Å auf den Lofoten (© MM) |
Wenn Sie schon einmal in Norwegen waren, so brauche ich Ihnen nichts über die dortige Preislage zu erzählen, ich tu‘s aber trotzdem, weil ja noch nicht alle dort gewesen sind. Norwegen ist ein Land in dem ein deutscher Hartz IV.-Empfänger etwa drei Tage von Wasser und trockenem Brot leben könnte, bevor er seine Monatszuwendung aufgebraucht hätte. Ein 0,5 Liter Cola - meine weltweite Preisreferenzmarke - kostet im Geschäft meist 15 Kronen, das sind etwa 1,9 € (für alle Nichtcolafreunde: In Österreich kostet es 0,89 € bei Spar und 0,95 € bei Billa). Aber auch alles andere ist so teuer, insbesondere Alkohol, der großteils nur im staatlichen „Vinmonopolet“ zu haben ist und auf den 25% Mehrwertsteuer erhoben werden. Eine normale Flasche Wein kostet infolge etwa 30 €.
Norwegenurlaube aller Klassen brennen einem daher immer ein Loch in die Taschen. Wenn man nicht aufpasst ist man am Ende so liquide wie der Finanzminister der Hellenen.
Vom Zug aus fotografiert (© MM) |
Nicht zu Unrecht hat Douglas Adams – Friede seiner Asche – als er total eingeraucht durch halb Europa und die Welt tingelte um sein Buch „The Hitchhiker‘s Guide to the Galaxy“ zu schreiben, den Planetenbauer Slartibartfast behaupten lassen, er habe einen Designpreis für Norwegen erhalten. Ein religiöser Mensch möchte meinen, der Herrgott habe sich nach Norwegen wohl selbst auf die Schultern geklopft.
Derartige esoterische Attitüden vergehen einem natürlich gleich wieder, wenn man auf der Rückreise nach Stavanger dieselbe Info-CD nochmal hören muss. Insbesondere, wenn sie den Hauptwirtschaftszweig jedes passierten Kuhdorfs nennt (Wolle, Textilien, Kerzen …) und eine historische Kurzabhandlung liefert, die für jedes Kaff mehr oder minder ident ist (im Mittelalter durch die Pest dezimiert, große Auswanderung nach Amerika, Wirtschaftswachstum).
Drastische Geschichtsdarstellung auf Norwegisch (© MM) |
Oslo Sentralstasjon (© MM) |
Aber eigentlich können sie ihn sich ja leisten. Wer einmal das – totaaaal kritische – Ölmuseum in Stavanger besucht hat, weiß, dass Norwegen 1% aller Aktien weltweit besitzt und kann an einer elektronischen Zähluhr verfolgen wie viele Millionen Kronen sekündlich in den Staatsfond fließen, der durch die Öl- und Gasverkäufe gefüllt wird. Im Museum, das unter anderem von Shell gesponsert wird, erfährt man auch, dass Öl nichts anderes ist als die millionen Jahre lang gespeicherte Energie der Sonne. Ich glaube von CO2 nirgends etwas gelesen zu haben.
Auch das kann sich ein Land wohl leisten, das über 400 Milliarden Euro auf der hohen Kante hat. Man kann den Norwegern zumindest nicht vorwerfen, dass sie das Geld in kongolesische Bergwerksaktien oder Anteile an pakistanischen Textilfabriken mit Kinderarbeit investieren würde. Es gibt klare ethische Vorschriften und eine ganze Liste an Unternehmen die wegen Verstoßes gegen diese von Investitionen grundsätzlich ausgenommen sind, darunter Phillip Morris (Tabakverkauf), Wal-Mart (Bruch von Arbeitnehmer- und Menschenrechten) oder EADS (Produktion von Nuklearraketen für Frankreich). Das Land im hohen Norden ist dann auch noch recht knickrig mit der Mittelverwendung aus dem Fond. Es werden nur Erträge abgeschöpft, niemals das Grundkapital angegriffen. Trotzdem hat Norwegen heute keine Staatsverschuldung, und ist einer der größten Entwicklungshilfezahler, auch wenn in Trondheim manche Straßen Löcher haben und die Staatsbahnen mit Zügen aus den 60ern fahren. Dafür erhalten Studenten neben einem kostenlosen Heimplatz ein 8000 Euro-Darlehen jährlich, von dem sie nur die Hälfte zinslos zurückzahlen müssen, zahlt man in Norwegen keinerlei Sozialabgaben und hat nach fünf Jahren Arbeit Anspruch auf 1200 € Mindestpension, auszahlbar weltweit. Trotz der Öleinnahmen gibt es in Norwegen aber weiterhin rigoros hohe Steuern auf Einkommen und Erträge. Hätte man in Österreich derart viel Öl gefunden, wahrscheinlich hätte man als erstes die öffentliche Parteienfinanzierung um 300% angehoben und dann als Wahlzuckerl die Pendlerpauschale verdoppelt. Bei der Qualität der heimischen Politik möchte ich meinen, dass spätestens Karlheinz Grasser die letzten Ölmillionen in Las Vegas auf Schwarz gesetzt hätte.
Das entspräche aber so gar nicht der norwegischen Besonnenheit. In der Tat sind die Norweger so besonnen, dass sie gewisse Körperpartien, insbesondere die Gesichtsmuskulatur, kaum bewegen. Apollo 11 im Mare Tranquillitatis zu landen war vermutlich um einiges einfacher als mit Norwegern ein vernünftiges Gespräch zu führen. In der Folge eine theoretische Beispielkonversation, die Ihnen die Aufgeschlossenheit der Nordmenschen näherbringen soll:
Ö: Guten Tag!
N: Guten Tag.
Ö: Wie geht es Ihnen?
N: Danke, gut.
Ö: …
N: …
Ö: Haben Sie heute schon gefrühstückt?
N: Ja.
Ö: Was?
N: Brot.
Ö: Gab’s auf das Brot auch was drauf?
N: Ja.
Ö: …
N: …
Ö: Was denn?
N: Butter.
Die absolute Ungesprächigkeit und das „Sich-aus-der-Nase-ziehen-lassen“ sind dabei aber keineswegs unhöflich gemeint. Die korrekte Beschreibung wäre wohl: höflich aber distanziert. In keinem norwegischen Geschäft habe ich eine unfreundliche Bedienung vorgefunden, dagegen ist Wien eine einzige Kraterlandschaft der unmotivierten, grantigen Arschgfraster hinterm Tresen.
Trotzdem, Eiszapfen bleiben sie die Wickingernachfahren. Mehrfach wurde uns zwar versichert, dass die Leute nach Norden hin aufgeschlossener würden. Das einzige Anzeichen das ich persönlich in diese Richtung erleben durfte, war die überschwängliche Begrüßung durch eine Afroamerikanerin in deren Souvenirshopp in Bodø: „I looooooove that hat!“ schmetterte sie mir entgegen, in einer Stimmlage wie man sie sonst vielleicht bei der„Opra Show“ hört und auf meinen Strohhut – ja Paul, den trag ich immer noch – referenzierend. Ansonsten ist das einzig verlässliche Mittel um Norweger zum Sprechen zu bringen nicht die Folter, sondern der Alkohol. Tatsächlich dürfte die strikte Monopolisierung und harte Besteuerung des Fusels nicht völlig unbegründet sein. Norwegen hat – wohlgemerkt durch Volksabstimmung – schon einmal die Prohibition eingeführt. In einem Land, in dem es an manchen Orten ein halbes Jahr dunkel und kalt ist, ein wohl zumindest ansatzweise verständlicher Schritt. Dunkelheit und Kälte bringen uns dann auch schon zum scheinbar zweitliebsten Zeitvertreib der Norweger nach dem Saufen: Es gibt im hohen Norden ungewöhnlich viele junge Familien mit zwei bis drei Kindern und zwar solche die ihren Nachwuchs nicht Justin, Kevin oder Chantal-Cindy rufen. Erschreckend auch zu sehen wie viele Leute in meinem Alter scheinbar schon willentlich in die Reproduktionsphase übergegangen sind.
Trotzdem, Eiszapfen bleiben sie die Wickingernachfahren. Mehrfach wurde uns zwar versichert, dass die Leute nach Norden hin aufgeschlossener würden. Das einzige Anzeichen das ich persönlich in diese Richtung erleben durfte, war die überschwängliche Begrüßung durch eine Afroamerikanerin in deren Souvenirshopp in Bodø: „I looooooove that hat!“ schmetterte sie mir entgegen, in einer Stimmlage wie man sie sonst vielleicht bei der„Opra Show“ hört und auf meinen Strohhut – ja Paul, den trag ich immer noch – referenzierend. Ansonsten ist das einzig verlässliche Mittel um Norweger zum Sprechen zu bringen nicht die Folter, sondern der Alkohol. Tatsächlich dürfte die strikte Monopolisierung und harte Besteuerung des Fusels nicht völlig unbegründet sein. Norwegen hat – wohlgemerkt durch Volksabstimmung – schon einmal die Prohibition eingeführt. In einem Land, in dem es an manchen Orten ein halbes Jahr dunkel und kalt ist, ein wohl zumindest ansatzweise verständlicher Schritt. Dunkelheit und Kälte bringen uns dann auch schon zum scheinbar zweitliebsten Zeitvertreib der Norweger nach dem Saufen: Es gibt im hohen Norden ungewöhnlich viele junge Familien mit zwei bis drei Kindern und zwar solche die ihren Nachwuchs nicht Justin, Kevin oder Chantal-Cindy rufen. Erschreckend auch zu sehen wie viele Leute in meinem Alter scheinbar schon willentlich in die Reproduktionsphase übergegangen sind.
Links und rechts, rauf und runter. |
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Norweger! So eine 14-tägige Brachialreise macht man natürlich nicht allein, sondern begibt sich in erlauchte Gesellschaft. Der gute Johannes und der liebe Daniel haben in diesen zwei Wochen mit mir gemeinsam das unterkühlte Gemüt der Norweger, die ungerecht-überdurchschnittliche Gutaussehlichkeit der lokalen Weiblichkeit, das wechselhafte Wetter, die schreienden Kinder im Familienabteil der „Norges Statsbaner“, die hohen Preise, bis zu 18-stündige Zugreisen, odorierende und pubertierende deutsche Pfandfinder, und meine gelegentliche Unterzuckerung (jederzeit durch Cola zu beheben) ertragen, wofür ich ihnen hiermit meinen verbindlichsten Dank aussprechen darf.
Mye for Norge, alt for Østerrike! ;-)
Wieder mal ein gewohnt-witziger Post! ;)
AntwortenLöschenIch møchte mich hiermit nochmals fuer euren Besuch beim Zwischenstopp in Trondheim bedanken, es hat mich sehr gefreut euch zu treffen und zu beherbergen! Als Geschenk gibts ein weiteres Stricherl neben der Norwegen-Flagge in deinem Flag-Counter. :P
Jeg ønsker deg fortsatt gode ferie, vi ses i et halvt år! Hjertelig hilsen,
Alex
Fi Fæn! Da hadde du en jævla god tid, ikke sant? :P
AntwortenLöschenJaja, das liebe Norwegen, wie ich es vermisse.Wirklich tolle Route!
Das mit der Unterkühltheit muss ich dir recht geben. Ändert sich auch nach einem halben Jahr nicht, wenn man den gewissen Zugang zu den Leuten nicht findet.
@'Reichs-': früher hat bokmål riksmål geheißen. das hat nichts mit Größenwahn zu tun, und schon gar nicht, wenn du dir anschaust wie groß Norwegen von der Fläche her ist :P Auch passierst du nicht die Staatsgrenze sondern die Riksgrenze^^
@Zeitung: naja, ich finde dagsavisen (nicht dagbladet!) kann man über den Kurier stellen: http://www.dagsavisen.no/ Sehr wirftschaftlich orientiert, aber der Kulturteil ist immer wieder interessant.
@Danke für deine wirtschaftliche Rundschau! Sehr aufschlussreich!
@Alex: Boa du in Norge? Hva bra!
Danke für die netten Kommentare! Übers riksmål durfte ich mir schon einen Vortrag einer konservativeren Norwegerin anhören, die Nynorsk glaub ich eher als Kretze empfunden hat und beim bokmål den alten Dativ vermisst :P
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