Sonntag, 28. Februar 2010

Die Technik und ich, oder: Wie ein Stein das Schwimmen lernt.

Als vergleichsweise junger Mensch bin ich es gewohnt mit Demenzkranken und Osteoporosepatienten in ein Eck geschoben zu werden, denn trotz meiner verhältnismäßig frischen Erscheinung bin ich ein Technikdinosaurier. Das Hohngelächter meiner Mitschüler, als ich versuchte eine E-Mailadresse in das Internetsuchfenster - Heißt das überhaupt so? - einzugeben wird mir noch lange in den Ohren klingen. Immerhin gehöre ich aber zu einer Netzgeneration die noch mit Netscape Navigator 3 gesurft hat.

Als ich zum studieren nach Wien kam und das erste Mal ohne Unterstützung und mit einem eigenen Computer auf das Internet traf, hatte ich nicht wirklich eine Ahnung von Antivirus Software. Soll heißen, ich hatte auf meinem Laptop die Gratissoftware von Norton installiert und natürlich verlangte die nach absehbarer Zeit Bezahlung für ein Update und fing mich an mit Pop-up-Fenstern zu nerven. Also wurde sie kurzum deinstalliert. Als mein Computer dann nach Wochen immer langsamer wurde und mein Bruder mich fragte wann ich das letzte Mal meine Antiviren-Software upgedatet hätte, war er entsetzt ob der Antwort. Freundlicherweise installierte er mir Avira - dem ich mangels Alternative bis heute treu geblieben bin - und saugte mir einige hundert Trojaner, Würmer und anderes Ungeziefer von der Festplatte.

Eine Eigenschaft von mir ist, dass ich es mit der Organisation meines Computers immer ganz genau nehme. Mein Desktop ist nie überfüllt, alles hat einen Ordner, seinen Unterordner und seinen Unterunterordner. Da ich also zwar relativ Kompetenzfrei aber dafür ein Ordnungsfanatiker bin, fiel mir auf, dass mein tolles neues Antivirus-Programm zwar mit der Zeit kaum noch Treffer erzielte, aber dafür immer zwei Warnungen abgab. Da mir das nicht geheuer war entschied ich mich - von niemandem außer mir selbst beraten - die beiden fraglichen Programmpunkte kurzerhand zu deinstallieren. Warnungen des Computers bestätigten mich in der Ansicht, dass es sich dabei um zwei ganz besonders ausgefuchste Viren handeln musste. Dummerweise ließ sich infolge mein Laptop nicht mehr hochfahren. Wäre da nicht einer von den fünf Markusen in meinem ersten Studentenheim gewesen, der schon eine Glatze hatte, sich aber als Informatikstudent dafür hervorragend mit Computern auskannte, das Ding wäre wohl nie wieder angesprungen. Ich hatte nämlich just jenen Teil des Betriebssystems deinstalliert, der für das Hochfahren des Laptops zuständig war. Seitdem ist meine Toleranz gegenüber bloßen Warnungen merklich gestiegen.

Natürlich war und bin ich mit meiner technischen Naivität auch ein leichtes Opfer für die Häme und Schadenfreude meines Bekanntenkreises, allen voran mein Lieblingsexmitbewohner Wolfi, der mich aufforderte doch einmal diese oder jene Tastenkombination zu drücken, woraufhin dann mein Bildschirm schwarz wurde oder sich sämtliche Tabs schlossen. Man merkt vielleicht, dass ich trotz meiner Boshaftigkeit leidergottes auch abseits des technischen Bereiches etwas naiv bin. Ein äußerst unangenehmer Wesenszug. Das ganze paart sich bei mir noch mit einer ordentlichen Portion Tollpatschigkeit, die es mir etwa ermöglicht hat mit einer Bewegung meinen Laptop und meine externe Festplatte gleichzeitig zu vernichten. Das Eine hatte gedroht herunterzufallen, ich wollte es auffangen und schmiss das Andere gleich hinterher. Trotz Platinenriss - was immer das auch sein mag - konnte man zumindest noch die Daten retten.

Der bislang letzte große Fauxpas meiner Informatikkarriere geschah bei meiner Anmeldung auf facebook wo ich unbedarft das Angebot wahrnahm doch weitere Freunde mittels ihrer E-Mailadressen zu suchen. Das Programm verständigte mich aber nicht - wie von mir erwartet - über deren eventuelle Anwesenheit auf dieser Plattform, sondern schickte an ALLE ein Aufforderungsmail, facebook beizutreten und meine Freunde zu werden. Das Ganze wäre ja noch glimpflich verlaufen, hätte es sich auf die Kontakte aus meinem Adressbuch beschränkt, aber dieses Mail wurde an jeden verschickt mit dem ich jemals E-Mailkontakt gehabt hatte, darunter Universitätsprofessoren, Lehrer, Verwandte und der Präsident des Bundesrates. Der tagelange Versuch vor Scham im Boden zu versinken klappte auch dann nicht, als mich mein ehemaliger Klassenvorstand während einer Universitätsveranstaltung in der UNO-City anrief um dankend meine Einladung abzulehnen. Seitdem lebe ich in einer relativen Hassbeziehung mit facebook, dem ich zwar nicht vertraue, das ich aber trotzdem nutze. (Was soll ein mitteilsamer Charakter wie ich sonst auch machen?)

Auch wenn manche jetzt ein mitleidiges Lächeln aufsetzten werden, so kann ich doch vermelden, dass ich mich mittlerweile von der Sonderschule in die geschützte Werkstätte der Internet- und Computernutzer hochgearbeitet habe. Zu meinem eigenen Erstaunen habe ich ohne Hilfe ein Spyware-Schutzprogramm installiert und weiß jetzt - etwas umständlich zwar aber es geht - wie man Musik von YouTube runterladen und auf MP3 formatieren kann. (Was ich - sehr verehrtes Anwaltsteam von Greenberg & Rosen - natürlich nicht mache, da ich mir der zivil- und strafrechtlichen Implikationen illegaler Datentransfers bewusst bin.)

Es ist aber auch so, dass es einem die Technik nicht immer leicht macht. Besonders kleinere Geräte erfreuen sich immer größerer Beliebtheit ob ihrer zigfachen Raffinessen. Aber wer braucht sowas? Das klingt jetzt vielleicht wie die Frage einer Oma, die keine SMS schreiben kann und der die Handytastatur zu klein ist, aber ich meine es ernst. Ich bin stolzer Besitzer eines Musikhandys (Ein NOKIA von dem ich die Nummer nicht mehr weiß, weil sowas ja nie oben steht), nachdem ich an das Vorgängermodell mit einem Multistecker zu hohe Spannung angelegt und es damit in die ewigen Jagdgründe geschickt hatte (Ja, bei mir geht wirklich alles hin). Das Bespielen mit Musik habe ich mehr oder weniger aufgegeben, nachdem mir die schreckliche Beispielmusik als nicht löschbare Systemdatei präsentiert wurde, ich keine Ahnung habe, wie ich auf den Zusatzspeicher zugreifen kann und ich mir die Peinlichkeit der gesamten Umgebung meinen Musikgeschmack präsentieren zu müssen, wenn ich versehentlich die Kopfhörer ziehe, für ein weiteres Mal ersparen möchte. Die interessanteste Einrichtung an diesem Gerät ist schließlich die, dass es zwar über einen Radioempfang verfügt, dieser aber nur mit einer Antenne möglich ist, die man in dieselbe Buchse stecken muss wie die Kopfhörer. Fazit: Radio kann nur laut gehört werden.

Gestern schließlich habe ich mich durchgerungen den Konkursabverkauf der letzten großen heimischen Elektrowarenhandelskette Cosmos zu nutzen, um einen neuen MP3-Player zu erstehen. Gemeinsam mit hunderten anderen Aasgeiern stürzte ich mich auf die Überbleibsel des Inventars und erstand ein Gerät vom Format einer Kleinen Kamera. Die einzige Alternative war rosarot, was selbst mir als eingefleischtem Stilbrecher zu geschmacklos war. Zumindest konnte mein Vater dem Verkäufer, der seit Jänner keinen Lohn mehr gesehen hatte, noch ein Lächeln auf den Mund zaubern, als er mir riet ich solle doch gleich zwei Geräte kaufen, falls meine Mutter wieder mal eines waschen wolle (So nahm das Vorgängermodell sein unrühmliches Ende). Zuhause angekommen musste ich feststellen, dass mein Abverkaufsschnäppchen - 29,99€ abzüglich 20% - eigentlich kein MP3-Player im herkömmlichen Sinne war, sondern vielmehr ein Minicomputer ohne Tastatur. Mein gutes altes Gerät konnte Musik abspielen, Radio empfangen - ohne Antenne und in guter Qualität - und Aufnahmen machen, die zu meinem Ärger nicht immer aufgenommen wurden. Mit dem neuen Teil, das über 262.000 Farben verfügt (Kann der Mensch überhaupt so viele sehen?), kann ich:
- Musik abspielen
- Videos abspielen (mein Wunsch danach, hält sich bei einem 3x4 cm Bildschirm in Grenzen)
- Bücher lesen (Zu meinen diesbezüglichen Intentionen siehe oben)
- Tonaufnahmen machen
- Radio hören
- Bilder ansehen
- und zu meiner grenzenlosen Überraschung auch Spiele spielen, was mich in meine zweite Tetris-Sucht seit Ende der 90er getrieben hat.

Zumindest war die Neuerwerbung um ein ganzes Stück billiger als ihr Vorgänger, der noch 75€ gekostet hatte. (Ja ich merke mir den genauen Preis jeder teuren Anschaffung die ich tätige.) Dafür wechselt die Menüsprache nach jedem mal Ausschalten automatisch auf Japanisch (oder sonst irgendeine Hieroglyphensprache) zurück und ich kann das Gerät nicht wie mein altes einfach anstecken, sondern muss dafür ein USB-Kabel mitführen.

Es lebe die technische Revolution!

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