Mittwoch, 4. Mai 2011

Osamarama, oder: Der ,godfather of terror‘ ist tot.

Osama Bin Laden/Usama Bin Ladin ist tot. Es fällt einem schwer darüber Tränen zu vergießen, außer vielleicht man ist ein bezahltes irakisches Klageweib. Die Navy Seals sind im Auftrag des US-Präsidenten nach Pakistan geflogen, haben aufgrund technischer Gebrechen einen Hubschrauber verloren und das Wrack vernichtet, sind kurz nach Mitternacht in ein größeres Haus eingedrungen - das man in Pakistan vielleicht eine Villa nennen könnte, aber bei uns eher eine bessere Bauruine - und haben den Chef der Terrorgruppe Al Kaida liquidiert. Entgegen ursprünglicher Angaben war dieser nicht bewaffnet. Zwei weitere Männer und eine Frau kamen gleichfalls ums Leben. Mehrere Söhne bin Ladens wurden festgenommen. So weit zu den Fakten.

Angeblich wurde er bald darauf auf See bestattet, nach Islamischen Ritus, dabei hätte man ihn in Einzelteilen sicher teuer verscherbeln können. Vielleicht liegt der Leichnam des bärtigen Rächers vom Hindukusch aber auch immer noch in irgend einem CIA-Kühlschrank, gleich neben dem Bier. Die USA zieren sich noch Fotos des Toten zu veröffentlichen. Kein Wunder, Kopfschüsse sehen nicht sehr adrett aus. Wenn das Loch auf der Stirnseite größer ist, könne es für die Amerikaner aber auch peinlich werden, denn das würde bedeuten, dass bin Laden von hinten erschossen wurde. Ob man in dieser Frage je Licht ins Dunkel wird bringen können, wie das die Kugel mit Osamas Birne gemacht hat, bleibt fraglich.
Die Tatsache, dass er nicht bewaffnet war, aber man ihn trotzdem ausgeknipst hat, überrascht hingegen wenig. Die Vereinigten Staaten hatten nicht das geringste Interesse bin Laden festzunehmen. Festnahme hätte bedeutet diese entweder geheimhalten zu müssen, um ihn mit diversen - vermutlich eher ungustiösen und völkerrechtlich fragwürdigen - Methoden ,abzuschöpfen,‘ ihn in den USA unter Anklage zu stellen, womit ihm sämtliche juristischen Möglichkeiten nach der „Bill of Rights“ etc. zugestanden wären oder ihn vor ein Sondertribunal zur Verantwortung zu ziehen. Wahrscheinlich hätte man bin Laden wohl kaum zum sprechen bringen können, Verhöre jeglicher Art wären dementsprechend letztendlich zwecklos gewesen. Eine Anklage in den USA hätte aber vielleicht Dinge ans Licht gebracht, deren Veröffentlichung dem sehr ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis dieser Nation wohl weniger dienlich gewesen wäre. Aber auch Sondertribunale lassen sich kaum unter Ausschluss der Öffentlichkeit abwickeln, wenn die angeklagte Person Osama Bin Laden heißt. Das überwiegende öffentliche Interesse hätte eine Aburteilung im Verborgenen unmöglich gemacht.
Natürlich hätten die USA die Gefangenname auch verschweigen und Bin Laden still und heimlich verknacken können. Aber wozu? Ihn einzusperren, anzuklagen, zu verurteilen und hinzurichten ohne dass jemand Kenntnis erlangt ist ein verschwindend kleiner Erfolg. Das Al Kaida-Netzwerk ist kein straff geführter Verein mit Weisungsrecht von oben nach unten, es ist ein Konglomerat von verschiedensten Terrorgruppierungen, manchmal auch nur von Verbrechern, die sich gerne etwas wichtiger machen möchten. Bin Laden war dementsprechend weniger ein CEO als vielmehr ein Ehrenpräsident des internationalen Islamistenterrors. Es ist wahrscheinlich, dass er die Kaida nur noch in sehr begrenztem Maße steuern konnte. Seine Ausschaltung bringt den USA vom materiellen Standpunkt her also nur sehr wenig. Bei dieser Aktion ging es von vornherein ums Prestige und vor allem um Rache.
Die Botschaft der Amerikaner seit dem 11. September war dahingehend klar: Niemand tötet ungestraft 2.600 Amerikaner. Niemand. Darin fanden die USA auch willige verbündete in aller Welt. Wer sieht schon gerne zu, wenn seine Staatsbürger - und Wähler - wie die Fliegen sterben.
„Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, bin Ladin zu töten.“ Angela Merkel
Dass der pakistanische Geheimdienst ISI - oder das Amalgam von korrupten Exoffizieren, die ihn umgibt - Osama Bin Laden verstecken oder zumindest decken könnte, war lange vermutet worden. Von diesem Standpunkt aus gesehen war es daher auch verständlich, dass die USA ihre pakistanischen „Partner“ nicht von dem Zugriff in Kenntnis setzten, auch wenn diese im Nachhinein bemüht waren die Aktion als „gemeinsames Vorgehen“ darzustellen. Es gibt sicherlich Angenehmeres, als mit den Pakistanern verbündet zu sein, aber dass die USA unmittelbar, ohne Ankündigung und ohne Abstimmung auf dem Territorium eines fremden Staates Menschen liquidieren hat eine völkerrechtskritische Komponente, die nicht zu verleugnen ist. Nun gut, im Prinzip machen die Amerikaner das schon seit Jahren, indem sie mit Dronenangriffen nicht näher definierte Stellungen im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet angreifen und damit auch immer wieder unschuldige Zivilisten töten. Aber nun ist dieser Widerspruch zum Prinzip der nationalen Souveränität wieder einmal deutlich zu Tage getreten. Man stelle sich vor, ein US-Killerkommando wäre von Ramstein kommend nach Oberösterreich eingeflogen und hätte dort, ohne Wissen der österreichischen Behörden, eine Liquidation vorgenommen. Keine schöne Sache. Aber was, wenn der Liquidierte Hitler geheißen hätte? Ein klassisches Recht-Moral Spannungsfeld. Eine Rechtsordnung ist aber nur dann glaubwürdig, wenn ihre Regeln für alle Gelten, auch für Mörder, Sexualverbrecher und Terroristen. Osama Bin Laden hätte nach Möglichkeit festgenommen werden müssen, auch wenn dies unangenehme politische Folgen gehabt hätte. Es geht dabei weniger um sein Recht auf ein faires Verfahren, als um das Recht aller, dass Menschen ausschließlich unter fairen Bedingungen der Prozess gemacht wird. Es wäre auch ein Recht der Hinterbliebenen gewesen zu erfahren unter welchen perversen Motiven jenes Mordkomplott geplant wurde, dem so viele unschuldige Menschen an jenem Septembertag vor zehn Jahren zum Opfer vielen.

Aber darf man sich über den Tod eines Menschen freuen? Freude ist ja an sich keine Entscheidung die man trifft, es ist ein Gefühl, das eintritt oder nicht und auch wenn man es noch so unterdrückt, am Ende hat man sich ja doch gefreut. Man kann den Freunden und Verwandten der vielen Opfer von Al Kaida wohl kaum das Recht auf ein Gefühl absprechen, dessen Vorhandensein nicht kontrollierbar ist. Aber darf ein Staatschef sagen „Wir sind froh, dass er tot ist.“? Wäre „erleichtert “ nicht ein besseres Wort? Verstehen Sie mich nicht falsch, mir geht es nicht um diesen schmutzigen kleinen Turbanträger mit dem schmalen Gesicht, es geht mir um die Wertigkeit des menschlichen  Lebens an sich. Es hat weniger etwas Unanständiges sich zu freuen, als dieser Freude Ausdruck zu verleihen. Passender als Merkel meinte eine andere CDU-Politikerin :
„Man kann sich darüber freuen, dass Usama bin Ladin nicht mehr als Anführer der Terroristen tätig sein kann. Aber über seinen Tod kann man sich nicht freuen.“ Katrin Göring-Eckart
Nun, es lässt sich nicht mehr ändern. Osama Bin Laden ist tot. Und wenn ich mich zwischen frei und lebendig oder tot entscheiden hätte müssen, hätte ich auch letzteres gewählt. Wir kennen die Umstände seines Ablebens letztlich nicht mit Sicherheit. Vielleicht war es Notwehr während eines Festnahmeversuches, vielleicht auch eine geplante Hinrichtung. Wie auch immer, es wird der Aktion immer ein schaler Beigeschmack anhängen. Die Hoffnung die uns bleibt ist, dass durch den Tod des Terroristen nicht noch mehr Menschen des Terrors wegen sterben.


© Wulffmorgenthaler

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