Dienstag, 17. November 2009

Mitzi Fekter Homos Lupus... oder: Wie modern ist die ÖVP?

"Das ist in der ÖVP nicht Mehrheitsfähig." Ein Satz, ein Todesurteil. Seit die Österreichische Volkspartei erkannt hat, dass die Tatsache, dass die Sozialdemokratie den parlamentarischen Faschismus in Österreich nicht als koalitionsfähig ansieht, ihr zu dem Vorteil gereicht deren einziger potenzieller Mehrheitsbeschaffer und damit Koalitionspartner zu sein (teils auch bedingt durch die politische Hyposomie der heimischen Grünen) und im Gegensatz zu dieser aber auch Alternativen zu besitzen, seit dem kann die demokratische Neuauflage der Vaterländischen Front jedes Vorhaben im Ansatz ersticken, das Österreich zu einem moderneren, weltoffeneren Staat machen könnte. Jene die jetzt einwenden die ÖVP habe zumindest in Sachen Gesamtschule einen Kurswechsel vollzogen, möchte ich daran erinnern dass es nicht die ÖVP war die in Österreich Schüler- und Lehrlingsfreifahrt, Schulbuchaktion, freien Hochschulzugang, Wahlgerechtigkeit, Mutter-Kind-Pass und Fristenlösung eingeführt hat. Auch, dass sie, obgleich sie sich heute gerne weltgewandt und offen zeigt, den Bau der UNO-City und des Austria-Centers in Wien bekämpft hat soll nicht unerwähnt bleiben. Auch ist seit Otto Glöckel, der nicht nur erste durchgreifende Reformen (Koedukation, demokratische Erziehung, Schülerselbstverwaltung, Individualpsychologie als Faktor im Schulwesen) im österreichischen Schulsystem durchgeführt hat, sondern auch durch das austrofaschistische System zu Tode kam, in Österreich keine wesentliche Bildungsreform mehr durchgeführt worden. Was die ÖVP unter Modernisierung versteht hat meistens etwas mit Privatisierung oder der Stimmabgabe über das Internet zu tun.
Nun ist dieser fatale Satz wieder gefallen, aus dem Mund von Maria Fekter Herrin von der Kiesgrube. Sie hat, obwohl keine Tirolerin, die Führung des konservativen Flügels - obwohl das eher als Tautologie erscheint - innerhalb der ÖVP übernommen und postuliert seitdem die vier modernen K's des christlich-sozialen "Wertekonservativismus":

- Kreuze in den Klassen
- Keine Homoehe
- Keine Gesamtschule
- Keine Zogajs

(Auch wenn die ÖVP seinerzeit gegen die Strafrechtsreform - das alte StG kannte nicht nur den "schweren Kerker" bei "Wasser und Brot", sondern auch das Vergehen der "Ehestörung" und stellte Homosexualität unter Strafe- wegen der darin enthaltenen Fristenlösung ablehnte und sogar ihr mickriges Bundesratsveto dagegen mobilisierte, hat sie das fünfte K - "Keine Abtreibung" - mittlerweile eingemottet.)

Besagte Frau Fekter hat es verhindert, dass gleichgeschlechtlich orientierte Paare sich in Österreich am Standesamt "partnerschaften" können, von heiraten ganz zu schweigen. Als staatsrechtlich interessierter Mensch fragt man sich natürlich, was für eine - mit Sicherheit intendierte - abwertende Wirkung es haben soll, wenn eine Zeremonie nicht in die Kompetenz der Gemeinden (wie die standesamtliche Hochzeit) sondern in die des nächsthöheren Verwaltungsverbandes, des Bezirkes fällt. Wahrscheinlich war Frau Fekter nur von der Angst geleitet, Heteros und Homos könnten sich in den Fluren der österreichischen Standesämter begegnen und Letztere Erstere gar kurz vor der Hochzeit "umpolen". Eventuell empfindet sie gewissen Menschen auch einfach nur als wandelnde visuelle Beleidigung (Was mag sie nur von schwulen Asylanten halten?). Auch wenn es sich vielleicht noch nicht in die oberösterreichischen Beichtstühle durchgesprochen hat, dass sexuelle Affiktion die auf gegenseitigem Einverständnis beruht keine Krankheit ist, so hätte man doch erwarten können, dass eine Partei, die sich immer gerne als die des Steuerzahlers präsentiert, einsieht, dass die Delegation von artverwandten Verwaltungsangelegenheiten in den Aufgabenbereich verschiedener Behörden zumindest als finanziell unvernünftig bezeichnet werden kann. Um das Ganze neue Gesetzeswerk auch vom menschlichen Standpunkt aus verständlicher darzustellen, folgendes Fallbeispiel:

Ein lesbisches Paar entschließt sich ein Kind zu haben. Eine Partnerin unterzieht sich einer künstlichen Befruchtung, gebiert ein Kind und zieht dies gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin auf. Nach ein paar Jahren stirbt die leibliche Mutter, das Kind muss in ein Pflegeheim, weil ihm zwar zugemutet werden kann von zwei Homos aufgezogen zu werden, aber nicht von einer.

Die Perversität dieses Eingriffes in das Kindesleben, das mit einem Schlag die beiden wichtigsten, vielleicht einzigen, Bezugsquellen in seinem Leben verliert, kann man sich gar nicht ausmalen. Da es in Zukunft wohl auch die Grundrechtsbeschwerde über Kinderrechte in der Verfassung geben wird, kann ich mir nicht vorstellen, vor welchem verfassungsgerichtlichen Hofrat eine Beschwerde gegen einen solchen Kindesentzug kein Gehör finden würde.
Es soll mir jemand, der sich wertverbunden nennt erklären, warum das Kindswohl in Österreich plötzlich hinter der katholischen Weltanschauung firmiert. Es soll mir Josef Pröll, der sich als Vorsitzender der "ÖVP-Perspektivengruppe" noch für das Standesamt ausgesprochen hatte erklären, warum päpstliche Enzykliken schwerer wiegen als die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz. Tatsächlich wird hier Gleiches ungleich behandelt, eine Handhabung die einem modernen Rechtsstaat nicht würdig ist. Warum hält eine Partei ihre religiösen Anschauungen - fraglich ob eine Partei solche überhaupt haben sollte - höher als das Menschenrecht? Ich persönlich halte staatliche Eingriffe in die Gleichheit aller Menschen nur für legitim, wenn diese vom Standpunkt des Schutzes des Einzelnen und der Gesellschaft als unbedingt notwendig erscheinen. Ist es unbedingt notwendig Homosexuellen den Zutritt zu den Standesämtern dieser Republik zu verwehren? Ist es notwendig aus gesellschaftspolitischen Erwägungen einem Kind die Mutter und einer Mutter das Kind zu nehmen? Wer tatsächlich glaubt die österreichische Gesellschaft würde morgen erodieren, weil Homosexualität eine Krankheit ist, mit der man Menschen anstecken kann und die die Familie zerstört, der sollte einen Psychiater aufsuchen und sich wegen Paranoia behandeln lassen. Familien werden durch fremdvögelnde Väter zerstört, durch Mütter die ihre Säuglinge im Papiercontainer entsorgen und Eltern die ihre Kinder schlagen und missbrauchen. Angesichts dessen, dass weite Teile der Bevölkerung gescheit genug zum f*cken aber zu blöd zum verhüten sind, halte ich es für unverantwortlich Menschen - die bereit wären Kindeserziehung zu übernehmen - aufgrund ihrer Sexualität zu diskriminieren.
Auf die Fahne der Österreichischen Volkspartei passen viele Wörter, "modern" gehört aber sicher nicht dazu.

-

"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen