punkte des jetzt verabschiedeten Pakets sind 2013 damit Verhandlungsgegenstände etwaiger Koalitionsgespräche.

Abgesehen davon hat der finanzielle Leidensdruck auch einige positive Aspekte mit sich gebracht. Früh- und Invaliditätspension werden stark eingeschränkt bzw. abgeschafft, wobei das für die Betroffenen nicht immer lustig sein dürfte, zumal der Zugang zur Invaliditätspension schon jetzt sehr stark eingeschränkt ist. In die Arbeitslosenversicherung müssen ab sofort alle bis zur Pensionierung einzahlen, die Pensionsversicherungsbeiträge für Bauern und Gewerbetreibende sollen erhöht werden, ein längst überfälliger Schritt betrachtet man insbesondere den minimalen Beitrag der Bauern, das tatsächliche Pensionsantrittsalter soll angehoben werden, auch bei den ÖBB, Beamte und Pensionisten erhalten in den nächsten Jahren nur geringe oder gar keine Erhöhungen ihrer Bezüge und im Bundesdienst kommt es - mit Ausnahme der Lehrer, Richter, Staatsanwälte und der Exekutive - zu einem Aufnahmestopp bis 2014. Daneben gibt es eine Reihe kleinerer Projekte. Staatsarchiv und Heeresgeschichtliches Museum sollen zusammengelegt werden, das Patentamt wird ausgegliedert, der Entminungsdienst wandert vom BMI ins Verteidigungsressort, die Heeresspitäler werden geschlossen, Bezirksgerichte zusammengelegt und die Schulverwaltung gestrafft.

Ein Koalitionssparpaket kann immer nur ein Kompromisspaket sein. Dass sich die ÖVP mit ihrer Forderung nach Studiengebühren ebenso wenig durchsetzen konnte, wie die SPÖ mit ihrem Wunsch nach Vermögenssteuern, ist nur der offensichtlichste Beweis dafür. Man kann über Studienbeiträge denken was man will, aber dass Arbeit mit knapp 50% und Kapital mit 25% versteuert wird, ist eine fiskale Perversion. Die ÖVP stemmt sich so vehement gegen die gerechte Besteuerung von Vermögen, dass man meinen könnte, wir hätten in Österreich noch das Zensuswahlrecht. Es ist schon fast bestürzend, dass die ÖVP mittlerweile offenbar eher bereit ist, die Interessen der Bauern zu Opfern, als jene der Hochfinanz.

Davon abgesehen fehlen auch andere wichtige Reformansätze. Frauen gehen nach wie vor früher in Pension, eine Zusammenlegung der momentan 18 Sozialversicherungen ist nicht vorgesehen und die Bauern profitieren nach wie vor von niedrigen Beiträgen bei den Sozialabgaben. Dagegen sind die symbolischen Einsparungen bei Regierung, National-, und Bundesrat nur Peanuts und das Ergebnis einer populistischen Lamentiererei über Einsparungen, die doch zuerst bei „denen da oben“ ansetzen sollen. Eine Kürzung der Parteienförderungen hätte mehr gebracht. Aber wieso soll man sich selber wehtun, wenn man die Kronenzeitung schon mit einem neuen Haarschnitt beruhigen kann?

Der große Aufschrei gegen das Sparpaket ist am Ende wohl deshalb ausgeblieben, weil es unterm Strich als ausgeglichen empfunden wird. Das mag im Großen und Ganzen auch zutreffen. Erfolg wird diesem Programm aber nur dann beschieden sein, wenn es weder der letzte Reformversuch bleibt, noch nach der nächsten Wahl verwässert wird.
Regierung und Parlament können aber insgesamt nur die großen Zielvorgaben beschließen. Entscheidend wird am Ende auch sein, wie groß der Sparwille an den unteren Stellen ist. Als jemand, der aufgrund des Aufnahmestopps im Bundesdienst wahrscheinlich seinen Job verliert, sehe ich ein, dass wir alle Opfer bringen müssen. Dass ich nicht verlängert werde tut mir weniger weh, wenn ich ans große Ganze denke, auch wenn ich weiß, dass so mancher Dienstflug eines Abteilungsleiters mehr kostet, als ich in einem halben Jahr verdiene.
„Sparsamkeit ist eine gute Einnahme.“ - Cicero

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