Donnerstag, 1. Juli 2010

Die Jungpolitiker, oder: ungustiöser geht's kaum.

Es gibt für mich in der Politik, mal abgesehen von Personen mit eindeutig verfassungsfeindlichen Tendenzen, kaum etwas grauslicheres als Jungpolitiker oder jene die sich dafür halten. Für die Politik braucht man den Willen zur Macht, da junge Leute meist nicht nur diesen Willen im Übermaß haben, sondern auch noch mit einer gewissen Kreuzfahrermentalität ausgestattet sind, eignen sie sich ganz besonders gut zur Projektion diverser Antipathien. Meist paart sich dann das eigene Sendungsbewusstsein mit einer gesunden Portion Dilettantismus und politischer Unerfahrenheit zu einem Potpourri der schlechtesten Charaktereigenschaften die ein Mensch haben kann. Weil junge Politiker - und damit meine ich nicht Christian Wulff, der von der CDU mit über 50 noch als Jungspund gepriesen wird, nur weil er seine etwas taufrischere Pressereferentin geschwängert hat - eben zu einer gewissen Pointiertheit, wenn nicht sogar Radikalität neigen, lassen sie sich noch ganz wunderbar in Kasterln einteilen:

JVP - Die Jungschnösel
Die ganz Ambitionierten gehen zur Jungen Volkspartei, wo man für seine Angepasstheit belohnt wird. Polohemd ist Vorschrift, nach hinten gegelte Haare und Seglerschuhe sind erwünscht. Mein Bruder hat einen äußerst treffenden Begriff für sie geprägt, er nennt sie die „Wannabes“. Und in der Tat ist die JVP beseelt vom Geist des großen "Möchtegern". Sie möchten gern so fesch wie die geschniegelten Affen aus der Peek&Cloppenburg Werbung sein, so erfolgreich wie Julius Meinl (in der Frühphase) und so beliebt wie Karlheinz Grasser (auch in der Frühphase). Das Möchtegern strahlen sie daher auch bei jeder Gelegenheit aus. Sie reden mit einem Akzent den man als Mischung aus Wolfgang Schüssel und Edmund Stoiber bezeichnen könnte und der überaus opernballtauglich wäre. Sie geben die entspannte Jugend, die Antworten auf alles hat, gern Wein trinkt - aber nur den guten - und über den neuesten Jahrgang Ruster Ausbruch philosophiert, als hätten alle eine Sommeliersausbildung genossen. Arme kennen sie nicht als gesellschaftliche Erscheinung, sondern nur als Gliedmaße. Wer kein Geld hat ist selber schuld. Sie sehen sich als Inbegriff der Leistungsgesellschaft, während sie sich von Papa Anwalt aushalten lassen. JVP-Vorsitzende neigen dazu nach Amtsantritt mit äußerst qualifizierten Aussagen mediale Strohfeuer zu entfachen, um danach gleich wieder in der Versenkung zu verschwinden. Am besten eignet sich dabei das Thema Generationenvertrag. Da alte Leute nicht mehr arbeiten und der Gesellschaft folglich auf der Tasche liegen, haben sie für den JVPler von Welt höchstens noch einen Brennwert im örtlichen Krematorium. Es verwundert daher auch nur wenig, wenn etwa die Einstellung von Operationen ab dem 70. Lebensjahr gefordert wird oder man erhöhte Beitragssätze für die Krankenversicherung mit der Aussage rechtfertigt, dass sich der Mindestpensionist jetzt zwar drei Wurstsemmeln weniger leisten könne, dafür aber seine Versorgung mit künstlichen Hüftgelenken sichergestellt sei. Die Herren von der JVP sind groß im Diskutieren, die Damen meist groß im lächeln und nicken. Dabei ist der Neoliberalismus meist Ersatzreligion und wird in einem Maße verteidigt, das es sogar republikanische Senatoren frösteln würde. Die geschickteste - und zugegeben auch plausibelste - Masche der Jungschwarzen besteht dabei in der ständigen Betonung der Alternativenlosigkeit. Wer nachstehende Kategorien an Politgschroppen genauer unter die Lupe nimmt, wird vielleicht verstehen, warum sich ihnen gegenüber eine gelackte Truppe von Allesverstehern und Alleskönnern als Heilsbringer aufspielen kann, die Oma und Opa am liebsten pünktlich zur Pensionierung einschläfern würde.

Die Roten und soo... - A bisserl Anpassung muss schon sein
Da gibt’s so die Jungen in der SPÖ, die wo was ein voll leiwandes Programm machen und soo, das wo ur viel bewegen kann und soo. Wer jetzt den Eindruck gewinnt ich stürze mich auf ein billiges Klischee, das über eine gewisse SPÖ-Bundesgeschäftsführerin kursiert, der hat völlig recht. Als evolutionäre Zwischenstufe zwischen Homo Snobiticus (siehe oben) und Homo Stalinensis (siehe in der Folge) hat sich in der SPÖ die sogenannte Rudas-Pelinka-Connection gebildet, die sich gemeinsam ur viele Aufsichtsratsposten und soo unter den Nagel gerissen hat. Im Prinzip pflegt man den Pathos des Linken, mit ein bisserl Verständnis für die da unten. Man gelt sich aber auch die Haare und trinkt nur den guten Wein, tut aber so als hätte man dabei ein etwas schlechtes Gewissen. Wobei das Vorhandensein eines solchen nicht als gesichert gilt. Die absolute gesellschaftspolitische Inhaltsleere dieser Jungpolitikerkaste verunmöglicht weitere Beschreibungen bereits im Ansatz. Man erinnert sich entfernt an Musils Mann ohne Eigenschaften... und soo.

Die gaaanz Roten - Überzeugte Revolutionsgardisten
Das Ende der androzentristischen kapitalistischen Ausbeutergesellschaft ist nah! Wieso wissen Sie das nicht? Nun, vielleicht deshalb, weil man Sie zur Klasse der Ausbeuter zählt und Sie von der bevorstehenden Revolution möglichst überrascht werden sollen, vielleicht aber auch weil nur wenige Eingeweihte zur antiimperialistischen Speerspitze gehören, die die geknechtete Arbeiterschaft vom Los der Lohnarbeit befreien wird. [In diesem Zusammenhang stellt sich für mich die Frage, ob Angestellte als Arbeiter im Sinne des geplanten gesellschaftlichen Paradigmenwechsels gelten. Falls nicht muss die Revolution wohl ohne den tertiären Sektor stattfinden. Arbeiter-, Bauern- und Angestelltenparadies klingt auch nicht wirklich schmissig.] Revolutionen werden interessanterweise immer von oben organisiert. Lenin fuhr im deutschen Panzerzug nach Russland, der Arzt Ernesto Guevara mit dem Motorrad auf Diktaturen-Sightseeing durch Lateinamerika. Die Umstürzler von heute sind meist Sozialanthropolog_Innen, Politikwissenschaftler_Innen (Ja ich gehöre zu einer prekären Kaste) oder Theaterwissenschaftler_Innen, die im Hauptberuf reden und Gruppen gründen die mit "Volx-" anfangen (aber nicht mit "-gerichtshof" aufhören). Das Programm ist quasi Antipode zur JVP, wer möglichst unangepasst ist wird herzlich willkommen geheißen. [Haben Transgenderpersonen eigentlich Anspruch auf Berücksichtigung durch die Frauenquote oder nicht?] Sind die Dialogpartner mal wieder rar, besetzt man kurzweg ein öffentliches Gebäude. Dann stimmt mensch ab, ob mensch über etwas abstimmen soll [Sollte man nicht auch darüber abstimmen, ob man darüber abstimmen soll, ob man über etwas abstimmt?]. Am Ende beschränkt man sich auf Plakataktionen in denen zur Zerschlagung des Kapitalismus oder des Parlaments aufgerufen wird. Basisdemokratie für alle ist auch so eine Forderung... nur an den ganzen Schwachsinn zu denken regt mich schon furchtbar auf. Das Weltbild von Akademikerkindern, die sich weigern arbeiten zu gehen, wenn ihnen der Papa den Geldhahn zudreht, weil das moderne Ausbeutung wäre, ist hier nicht ergänzungsbedürftig. Anzumerken bleibt nur, dass so mancher Jungsozialist oder Kommunist der 68er-Bewegung heute im Vorstand einer Bank sitzt. Die revolutionäre Karriere der heutigen Weltverbesserer scheint also absehbar. Die fetten Jahre sind eben vorbei...

GAJ - Die single issue party
Das Programm der Grünalternativen Jugend überschneidet sich inhaltlich stark mit jenem der Vorgängergruppe, wenn es nicht deckungsgleich ist. In Wirklichkeit wollen die Junggrünenn aber eh nur eines: Sich hemmungslos einrauchen. Dementsprechend kreativ auch die Namensgebung ihrer Studenten... pardon Studierendenvertretung GRAS. Da es meine feste Überzeugung ist, dass in diesen Kreisen weit weniger Verbaldiarrhö produziert wird, wenn sie so richtig zugedröhnt sind, unterstütze ich Legalisierungsbestrebungen voll und ganz. Kürzlich habe ich gelesen es gebe in Österreich 30.000 Konsumenten illegaler Drogen. Nachdem mir - außer mir selbst (kein Scherz, ich bin ein gesetzestreuer Spießer) - tatsächlich kein Gleichaltriger einfällt, von dem ich wüsste, dass er noch nie gekifft hat, bin ich zum Schluss gekommen, dass sich die Behörden wohl lediglich auf eine nichtamtliche Zählung der GAJ-Mitglieder_Innen stützen.

RFJ - Heil dem Verfassungsschutz
Oh was wäre die jungpolitische Landschaft ohne ihre Blaukehlchen? Dass das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes den Ring Freiheitlicher Jugend als rechtsextrem einordnet stört dabei nicht im Geringsten. Auch dass so manches Mitglied schon Tuchfühlung mit dem Verbotsgesetz hatte, ist bloß eine Lappalie. Der RFJ steht für die Ordentlichen und Anständigen und bewahrt auch das Andenken an jene Generation von SS-Gangstern die nur ihre Pflicht getan hat, als sie im rückwärtigen Heeresgebiet mit fleißiger Unterstützung der sauberen Wehrmacht ein paar Milliönchen Menschen beseitigt hat. Während Stalin der Völkerschlächter noch immer ungeschoren bleibt, wird der arme Adi-Onkel gaaaanz böse angefeindet, vor allem von den linkslinken Gutmenschen, die dann auch immer gleich Gräuelpropaganda betreiben und auch nicht vor Hetzt- oder Schmutzkübelkampagnen, Hexenjagden und Rufmord zurückschrecken. Als strammer Homo Germanicus glaubt man natürlich nicht alles, was einem die Schuldgesellschaft vorschreibt und hat seine eigene Meinung. Die Gattung „Wannabe“ hat auch hier einen Fuß in der Tür, wobei natürlich anzumerken ist, dass sie ja gewissermaßen der vierte Aufguss einer braunen Brühe sind (Adi-Onkel - Jörgl-Papa - HC-Bruder). Auch wenn die Burschenschaften stetig im Schrumpfen begriffen sind, so rücken im RFJ doch immer wieder jene Nazi-Proleten nach, die wir alle für ihre Schlagfertigkeit so schätzen. Wenigstens hat der Verfassungsschutz hin und wieder ein Auge auf die Nachwuchsbraunen.

Ferner liefen
Es gibt da ja noch weitere Wurstelvereine wie die GZÖ (Generation Zukunft Österreich) - kein Scherz - die vor allem dadurch auffiel, dass sie im Wesentlichen ohne Mitglieder und Programm fast die ganze Jugendförderung des Sozialministeriums kassierte, als Uschi Haubner dort noch im Chefsessel saß. Da das BZÖ generell nur aus Jung(geblieben)en besteht, erübrigt sich die weitere Frage nach den GZÖ-Aktivitäten. Nicht einmal gegen die Solariumbeschränkung für Jugendliche unter 18 wurde Protest eingelegt.
Verzeichnet ist auch noch eine rudimentäre liberale Jugend, auch hauptsächlich Mitglieder der „Wannabe“-Fraktion, die sich in der Liberalen Studentenschaft kumulieren, deren deutsche Vorsitzende bei der letzte ÖH-Wahl zu blöd war die Wahlunterlagen rechtzeitig einzureichen.

Sollten sie jetzt vollends verzweifelt sein, möchte ich Sie beruhigen. Es gibt zwar nur solche Jungpolitiker wie sie hier dargestellt wurden, und NUR solche, aber die schlimmsten fallen durch den grausamen Parteidarwinismus durch die Netze. Übrig bleiben dann die, die schlau genug waren nur so viel wie nötig zu sagen und die Meinung mit so vielen wie möglich zu teilen.

Am Schluss zur besseren Übersicht noch eine kleine Tabelle:


Die Supertypen
Frisur
Kleidung
Schuhe
Motto
JVP
Yuppie-Style
P&C
Seglerschuhe aus Kalbsleder
Jeder ist sich selbst der nächste
Die Roten und soo…
Ur fesch und soo…
P&C
(aber rote Sachen)
Seglerschuhe, aber nicht von den armen Kuhbabys
Ur viel Gerechtigkeit und soo…
Die gaaanz Roten
Uhu nach dem Waldbrand
VEB Kleidung
Schuhe sind Fußvergewaltigung, wenn’s sein muss Converse
Völker hört die Signale…
GAJ
Dreads
Selbst gewebt oder aus dem Reformladen
Sandalen von Birkenstock
If you’re eyes aint red, your stuff’s not good.
RFJ
Kurzhaarschnitt
(0,1 - 0,0 mm)
Neueste Mode vom Aufruhrversand
Springerstiefel
(die guten mit den Stahlkappen)
Unsere Ehre…
GZÖ
KHG-Look
Alles für die Fete Blanche
Spitz zulaufende genagelte Krokoschuhe
Oh Soli mio…

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