Kürzlich durfte ich erleben, wie in zwei Zeit im Bild Sendungen an einem Tag Kirgisistan (alternativ auch Kirgisien oder Kirgistan) geografisch in den Kaukasus verlegt wurde. Auf ORF 1 läuft nachmittags zum gefühlten millionsten Mal Malcolm mittendrin, wer hätte sich gedacht, dass man einem diese Serie durch schiere Dauerpräsenz verleiden kann. Das Kinderprogramm wird jetzt von einem Schwein geleitet und mit Danielle Spera verlässt eine der letzten integeren Moderatorinnen den Sender.
Der ORF ist der größte Medienkonzern Österreichs mit über 4.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von etwa 900 Millionen Euro. Dennoch schreibt er - trotz so überzeugender Sympathieträger wie Wolfram Pirchner und Lizzi Engstler - rote Zahlen, wird von der Politik vereinnahmt und fortlaufend kommerzialisiert. Der Österreichische Rundfunk strahlt immer noch etwas aus, leider nicht immer das Beste.
Wahrscheinlich können sich viele auf die Standpauken der eigenen Eltern erinnern: „Als ich jung war, gab’s am Mittwoch den Kasperl und sonst nix!“ Wer hätte gedacht, dass wir selber einmal sagen würden: „Als ich jung war gab’s Am Dam Des und später den gschüttelten Confetti und sonst nix.“ Jetzt gibt es nicht nur Kinderprogramm auf dutzenden Kanälen, nein es gibt auch eigene Kindersender, die die Entinfantilisierung des Nachwuchses weiter vorantreiben. Hannah Montana und andere christlich-patriotisch-amerikanische Sexbomben in spe machen den lieben Kleinen klar, wie wichtig Pailletten für die Kleidung und dämliches Herumgekreische für einen Ruf als überdrehte Hollywoodschnalle sind. Wer wie ich ein pubertierendes weibliches Familienmitglied hat, wünscht sich spätestens seit High School Musical X und den Jonas Brothers die sofortige Realisierung der Selbstmordzellen aus Futurama. Man muss sich - wie das betreffende pubertierende weibliche Familienmitglied - nicht einmal im Entferntesten für diesen inhaltsleeren Amerikanischen Exportwahnsinn interessieren: Sobald ein Teenie im Haus ist, lacht die Fratze von irgend einem halbwarmen Highschool Musical Sunnyboy von jeder Zeitschrift, jedem Schokoriegel und auch sonst von jedem Produkt, dass jemand zwischen 12 und 18 kaufen könnte. Wir mussten uns wenigstens nur über die Backstreet Boys ärgern. Dem ORF sind diese Serien und Filmchen noch zu teuer, er bewirbt einstweilen fleißig die Merchandiseingprodukte und wartet bis Hannah Montana so abgestanden ist wie die erste Staffel von Malcolm mittendrin.
Für uns waren noch der Clown Habakuk - im bürgerlichen Namen Arminio Rothstein und leider schon 1994 verstorben - und sein Nachfolger Enrico - bürgerlich Heinz Zuber und Burgschauspieler - die Größten. Wie der es geschafft hat zwischen seine behandschuhten Finger zu pusten und dabei den Ton einer Trillerpfeife zu erzeugen wird mir immer ein Rätsel bleiben. Sowas lernt man wohl nur im Reinhardtseminar... Auch die Musik wurde damals vom guten Enrico übernommen und nicht von einer millionenschweren US-Göre, die mit einem falschen Muff auf dem Kopf ins Mikro plärrt. Unter dem Motto „Ich sage nichts, ich singe viel viel lieber!“ war Musik zu meiner Zeit noch Teil des Unterhaltungsprogramms. Das einzig künstliche im damaligen Kinderfernsehen war das x-fach geliftete Gesicht von Moderatorin Ingrid Riegler. Die nahm sich dafür noch Zeit uns sinnvolle Basteltipps zu geben, nicht wie die schlecht synchronisierten Tucken aus dem britischen Handarbeits-TV, die aus Müll in 60 Sekunden noch mehr Müll machen.
Die von meiner Mutter handverlesenen und als kindertauglich befundenen Sendungen wie Nils Holgersson, Wickie, Heidi, Alfred Jodocus Kwak und Niklaas der (zugegeben etwas schwul wirkende) Junge aus Flandern hatten wenigstens noch einen pädagogischen Mehrwert, im Gegensatz zu dem südkoreanischen Importstumpfsinn á la Spongebob, der Kika, Nick und SuperRTL heute überflutet. Der einzig vernünftige Charakter ist dabei der talentierte Thaddäus Tentakel. Eine Generation die Patrick Star als Vorbild hat, läuft unaufhaltsam auf den Abgrund zu.
Das Fernsehprogramm hatte zu unserer Zeit noch einen Sinn und im Radio hieß es bedeutungschwer und großspurig „Der österreichische Rundfunk sendet Nachrichten“. Das allein bewirkte schon, dass man sich aufrecht hingesetzt hat. Damals wurde auch noch zum Sendeschluss im Fernsehen - ja sowas gab's tatsächlich - die Bundeshymne gespielt. Heute lässt man zwei Takte anklingen, wenn der Bundespräsident am Nationalfeiertag oder zu Silvester um 19:48 seine Rede ans Volk verliest. Früher unterrichtete die Mini-ZIB auch Schmalspurcharaktere wie mich über das Weltgeschehen und Hans Georg Heinke hat uns dabei sogar noch geduzt! Mittlerweile hat man sich im ORF scheinbar damit abgefunden, dass sich die Jugend nicht für die Politik interessiert. Dass das Thema heute nicht mehr kommuniziert wird, haben sich die Politiker, die - und das ist kein Scherz - in der Beliebtheitsskala der Österreicher kurz vor den Waffenhändlern rangieren, aber auch selbst zuzuschreiben.
Die Politik versucht dabei noch fleißig von allen Seiten auf den ORF Einfluss zu nehmen. Als Wolfgang Schüssel 2005 als erster Bundeskanzler überhaupt eine Ansprache im Fernsehen halten durfte, wusste man, woher der Wind nun wehte. Im folgenden Wahlkampf erlaubte ihm der Küniglberg sogar den Austausch seiner Sitzgelegenheit bei der TV-Diskussion. Der Bundeskanzler hatte sich auf dem ORF-Sessel einfach nicht wohl genug gefühlt. Davor war das Fernsehen in Österreich jahrzehntelang eine rote Sache. Julius Raab wollte das Radio als schwarze Dömäne behalten und soll dabei mit Bezug auf das Fernsehen den legendären Spruch „In des Kastl schaut eh kaner eini.“ getätigt haben. Erst das Rundfunkvolksbegehren hat den heimischen TV-Markt etwas entpolitisiert. Doch jetzt greifen die Parteien wieder nach dem Sender und versuchen ihn unter die Kontrolle des Bundeskanzleramtes zu ziehen. Die Demokratisierung des ORF ist dabei ein zurückgebliebener schlechter Scherz. Die Seher dürfen per Fax - wer hat sowas noch? - den Publikumsrat wählen, der wiederum ein bisserl was beraten und mitstimmen darf. Diese Wahl war schon eine demokratiepolitische Farce, als die SPÖ sie gewann und ist auch nach dem kürzlichen ÖVP-Sieg immer noch ein politischer Humunculus. Die Mächtigen ändern sich, ihre Methoden bleiben dieselben...
Zu schaffen machen dem ORF derzeit aber die Einschaltquoten, noch vielmehr als die Politik. Gab es früher nur zwei Österreichische Sender, so etablieren sich seit den späten 90ern auch Privatanstalten und das deutsche Fernsehen überschwemmt den Markt mit teutonischem Unterhatungschauvinismus. Das heimische Fernsehen ist mittlerweile schon so in Bedrängnis, dass der Verkauf eines der beiden großen ORF-Sender - der älteren Generation noch als FS 1 und FS 2 bekannt - oder von TW 1 (Maschek-Freunde verwenden die Bezeichnung „Total Watch One“) in Betracht gezogen wurde.
In Zeiten von marktorientierter Programmgestaltung lässt natürlich auch das Niveau immer mehr zu wünschen übrig. Rosamunde Pilcher und schmalzige Telenovelas ersetzten den Auslandsreport, den Club 2 und die Doppelmoderation in der ZIB um 19:30 Uhr. Erst die Programmreform hat sie uns, den Auslandsreport nunmehr als Weltjournal, wiedergebracht. Dennoch leidet der gesellschafts- und kulturpolitische Auftrag, für den die braven Bürger (nein Sie nicht Herr Wolfgang E.) ihre GIS-Gebühren zahlen, unter dem permanenten Druck der verblödeten Masse, die bei der Millionenshow mehrheitlich schon bei der 500€-Frage aussteigt.
Der ORF macht es sich aber auch leicht. Er sieht seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag schon erfüllt, wenn er am Beispiel der Schrebergärtnerin Otti K. erklärt, dass man von Zecken auch am hellichten Tag überfallen werden kann und diese erst nach Stunden von ihrem Opfer ablassen. Dafür rechtfertigt man den Musikantenstadel und Dancing Stars mit dem Wunsch der Zuschauermassen. Genauso schwachsinnig erscheint die Sendeplatzzuteilung, wenn etwa die Eigenproduktion Schnell ermittelt nach dem deutsche Tatort kommt, den man wie den Mutantenstadel auch im Piefke-TV „genießen“ kann. Am jämmerlichsten sind aber immer noch die ORF-Produktionen, in denen die Schauspieler auffällig schönes Hochdeutsch sprechen und damit die leise Hoffnung des Senders offenbaren, die ARD oder das ZDF möchten den Stumpfsinn kaufen und vom Rhein bis zum Belt ausstrahlen. Im Schweizer Fernsehen wird wenigstens noch hemmungslos Dialekt gesprochen, was nicht nur den Wetterbericht von Meteo zum Horror für alle Zugereisten werden lässt.
Höhepunkt der Entaustrifizierungsaktion des österreichischen Fernsehens war bis dato die vollständig gefloppte Serie Mitten im 8en. Alexander Wrabetz hat auf einer Veranstaltung vor dem Start der Serie allen Ernstes Befürchtungen geäußert, diese könnte der ZIB nachhaltig Zuseher abgraben. Auf die Frage des Stiftungsrates nach einem Plan-B, sollte die Sache ein Misserfolg werden, habe er geantwortet, er glaube fest an den Erfolg und habe daher keinen Plan-B. So läuft das Management im ORF… Mitten im 8en hat den Sender etwa 20 Millionen Euro gekostet. Ich glaube Wrabetz versteht bis heute nicht, warum ein von deutschen Regisseurinnen umgesetztes holländisches Drehbuch in Österreich nicht angekommen ist.
Wo ist die gute alte Zeit des Staatsfernsehens in Österreich hingekommen? Aus Am Dam Des wurde Confetti TV, daraus wieder Okidoki. Die Kinderstars wechselten dabei von Habakuk und Enrico auf Confetti und schließlich auf ein violettes Schwein im scheinbaren Dauer-LSD-Rausch, dessen Name ich vergessen habe. Der Seniorenclub wurde zu Willkommen Österreich, das wiederum in Heute in Österreich und Frühling-, Sommer-, Hernst- und Winterzeit umgetauft und aufgespalten wurde, um dazwischen legal Werbung senden zu dürfen. Aus dem beschaulichen Alfred Böhm als Oberkellner für die alten Schachteln wurde die hysterisch-fröhliche Lizzi Engstler die alle Anrufer mit dem Hamburger Sie anspricht:
„Grüßi Frau Marianne, was können Sie uns zum Thema Verstopfung im Alter sagen?“
Zumindest hat man die schreckliche Russwurm und ihr Warzenmuttermal nachhaltig aus dem Hauptabendprogramm entfernt. Dafür versucht das Öffentlich-rechtliche mit der Abwerbung des allseits verhassten Dominic H. (Name der Redaktion bekannt) vom Privatfernsehen wieder etwas jugendlichen Schwung in die vorabendliche Society-Berichterstattung zu bringen. Seitenblicke mit Jeannine Schiller und Waltraud Haas für die Omas, Chilli mit Richard Lugner und Mausi, Katzi, Bambi, Hasi, Hundi, Pferdi oder Stachelschweindi für die Jungen… Was für ein Konzept! Wenn der ORF weiter an seiner Strategie feilt, auch die letzte Gesellschaftsschicht noch mit irgendeiner Sendung zufriedenstellen zu wollen, bekommt die Familie Rosenkranz bald ihr heiß ersehntes Heute in Großdeutschland.
Anstatt nur nach billigen Einschaltquoten zu fischen und es allen Recht machen zu wollen, sollte endlich ein einheitliches Senderkonzept her, das Information, Kultur und Unterhaltung in einer stimmigen Art und Weise verbindet. Dass niemand um 20.15 von Barbara Rett die neuesten Auswüchse des internationalen Ausdruckstanzes präsentiert bekommen möchte, ist dabei ebenso einleuchtend wie die Ansicht, dass der ORF am Vorabend keine deutsche Telenovelas wiederholen muss, die die ARD schon vor Wochen gesendet hat. Zur Umsetzung der dringend erforderlichen Programm- und Strukturreform gehört aber auch, dass die Damen und Herren Landeshauptleute nicht länger an der ORF-Gebühren mitnaschen und für ihre parteipolitischen Interessen deftige Aufschläge erheben. Wenn nicht bald was geschieht, wird Julius Raab noch im Nachhinein Recht bekommen und keiner wird mehr ins österreichische Kastel hineinschauen, sondern nur noch deutsches Fernsehen gucken. Prost Mahlzeit!
Der ORF ist der größte Medienkonzern Österreichs mit über 4.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von etwa 900 Millionen Euro. Dennoch schreibt er - trotz so überzeugender Sympathieträger wie Wolfram Pirchner und Lizzi Engstler - rote Zahlen, wird von der Politik vereinnahmt und fortlaufend kommerzialisiert. Der Österreichische Rundfunk strahlt immer noch etwas aus, leider nicht immer das Beste.
Wahrscheinlich können sich viele auf die Standpauken der eigenen Eltern erinnern: „Als ich jung war, gab’s am Mittwoch den Kasperl und sonst nix!“ Wer hätte gedacht, dass wir selber einmal sagen würden: „Als ich jung war gab’s Am Dam Des und später den gschüttelten Confetti und sonst nix.“ Jetzt gibt es nicht nur Kinderprogramm auf dutzenden Kanälen, nein es gibt auch eigene Kindersender, die die Entinfantilisierung des Nachwuchses weiter vorantreiben. Hannah Montana und andere christlich-patriotisch-amerikanische Sexbomben in spe machen den lieben Kleinen klar, wie wichtig Pailletten für die Kleidung und dämliches Herumgekreische für einen Ruf als überdrehte Hollywoodschnalle sind. Wer wie ich ein pubertierendes weibliches Familienmitglied hat, wünscht sich spätestens seit High School Musical X und den Jonas Brothers die sofortige Realisierung der Selbstmordzellen aus Futurama. Man muss sich - wie das betreffende pubertierende weibliche Familienmitglied - nicht einmal im Entferntesten für diesen inhaltsleeren Amerikanischen Exportwahnsinn interessieren: Sobald ein Teenie im Haus ist, lacht die Fratze von irgend einem halbwarmen Highschool Musical Sunnyboy von jeder Zeitschrift, jedem Schokoriegel und auch sonst von jedem Produkt, dass jemand zwischen 12 und 18 kaufen könnte. Wir mussten uns wenigstens nur über die Backstreet Boys ärgern. Dem ORF sind diese Serien und Filmchen noch zu teuer, er bewirbt einstweilen fleißig die Merchandiseingprodukte und wartet bis Hannah Montana so abgestanden ist wie die erste Staffel von Malcolm mittendrin.
Für uns waren noch der Clown Habakuk - im bürgerlichen Namen Arminio Rothstein und leider schon 1994 verstorben - und sein Nachfolger Enrico - bürgerlich Heinz Zuber und Burgschauspieler - die Größten. Wie der es geschafft hat zwischen seine behandschuhten Finger zu pusten und dabei den Ton einer Trillerpfeife zu erzeugen wird mir immer ein Rätsel bleiben. Sowas lernt man wohl nur im Reinhardtseminar... Auch die Musik wurde damals vom guten Enrico übernommen und nicht von einer millionenschweren US-Göre, die mit einem falschen Muff auf dem Kopf ins Mikro plärrt. Unter dem Motto „Ich sage nichts, ich singe viel viel lieber!“ war Musik zu meiner Zeit noch Teil des Unterhaltungsprogramms. Das einzig künstliche im damaligen Kinderfernsehen war das x-fach geliftete Gesicht von Moderatorin Ingrid Riegler. Die nahm sich dafür noch Zeit uns sinnvolle Basteltipps zu geben, nicht wie die schlecht synchronisierten Tucken aus dem britischen Handarbeits-TV, die aus Müll in 60 Sekunden noch mehr Müll machen.
Die von meiner Mutter handverlesenen und als kindertauglich befundenen Sendungen wie Nils Holgersson, Wickie, Heidi, Alfred Jodocus Kwak und Niklaas der (zugegeben etwas schwul wirkende) Junge aus Flandern hatten wenigstens noch einen pädagogischen Mehrwert, im Gegensatz zu dem südkoreanischen Importstumpfsinn á la Spongebob, der Kika, Nick und SuperRTL heute überflutet. Der einzig vernünftige Charakter ist dabei der talentierte Thaddäus Tentakel. Eine Generation die Patrick Star als Vorbild hat, läuft unaufhaltsam auf den Abgrund zu.
Das Fernsehprogramm hatte zu unserer Zeit noch einen Sinn und im Radio hieß es bedeutungschwer und großspurig „Der österreichische Rundfunk sendet Nachrichten“. Das allein bewirkte schon, dass man sich aufrecht hingesetzt hat. Damals wurde auch noch zum Sendeschluss im Fernsehen - ja sowas gab's tatsächlich - die Bundeshymne gespielt. Heute lässt man zwei Takte anklingen, wenn der Bundespräsident am Nationalfeiertag oder zu Silvester um 19:48 seine Rede ans Volk verliest. Früher unterrichtete die Mini-ZIB auch Schmalspurcharaktere wie mich über das Weltgeschehen und Hans Georg Heinke hat uns dabei sogar noch geduzt! Mittlerweile hat man sich im ORF scheinbar damit abgefunden, dass sich die Jugend nicht für die Politik interessiert. Dass das Thema heute nicht mehr kommuniziert wird, haben sich die Politiker, die - und das ist kein Scherz - in der Beliebtheitsskala der Österreicher kurz vor den Waffenhändlern rangieren, aber auch selbst zuzuschreiben.
Die Politik versucht dabei noch fleißig von allen Seiten auf den ORF Einfluss zu nehmen. Als Wolfgang Schüssel 2005 als erster Bundeskanzler überhaupt eine Ansprache im Fernsehen halten durfte, wusste man, woher der Wind nun wehte. Im folgenden Wahlkampf erlaubte ihm der Küniglberg sogar den Austausch seiner Sitzgelegenheit bei der TV-Diskussion. Der Bundeskanzler hatte sich auf dem ORF-Sessel einfach nicht wohl genug gefühlt. Davor war das Fernsehen in Österreich jahrzehntelang eine rote Sache. Julius Raab wollte das Radio als schwarze Dömäne behalten und soll dabei mit Bezug auf das Fernsehen den legendären Spruch „In des Kastl schaut eh kaner eini.“ getätigt haben. Erst das Rundfunkvolksbegehren hat den heimischen TV-Markt etwas entpolitisiert. Doch jetzt greifen die Parteien wieder nach dem Sender und versuchen ihn unter die Kontrolle des Bundeskanzleramtes zu ziehen. Die Demokratisierung des ORF ist dabei ein zurückgebliebener schlechter Scherz. Die Seher dürfen per Fax - wer hat sowas noch? - den Publikumsrat wählen, der wiederum ein bisserl was beraten und mitstimmen darf. Diese Wahl war schon eine demokratiepolitische Farce, als die SPÖ sie gewann und ist auch nach dem kürzlichen ÖVP-Sieg immer noch ein politischer Humunculus. Die Mächtigen ändern sich, ihre Methoden bleiben dieselben...
Zu schaffen machen dem ORF derzeit aber die Einschaltquoten, noch vielmehr als die Politik. Gab es früher nur zwei Österreichische Sender, so etablieren sich seit den späten 90ern auch Privatanstalten und das deutsche Fernsehen überschwemmt den Markt mit teutonischem Unterhatungschauvinismus. Das heimische Fernsehen ist mittlerweile schon so in Bedrängnis, dass der Verkauf eines der beiden großen ORF-Sender - der älteren Generation noch als FS 1 und FS 2 bekannt - oder von TW 1 (Maschek-Freunde verwenden die Bezeichnung „Total Watch One“) in Betracht gezogen wurde.
In Zeiten von marktorientierter Programmgestaltung lässt natürlich auch das Niveau immer mehr zu wünschen übrig. Rosamunde Pilcher und schmalzige Telenovelas ersetzten den Auslandsreport, den Club 2 und die Doppelmoderation in der ZIB um 19:30 Uhr. Erst die Programmreform hat sie uns, den Auslandsreport nunmehr als Weltjournal, wiedergebracht. Dennoch leidet der gesellschafts- und kulturpolitische Auftrag, für den die braven Bürger (nein Sie nicht Herr Wolfgang E.) ihre GIS-Gebühren zahlen, unter dem permanenten Druck der verblödeten Masse, die bei der Millionenshow mehrheitlich schon bei der 500€-Frage aussteigt.
Der ORF macht es sich aber auch leicht. Er sieht seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag schon erfüllt, wenn er am Beispiel der Schrebergärtnerin Otti K. erklärt, dass man von Zecken auch am hellichten Tag überfallen werden kann und diese erst nach Stunden von ihrem Opfer ablassen. Dafür rechtfertigt man den Musikantenstadel und Dancing Stars mit dem Wunsch der Zuschauermassen. Genauso schwachsinnig erscheint die Sendeplatzzuteilung, wenn etwa die Eigenproduktion Schnell ermittelt nach dem deutsche Tatort kommt, den man wie den Mutantenstadel auch im Piefke-TV „genießen“ kann. Am jämmerlichsten sind aber immer noch die ORF-Produktionen, in denen die Schauspieler auffällig schönes Hochdeutsch sprechen und damit die leise Hoffnung des Senders offenbaren, die ARD oder das ZDF möchten den Stumpfsinn kaufen und vom Rhein bis zum Belt ausstrahlen. Im Schweizer Fernsehen wird wenigstens noch hemmungslos Dialekt gesprochen, was nicht nur den Wetterbericht von Meteo zum Horror für alle Zugereisten werden lässt.
Höhepunkt der Entaustrifizierungsaktion des österreichischen Fernsehens war bis dato die vollständig gefloppte Serie Mitten im 8en. Alexander Wrabetz hat auf einer Veranstaltung vor dem Start der Serie allen Ernstes Befürchtungen geäußert, diese könnte der ZIB nachhaltig Zuseher abgraben. Auf die Frage des Stiftungsrates nach einem Plan-B, sollte die Sache ein Misserfolg werden, habe er geantwortet, er glaube fest an den Erfolg und habe daher keinen Plan-B. So läuft das Management im ORF… Mitten im 8en hat den Sender etwa 20 Millionen Euro gekostet. Ich glaube Wrabetz versteht bis heute nicht, warum ein von deutschen Regisseurinnen umgesetztes holländisches Drehbuch in Österreich nicht angekommen ist.
Wo ist die gute alte Zeit des Staatsfernsehens in Österreich hingekommen? Aus Am Dam Des wurde Confetti TV, daraus wieder Okidoki. Die Kinderstars wechselten dabei von Habakuk und Enrico auf Confetti und schließlich auf ein violettes Schwein im scheinbaren Dauer-LSD-Rausch, dessen Name ich vergessen habe. Der Seniorenclub wurde zu Willkommen Österreich, das wiederum in Heute in Österreich und Frühling-, Sommer-, Hernst- und Winterzeit umgetauft und aufgespalten wurde, um dazwischen legal Werbung senden zu dürfen. Aus dem beschaulichen Alfred Böhm als Oberkellner für die alten Schachteln wurde die hysterisch-fröhliche Lizzi Engstler die alle Anrufer mit dem Hamburger Sie anspricht:
„Grüßi Frau Marianne, was können Sie uns zum Thema Verstopfung im Alter sagen?“
Zumindest hat man die schreckliche Russwurm und ihr Warzenmuttermal nachhaltig aus dem Hauptabendprogramm entfernt. Dafür versucht das Öffentlich-rechtliche mit der Abwerbung des allseits verhassten Dominic H. (Name der Redaktion bekannt) vom Privatfernsehen wieder etwas jugendlichen Schwung in die vorabendliche Society-Berichterstattung zu bringen. Seitenblicke mit Jeannine Schiller und Waltraud Haas für die Omas, Chilli mit Richard Lugner und Mausi, Katzi, Bambi, Hasi, Hundi, Pferdi oder Stachelschweindi für die Jungen… Was für ein Konzept! Wenn der ORF weiter an seiner Strategie feilt, auch die letzte Gesellschaftsschicht noch mit irgendeiner Sendung zufriedenstellen zu wollen, bekommt die Familie Rosenkranz bald ihr heiß ersehntes Heute in Großdeutschland.
Anstatt nur nach billigen Einschaltquoten zu fischen und es allen Recht machen zu wollen, sollte endlich ein einheitliches Senderkonzept her, das Information, Kultur und Unterhaltung in einer stimmigen Art und Weise verbindet. Dass niemand um 20.15 von Barbara Rett die neuesten Auswüchse des internationalen Ausdruckstanzes präsentiert bekommen möchte, ist dabei ebenso einleuchtend wie die Ansicht, dass der ORF am Vorabend keine deutsche Telenovelas wiederholen muss, die die ARD schon vor Wochen gesendet hat. Zur Umsetzung der dringend erforderlichen Programm- und Strukturreform gehört aber auch, dass die Damen und Herren Landeshauptleute nicht länger an der ORF-Gebühren mitnaschen und für ihre parteipolitischen Interessen deftige Aufschläge erheben. Wenn nicht bald was geschieht, wird Julius Raab noch im Nachhinein Recht bekommen und keiner wird mehr ins österreichische Kastel hineinschauen, sondern nur noch deutsches Fernsehen gucken. Prost Mahlzeit!
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